Match-Statistik: Club-Abwehr macht Pinola sprachlos

17.9.2016, 15:30 Uhr
Match-Statistik: Club-Abwehr macht Pinola sprachlos

© Sportfoto Zink

Um 20.19 Uhr schaltete sich vom anderen Ende der Welt einer ein, der genau weiß, wie sich Leiden beim 1. FC Nürnberg anfühlt. "Ohne Worte", schrieb aus Argentinien Javier Pinola in Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen auf Twitter. Im Bochumer Ruhrstadion lief zu diesem Zeitpunkt die letzte Spielminute, die Niederlage seines Herzensvereins war besiegelt, da wenige Sekunden zuvor VfL-Joker Nils Quaschner das 5:3 für die Hausherren erzielt hatte.

Als ehemaliger Linksverteidiger des FCN tat es Pinola vermutlich besonders weh, wie sich die Abwehr präsentierte. Insgesamt 15 Tore ließen sein direkter Nachfolger Laszlo Sepsi und dessen Kollegen in fünf Ligaspielen bisher zu, das sind durchschnittlich glatte drei Gegentreffer pro Partie. Dass der Club dennoch Moral bewies und in der Nachspielzeit in Person von Shawn Parker sogar noch einmal auf 4:5 herankam, änderte schließlich nichts mehr daran, dass der Verein für eine Nacht auf den letzten Platz der Zweitligatabelle abrutschte.

"Wenn es nicht läuft, läuft es eben nicht", konstatierte Trainer Alois Schwartz nach Spielende. Er hatte im Vorfeld die Wichtigkeit der Partie unterstrichen und bekräftigt, den "Bock umstoßen" zu wollen. Aber das frühe 0:1 durch Kevin Stöger, laut Schwartz "eigentlich leicht zu verteidigen", und ein Elfmeter, der seiner Ansicht nach eine "Fehlentscheidung" war, hätten es "dann natürlich richtig schwer" gemacht. So stand es nach nur sieben Minuten 0:2 - und die Mannschaft abermals mit dem Rücken zur Wand. 

Schlechte Zweikampfwerte

Dabei war der von Nürnbergs Ex-Coach Gertjan Verbeek trainierte VfL Bochum keineswegs haushoch überlegen. Der konsequente verbeeksche Angriffsfußball ermöglichte dem Club jede Menge Räume, die er auch zu nutzen wusste. Edgar Salli trug sich so bis zur Pause gleich zweimal in die Torschützenliste ein (18. und 45. +3, Foulelfmeter); und Dave Bulthuis stellte den zwischenzeitlichen 2:3-Anschluss her (34.), nachdem Ex-Clubspieler Peniel Mlapa für die Bochumer auf 3:1 erhöht hatte (27.).

Gerade Sallis 3:3 unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff sei zu einem "psychologisch wichtigen Zeitpunkt" gekommen, analysierte Schwartz. Für die über 1000 Nürnberger Anhänger, die noch von Hunderten Schalker Freunden unterstützt wurden, blieben allerdings nur zehn hoffnungsvolle Minuten im zweiten Durchgang. Dann mussten sie mit ansehen, wie es erneut der in Nürnberg einst glücklose Mlapa war, der einen vom Pfosten zurückprallenden Ball zum 4:3 für den VfL verwertete (55.).

Trotz guter Ansätze spricht die Match-Statistik gegen den 1. FCN. Einzig bei der Fehlpassquote lagen die Schwartz-Schützlinge mit 35 zu 28 Prozent deutlich vorne. Dass Bochum aus dem Spiel heraus allein sieben Flanken von rechts an den Mann bringen konnte, ist ein verheerendes Zeugnis für Linksverteidiger Sepsi, der an jedem Gegentreffer beteiligt war. Und dass Kampfgeist alleine nicht reicht, um Zweikämpfe zu gewinnen, zeigt die Statistik: Die Rot-Schwarzen verloren 55 Prozent aller direkten Duelle. 

Kritik an Schwartz

Bei den Fans wächst indes der Unmut, in den sozialen Medien fordern nicht wenige den Rauswurf des Trainers. Aber auch die Mannschaft steht in der Kritik. "Wir wollen euch kämpfen sehen", hatten die Ultras auf ihrem Blog YaBasta vor der Partie an sie appelliert. Zudem verlangten sie ein "besseres Miteinander von Mannschaft und Kurve" und prangerten als "höchst bedenklich" an, wie sich das Team nach der Heimpleite gegen 1860 München ihnen gegenüber verhalten hatte.

Trainer Alois Schwartz attestierten die Ultras "offensichtlich ein Problem hinsichtlich der richtigen Einordnung der Geldbörse des FCN". Das auch von den neuen Vorständen Andreas Bornemann und Michael Meeske bemühte Argument der finanziellen Schräglage des Vereins ließen sie als Rechtfertigung für den bisherigen Fehlstart nicht gelten. "Sparen wir uns doch bitte dieses Gejammer – Etat und Kader rangieren im Ligavergleich deutlich im oberen Drittel", heißt es in dem Beitrag auf YaBasta

Als einen Grund für die Misere machten die Ultras vielmehr die Einstellung der Profis aus, die in Bochum nach Spielende mit hängenden Köpfen zum Gästeblock schritten und sich für die Unterstützung bedankten. Etwa zur gleichen Zeit, um exakt 20.29 Uhr, fand am anderen Ende der Welt auch Javier Pinola seine Worte wieder und richtete erneut via Twitter eine Botschaft an den 1. FCN. "Kopf hoch. Nie aufgeben @1_fc_nuernberg", twitterte der Argentinier. "Vielen Dank, Pino! Wir lassen uns nicht unterkriegen", antwortete der Club prompt.

Zeit zum Lamentieren bleibt ohnehin kaum, denn am Dienstag kommt die SpVgg Greuther Fürth zum Frankenderby. Sollte die Elf von Alois Schwartz dann nicht der von den Ultras so bezeichneten "Minimalforderung" nach mehr Kampf und einer anderen Einstellung gerecht werden, stehen unruhige Zeiten bevor. Und um das zu wissen, muss man nicht Pinola heißen. 

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