Nachspiel zu Pinolas Spuck-Attacke

15.11.2010, 22:46 Uhr
Nachspiel zu Pinolas Spuck-Attacke

© dapd

Das Derby zwischen dem FC Bayern München und dem 1. FC Nürnberg hat für Club-Akteur Javier Pinola möglicherweise ein Nachspiel: Bayerns Mittelfeld-Motor Bastian Schweinsteiger beschuldigte den Argentinier gestern im TV massiv, ihn angespuckt zu haben. Der Ausgangspunkt für die unsportliche Aktion des "Gauchos", dem Nürnbergs Ex-Trainer Hans Meyer einst bereits einen zu überzogenen Gerechtigkeitssinn a la "Robin Hood" mit potenziellem Hang zur Selbstjustiz attestiert hatte, war wohl ein Freistoß der Münchner in der 43. Minute in der Arena in Fröttmannig. Pinola sprintete gewohnt energisch aus der Mauer, um die Kugel abzublocken. Bei diesem Versuch wurde er von Schweinsteiger, der für Irriation in der Nürnberger Mauer sorgen wollte, behindert und abgeblockt. Der Ellbogen des Nationalspielers landete unsanft im Gesicht des argentinischen Heißsporns.

Der Club-Linksverteidiger revanchierte sich noch vor dem Gang in die Kabine mit einer vom Referee zwar unbemerkten, aber von Fernsehkameras präzise eingefangenen Spuckattacke. Auch in der Pause soll es zwischen den Kontrahenten in den Katakomben ordentlich zur Sache gegangen sein. "Die beiden haben das untereinander geklärt", hoffte zwar nach der Partie Dieter Hecking, hörte man aber den Münchnern zu, konnte man auf andere Gedanken kommen. Bayern-Nationalspieler Schweinsteiger hofft indes nämlich auf eine Bestrafung des Clubberers: "Normalerweise muss da was nachkommen."

"Für mich ist das unglaublich, dass ein Spieler auf dem Platz spuckt", gab Schweinsteiger im TV wutschnaubend zu Protokoll: "Das ist kein Fairplay, kein Respekt". Schweinsteiger hätte "ihm am liebsten eine Watsch'n gegeben, aber ich musste mich zurückhalten". Pinola selbst wollte sich zu der Situation nicht äußern. Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer sprang in der TV-Sendung "Sky 90" Schweinsteiger zur Seite: "Spucken ist die schlimmste Form der Verachtung".

Unappetitliche Unsitte

Das Anspucken von Gegenspielern ist eine mittlerweile nicht unübliche Unsitte im Fußball. Erstmals bewusst in die Aufmerksamkeit rückte dieses respektlose Verhalten, als der Niederländer Frank Rijkard im Achtelfinale der Weltmeisterschaft 1990 Rudi Völler beim Stand von 0:0 anspuckte und gleichsam wie der deutsche Angreifer mit der Roten Karte vom Feld geschickt wurde und dabei gleich nochmal seinen Speichelfluss nicht unter Kontrolle hatte und gegen Völler wendete.

 

Doch zurück zum Derby-Aufreger: Javier Pinolas Leistungsnachweis in München fiel zwiespältig aus: Der Argentinier präsentierte sich defensiv gewohnt resolut und traf in kniffligen Situationen oft die richtige Entscheidung.

Auch der mitunter gewohnt dynamische Vorwärtsdrang des energischen Außenverteidigers gefiel. Dieser äußerte sich etwa in einem beherzten Distanzschuss, welcher nur haarscharf am linken Kreuzeck des Bayern-Gehäuses vorbeirauschte.

Allerdings verhielt sich Pinola auch in einigen Szenen unkonzentriert und vor allem auch über den vermeintlichen "Stein des Anspotzens" übermotiviert. So verschuldete er etwa den zweiten Foulelfmeter der Bayern wenige Minuten vor dem Abpfiff, den der zweimalige Torschütze Gomez jedoch über den Nürnberger Querbalken jagte.  

Bader: "Pinola ist alles andere als ein unfairer Sportsmann"

Im Training zeigte sich der couragiert-ehrgeizige Pinola in der Vergangenheit mitunter selbst gegenüber eigenen Teamkollegen kompromisslos. Im Liga-Betrieb wurde er jedoch abseits seiner körperbetonten Spielweise in den letzten Jahren kaum durch unfaire Aktionen auffällig. Zumindest wurden zweifelhafte Aktionen, etwa wenn Pinola gegen Gegenspieler etwa mitunter auskeilte, nicht entsprechend geahndet. In dieser Richtung äußerte sich auch FCN-Sportvorstand Martin Bader: "Ich habe die Szene nicht mitbekommen. Aber Pinola ist alles andere als ein unfairer Sportsmann." Dieter Hecking blickte
derweil lieber schon auf die nächste Heim-Aufgabe seiner zuhause in den letzten vier Partien stets siegreichen Schützlinge gegen den 1. FC Kaiserslautern. „Meine Mannschaft ist lernwillig genug und wir werden die richtige Antwort finden.“ 

 

Publikumsliebling entschuldigt sich - DFB ermittelt

Am Tag danach war die Angelegenheit aber zumindest zwischen beiden Profis schon wieder bereinigt. Vom FCN-Vereinsgelände aus nahm der Argentinier telefonisch Kontakt zum Nationalspieler auf. „Ich schäme mich. Es tut mir wahnsinnig leid. Es hätte nicht passieren dürfen“, habe Pinola gesagt, berichtete Bayern-Mediendirektor Markus Hörwick. Nicht aber für den DFB-Kontrollausschuss: Dieser leitete am Montag Ermittlungen gegen Pinola ein – wegen des dringenden Verdachts, sich eines „krass sportwidrigen Verhaltens in der Form einer Tätlichkeit“ schuldig gemacht zu haben.