Last-Minute-Knockout: Reus zerstört alle Fürther Pokalträume

20.8.2018, 23:42 Uhr
Dramatisches Finale in Fürth: Borussia Dortmund zitterte sich nach 120 Minuten zum Sieg.

© Sportfoto Zink/DaMa Dramatisches Finale in Fürth: Borussia Dortmund zitterte sich nach 120 Minuten zum Sieg.

Es lag ein Knistern fast wie zu Bundesliga-Zeiten in der Fürther Luft. Im ausverkauften Ronhof erinnerten die Fans mit einer riesigen Choreographie an den Sieg im Pokal 1990, an die goldenen Zeiten des Kleeblatts in den 1920ern und an "das grüne Leuchten", das bleibe, auch wenn die Bilder der großen Tage langsam verblassen. 

Auch die Neuauflage dieses modernen Pokal-Klassikers wurde eine Partie mit kaum zu überbietender Dramatik. Eine Halbzeit lang schafften es die Fürther mit Glück und großem Kampfgeist, das 0:0 zu halten. Durch ein Tor von Sebastian Ernst in der 77. Minute waren sie drauf und dran, den großen Favoriten aus Dortmund aus dem DFB-Pokal zu werfen.

Doch der Kampf endete wieder tragisch: Ein Tor in der Nachspielzeit von Axel Witsel sicherte dem BVB die Verlängerung, als alles nach Elfmeterschießen aussah, traf in der 121. Minute Marco Reus zum 2:1.

Man hätte angesichts der Atmosphäre im Ronhof und in der Stadt fast vergessen können, dass Fußball eher ein Nebenaspekt des Lebens ist. Ein Blick auf die Bank der Fürther erinnerte aber doch daran: Dort saßen mit Petr Ruman und Oliver Barth, zwei Männer, die beim Kleeblatt bislang nicht im Rampenlicht standen. Der Mann, dem sie normalerweise zuarbeiten, konnte beim großen Spiel nicht dabei sein: Wegen eines Todesfalls in der Familie fehlte Kleeblatt-Trainer Damir Buric. 

Am vergangenen Freitag hatte der Kroate in der Abschlusspressekonferenz noch Leidenschaft und Aggressivität von seiner Mannschaft gefordert. Die tat gegen den BVB alles, um die Wünsche des Trainers umzusetzen. Trotzdem schafften es die Dortmunder mit schnellen, sicheren Kombinationen vor allem über die Außen immer wieder für höchste Gefahr im Fürther Strafraum zu sorgen. Teilweise, wie in der 8. und in der 23. Minute, herrschte dort Tohuwabohu.

Dann half dem Kleeblatt das Glück, die Abschlussschwäche von Mahmoud Dahoud und Marco Reus – und die Reaktionsschnelligkeit von Torwart Sascha Burchert. Wann immer der Berliner seine Hände um den Ball legte, brandete im Ronhof tosender Applaus auf.

Deutlich variabler

Mit robusten Zweikämpfen im Mittelfeld, Grätschen in höchster Not und teilweise auch taktischen Fouls schafften es die Fürther aber, dass es dem BVB nie komplett gelang, das Kleeblatt unter Kontrolle zu bringen. In der Innenverteidigung hatte das Trainerteam überraschend den nach wie vor nicht fitten Kapitän Marco Caligiuri durch den 18 Jahre alte Maximilian Bauer ersetzt. Statt sich einschüchtern zu lassen, versuchte die Spielvereinigung immer wieder mutig nach vorne zu spielen, auch wenn die Bemühungen meist an der Dortmunder Strafraumgrenze ein Ende fanden. 

Doch Fürth ist deutlich variabler geworden als noch in der vergangenen Saison. Der Plan B sah so aus wie zuletzt im Ligaspiel gegen Ingolstadt: Zur Pause brachten Barth und Ruman Neuzugang Tobias Mohr für Nik Omladic – und wieder ging das Vorhaben auf. Der Neuzugang machte das Fürther Offensivspiel deutlich frischer.

Und defensiv stabilisierte sich das Kleeblatt, auch weil der wieder ins Zentrum gerückte Sebastian Ernst dort erneut ein überragendes Spiel machte. Und diese Leistung krönte: In der 77. Minute traf er zum 1:0. Stürmer Daniel Keita-Ruel hatte den Treffer von der rechten Seite aus der Luft vorbereitet, Mohr die Flanke auf ihn geschlagen (77.). 

Bitteres Déja-vu

Was dann kam, war fast ein bitteres Déja-vu zu 2012: Stolze fünf Minuten ließ Schiedsrichter Manuel Gräfe nachspielen, vier davon hatte das Kleeblatt nach einer umkämpften Schlussphase überstanden. Dortmund stand vor dem Aus.

Quasi mit dem Schlusspfiff, stand der eingewechselte Dortmunder 20-Millionen-Neuzugang Axel Witsel im Nachgang einer Ecke plötzlich frei vor Burchert und brachte den Ronhof zum ersten Mal an diesem Abend mit dem Ausgleichstreffer zum 1:1 kurz zum Verstummen. Dann brach angesichts der sehr ausgedehnten Länge der Nachspielzeit ein gellendes Pfeifkonzert los. Die Fürther hatten nun Wut im Bauch, beide Teams aber nur noch wenig Luft. Das Spiel verlor in der Verlängerung an Tempo.

Doch dem Sieg näher war Fürth: Gugganig schoss scharf aus der Drehung, BVB-Torwart Roman Bürki parierte glänzend (103.). Fabian Reese hatte den Siegtreffer nach einem Konter auf dem Fuß, zog aus spitzem Winkel aber zu unplatziert ab (114.). Was den Fürthern nicht gelang, besorgte der BVB mit seiner ersten großen Chance der Verlängerung: Marco Reus traf in der ersten Minute der Nachspielzeit zum 2:1.

Auch wenn der Ausgang tragisch für das Kleeblatt war: In dieser großen Pokalnacht leuchtete Fürth wieder wie in alten Zeiten.


SpVgg Greuther Fürth: Burchert - Hilbert, Maloca, Bauer (90. Magyar), Wittek - Gugganig, Omladic (46. Mohr) - S. Ernst, Green (97. Abouchabaka), Atanga (70. Reese) - Keita-Ruel

Borussia Dortmund: Bürki - Piszczek, Diallo, Akanji, Schmelzer - Delaney (74. Witsel), Dahoud - Götze (64. Philipp) - Pulisic (80. Sancho), Wolf (97. Guerreiro) - Reus 

Tore: 1:0 Ernst (77.), 1:1 Witsel (90.+5), 1:2 Reus (120.)
Gelbe Karten: Ernst (38.), Abouchabaka (111.) I Akanji (115.) I Zuschauer: 15.500 I Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)

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