Michael Oenning: Selbst der Aufstieg machte ihn nicht zum Helden

22.12.2009, 00:00 Uhr
Michael Oenning: Selbst der Aufstieg machte ihn nicht zum Helden

© Zink

Dabei ist der smarte Westfale wirklich ein netter Kerl. Ein absolut umgänglicher, unaufgeregter, kommunikativer Typ mit guten Manieren. Sicher kein Lautsprecher, eher ein Mann der leisen Töne. Freundlich und anständig. Zu anständig für diesen Job – wahrscheinlich. Zu brav für das Haifischbecken namens Bundesliga – vielleicht. Und anders als die meisten seiner Kollegen – das mit Sicherheit.

Michael Oenning gilt als Feingeist, der gerne ein gutes Buch liest, großes Kino liebt, klassische Musik hört und sich auch selbst mit Leidenschaft ans Klavier setzt. «Ich wehre mich nicht dagegen, wenn die Leute mich für intellektuell halten«, gibt der einstige Studenten-Nationalspieler zu. Sein Fachwissen und seine Eloquenz hat er schon lange vor seiner Zeit als Profi-Trainer unter Beweis gestellt, als er für Premiere Spiele analysierte und dafür nach der WM 2002 zusammen mit Marcel Reif mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.

So lange es gut lief beim Club, sind diese Begabungen im Umfeld bisweilen mit Bewunderung zur Kenntnis genommen worden, auch wenn natürlich nicht jeder Fan Oennings Faible für Chopin teilte. Mit jeder Niederlage schwand die Akzeptanz. Er solle sich gefälligst mehr um seine Mannschaft kümmern anstatt fürs Fernsehen quer durch Europa zu reisen, hieß es dann plötzlich. Oder seinen Kickern lieber mal in den Allerwertesten treten, anstatt sich im Stile eines Friedensnobelpreisträgers vor sie zu stellen.

Vom 1.FCN hatte er im Übrigen nicht nur den offiziellen Segen für seine TV-Nebentätigkeit bekommen. Manager Martin Bader fand es sogar ausgesprochen positiv, «dass er sich auf diese Art und Weise weiterbildet. Außerdem sind alle Trainer ständig unterwegs und beobachten Spiele«. Und dass er bis zuletzt authentisch blieb, verwunderte in der Führungsetage auch niemanden. Sie wussten, dass es Oenning für sein Seelenheil nicht nötig hat, Bundesliga-Trainer zu sein.

Trennung in


aller Freundschaft

Angenommen hat er diese Herausforderung freilich schon sehr gerne. Nach der Demission von Thomas von Heesen beförderte man ihn vom Co- zum Cheftrainer. Was sehr holprig begann, endete mit dem nicht mehr für möglich gehaltenen Wiederaufstieg. «Wir müssen uns bei Michael Oenning für eine Super-Rückrunde bedanken. Er hat den Club mit harter und guter Arbeit zurück in die Bundesliga geführt«, bewertete Präsident Franz Schäfer Teil eins der OenningMission. Die Fortsetzung lief zuletzt allerdings völlig aus dem Ruder. «Der Abfall in den letzten Spielen ist unerklärlich«, konstatierte der Vereinschef ratlos.

Vier Niederlagen bei 0:12 Toren und mickrige zwölf Vorrundenpunkte pulverisierten all die Treueschwüre der letzten Wochen. Das Präsidium und der Aufsichtsrat mussten die Notbremse ziehen, das steht außer Frage. Oenning, der zweifellos Fehler gemacht hat, war mit seinem Latein am Ende. Und seine Profis ließen ihn im Stich.

Immerhin hat man sich mit Anstand getrennt. Der Vertrag, der Anfang des Jahres vorzeitig bis Juni 2011 verlängert wurde, wurde aufgelöst. «Wir waren alle der Meinung, dass wir in Freundschaft auseinandergehen wollten. Herr Oenning ist damit sofort frei, wenn er ein neues Engagement antreten will«, erläuterte der für die Finanzen zuständige Vizepräsident Ralf Woy. Über die Höhe der Abfindung wurde das branchenübliche Stillschweigen bewahrt.

Die Zeit in Nürnberg war für Oenning eine gelebte Achterbahnfahrt: Abstieg, Aufstieg, Abschied. Eine prägende Erfahrung. Auf jeden Fall hat er sich hier einen Namen gemacht.

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