Raus gegen die Rastas? Bamberg hat heute mächtig Druck

28.5.2019, 12:04 Uhr
Raus gegen die Rastas? Bamberg hat heute mächtig Druck

© Sportfoto Zink

Nein, an Hochhausfassaden kann Austin Hollins noch nicht entlangklettern, auch einen Lastwagen stemmt er nicht alleine. Josh Young hat keinen Röntgenblick und kann auch nur so hoch fliegen, wie ein Basketballkorb hängt. Und wäre Seth Hinrichs tatsächlich so stark wie die Comicfigur Hulk, dann dürfte ihn sein Handbruch natürlich nicht zum Zuschauen zwingen.

Am Samstagabend hatten die Fans von Vechta Plakate mit in den Rasta Dome gebracht, für jeden ihrer Spieler eines. Hollins bekam den Beinamen Spiderman verpasst, Young war als Superman illustriert. In Vechta haben die Spieler längst Superhelden-Status, der 87:78 (23:13, 25:26, 25:18, 14:21)-Erfolg dürfte diesen Eindruck weiter gefestigt haben. Dank der nächsten Energieleistung ist das Überraschungsteam der Saison nur noch einen Sieg vom Einzug ins Playoff-Halbfinale entfernt. Brose Bamberg kämpft am Dienstag (20.30 Uhr) in eigener Halle bereits dagegen an, den Sommerurlaub antreten zu müssen.

Vechta, das ohne seine Big Men in diese Viertelfinalserie gestartet ist, verlor am Mittwoch in Bamberg auch noch den immerhin zwei Meter großen Robin Christen. Beim Kampf um den Ball stürzte er aus großer Höhe aufs Parkett und verletzte sich so schwer an der Hand, dass er für den Rest der Saison ausfällt. Aus den sieben verbliebenen Superhelden waren sechs geworden und als am Donnerstagmorgen auch noch Philipp Herkenhoff mit Verdacht auf Gehirnerschütterung untersucht wurde, da dürfte sogar der stets so positive Pedro Calles daran gezweifelt haben, ob seiner Mannschaft noch eine weitere Überraschung gelingt.

Bilanz? Ausgeglichen

Am Samstag meldete sich dann nicht nur Center Herkenhoff rechtzeitig zum Dienst, auch der zuletzt erkrankte Michael Kessens durfte sich wieder ein Trikot überstreifen. Bamberg musste lediglich auf Louis Olinde verzichten, ihn plagten Rückenprobleme.

An der Ausrichtung beider Mannschaften änderte all das natürlich nichts. Viermal waren sie sich in der Punkterunde und den Playoffs nun insgesamt gegenübergestanden, zweimal konnte Vechta gewinnen, zweimal Bamberg – allerdings immer erst nach Verlängerung. "Es gibt keine Geheimnisse mehr", folgerte Bambergs Trainer Federico Perego vor dem fünften Aufeinandertreffen daraus – seine Spieler wirkten dennoch ein weiteres Mal überrumpelt von der aggressiven Verteidigung der Niedersachsen. Unter Calles ist Rasta einigermaßen berühmt dafür geworden, dass immer wieder zwei Spieler auf den ballführenden Mann gehen, bis nach Bamberg scheint sich das noch immer nicht herumgesprochen zu haben; zumindest hatten Peregos sehr erfahrene Spieler auch diesmal keine echte Lösung. Stattdessen wirkten sie wie Kevin Kline, der in der Komödie "Ein Fisch namens Wanda" den etwas begriffsstutzigen Otto gibt. "Wie war das im Mittelteil?" fragt Otto da immer, wenn er mal wieder etwas sehr Offensichtliches nicht verstanden hat.

Superhelden und ein Plüschlöwe

Keine fünf Minuten waren am Samstag gespielt, da musste Perego beim Stand von 4:11 die erste Auszeit nehmen. Wirklich besser spielte Bamberg aber erst ab dem zweiten Viertel und das auch nur phasenweise. Auch Ende Mai ist der aktuelle Jahrgang immer noch sehr berechenbar. Die meisten Aktionen werden von Tyrese Rice (15 Punkte, 9 Assists) initiiert oder auch abgeschlossen, außer Elias Harris (16) und Augustine Rubit (13) fehlt es den Kollegen an Konstanz.

Bei Vechta das genaue Gegenteil: Wieder schmiss sich Max Dileo unzählige Male in den Passweg, wieder durfte Hollins relativ unbehelligt jenseits der Dreipunktelinie abdrücken (21 Punkte, 5/6 Dreier), wieder führte Thomas Jospeh Bray klug Regie (13 Punkte, 13 Assists) und wieder beeindruckte Young (15 Punkte) mit seinem Scoringtalent, das er bereits in zwei Spielzeiten in Nürnberg vorgeführt hat.

"Jedes Spiel so spielen als wäre es unser letztes"

35 Minuten nach der ersten Auszeit sah man deshalb einen Plüschlöwen mit Rastafari-Mütze durch die Halle tanzen, man sah ein Meer von glücklichen, in Orange gekleideten Menschen, wenig später sagte Pedro Calles: "Wir müssen halt jedes Spiel so spielen als wäre es unser letztes."

Gelingt ihnen das am Dienstag oder am Donnerstag in einem möglichen fünften Spiel noch einmal, dürfen sie sich auf eine Halbfinalserie gegen Titelverteidiger Bayern München freuen. Die Fans sollten also besser schon mal kreativ werden und sich für den Fall der Fälle etwas überlegen. Superhelden sind die Spieler in Vechta ja schon.

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