Lauf-Familie Köberlein: Quer durchs Land für den Sport

16.3.2021, 06:02 Uhr
Am Ziel: Philip (li.) und Andreas Köberlein nach dem erfolgreich absolvierten Köhlbrand-Brückenlauf in Hamburg.   

© her-koeberlein-20210314-175641_app11_00.jpg, NN Am Ziel: Philip (li.) und Andreas Köberlein nach dem erfolgreich absolvierten Köhlbrand-Brückenlauf in Hamburg.  

Wenn Philip Köberlein beim Fußball geblieben wäre, hätte er wohl manches verpasst. Nachts auf dem Rollfeld des Linzer Flughafens laufen zu gehen. Oder von der Köhlbrandbrücke den Hamburger Hafen zu sehen, wie die großen Containerschiffe beladen werden, bevor sie in Richtung Elbe schippern.

Aber Philip Köberlein aus Bösenbechhofen ist nicht beim Fußball geblieben, auch nicht beim Eishockey oder Basketball, obwohl er das alles ausprobiert hat. "Teamsport war noch nie meins", sagt der 14-Jährige. "Wenn einer schlecht spielt, verliert die ganze Mannschaft."

Köberlein aber wollte selbst dafür verantwortlich sein, ob er gut oder schlecht ist in seinem Sport. "Und ich habe gute, lange Beine. Da war Laufsport das Beste." Über ein Probetraining an der Schule kommt er zum LSC Höchstadt, 2016 wechselt er von dort in die Laufabteilung der Herzogenauracher Turnerschaft.

Als Zehnjähriger unter lauter Erwachsenen

2017, beim ersten Herzorun, ist er dort der jüngste Teilnehmer der TSH. Beim Hobbylauf über fünf Kilometer wird er als Zehnjähriger in 22:17 Minuten Siebter – unter 31 Erwachsenen. Seitdem war er von Hamburg bis Linz quer durch die Republik und darüber hinaus fürs Laufen unterwegs. Und der Vitrinenschrank mit Pokalen und Medaillen zuhause in Bösenbechhofen ist nach rund 150 Wettkämpfen mittlerweile voll.

Allein ist er aber nie unterwegs. Andreas Köberlein ist 46 Jahre alt und Philips Vater. Mit Sport hatte er eigentlich nie etwas am Hut. Früher hat auch er einmal Fußball gespielt. Aber als er seine Lehre begann, hörte er damit auf, obwohl der Arbeitgeber nichts dagegen hatte. "Aber ich habe mir gesagt, wenn Du Dich verletzt, lernst Du ein halbes Jahr länger. Und das kostet unwahrscheinlich viel Geld", sagt Köberlein.

Sport vor der Nachtschicht

Der Vater arbeitet momentan als Verteiler von Backwaren in der Nachtschicht. Wenn andere Menschen schlafen, muss er unterwegs sein. Für Sport blieb ihm da lange gar keine Zeit.

Aber Köberlein wollte seinem Sohn immer ein gutes Training ermöglichen. Und so fuhr er ihn unter der Woche die halbe Stunde von Bösenbechhofen nach Herzogenaurach. "Und was macht man in den zwei Stunden beim Training? Rumstehen?", fragt er. Einkaufen gehen konnte er in Herzogenaurach jedenfalls nicht dauernd. "So viel brauchen wir nicht", sagt Köberlein mit einem Lachen. Irgendwann meinte ein Trainer der TSH zu ihm: "Lauf doch mit."

Inzwischen Lauftreff-Leiter

Und Andreas Köberlein lief mit. Bald darauf absolvierte er seinen ersten Halbmarathon, er ist mittlerweile Lauftreff-Leiter und trainiert den Nachwuchs. Wo andere nach Feierabend laufen gehen, geht er eben abends vor der Arbeit. "Danach gehe ich kurz heim, dusche, esse, und dann auf Arbeit", sagt Köberlein.

Wenn er mit seinem Sohn unterwegs ist, nimmt er sich meistens einen Tag frei. Denn die beiden gehen dann nicht nur laufen. Sie machen ein Wochenende lang Kurzurlaub. Freitag nach der Schule geht es los, Sonntag wieder zurück. Oft ist auch Mutter Tanja dabei, die allerdings keinen Laufsport betreibt. "Es ist schön, etwas Neues zu erleben, woanders zu laufen, wo man die Konkurrenz nicht kennt", sagt Andreas Köberlein. "In der Umgebung sind es ja meistens die gleichen Leute. Woanders weiß man nicht, wie schnell oder langsam er ist."

Mit Abstand Sieger

Meistens ist Philip Köberlein ziemlich schnell, in Hamburg beim Köhlbrandbrückenlauf wurde er in seiner Altersklasse mit zwei Minuten Abstand Sieger. Für die zwölf Kilometer brauchte er 59:11 Minuten.

"Ich will immer besser werden und schnellere Zeiten laufen", sagt der 14-Jährige, doch auch ihm geht es um mehr als Laufen. "Die Aussicht, wenn man oben auf der Brücke ist, ist gigantisch. Man sieht über halb Hamburg", sagt er. Den Sieg dort zählt er selbst zu seinen größten Erfolgen bisher, neben dem ersten Gewinn im Einzel beim Höchstadter Schülertriathlon.

Ähnlich beeindruckend wie der Lauf über die Köhlbrandbrücke war nur noch der Nachtlauf über den Linzer Flughafen. "Da sind 2600 Leute auf dem Rollfeld, 18 000 Lichter an, in den Ecken steht die Feuerwehr mit ihren großen Fahrzeugen. Das muss man gesehen haben, ein Riesen-Erlebnis", sagt Andreas Köberlein.

Momentan fehlt den beiden durch die Corona-Beschränkungen nicht nur das Verreisen. Auch das Laufen in der Gruppe und das Ausgleichstraining im Schwimmbad oder im Kraftraum vermissen sie. Und die Wettbewerbe. "Das wird den Vereinen noch verdammt weh tun", sagt Andreas Köberlein. Noch sei unter den Umständen nicht einmal klar, ob sie noch lange weitermachen wollen.

Der Traum: Vater und Sohn in New York

Aber die Köberleins haben noch einen Traum. Einen Lauf, der Hamburg und Linz bei weitem übertrifft. "Unser Ziel ist, einmal gemeinsam einen Marathon zu laufen", sagt Andreas Köberlein.

Der in Boston zum Beispiel, oder noch lieber: der in New York. Um die 50 000 Sportlerinnen und Sportler laufen dort normalerweise jedes Jahr quer durch fünf Stadtteile. Und mittendrin wären Vater und Sohn aus Bösenbechhofen.

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