Der FC Bayern und die Bild-Zeitung

Nagelsmann liebt eine Reporterin: Na, Trainer, wie war's auf Ibiza?

5.7.2022, 09:00 Uhr
Frotzeleien könnten nun folgen: Julian Nagelsmann trainiert seit Montag wieder die Profis des FC Bayern. 

© Frank Hoermann, dpa Frotzeleien könnten nun folgen: Julian Nagelsmann trainiert seit Montag wieder die Profis des FC Bayern. 

Tuscheleien hat es bereits gegeben, Frotzeleien könnten nun folgen, wenn Trainer Julian Nagelsmann und seine Mannschaft des FC Bayern nach dem Urlaub zusammenkommen. Drei Begrüßungsrunden wird es geben. Die Spieler steigen am 4., 8. und 12. Juli ein, je nachdem, wann sie letztmals eingesetzt wurden, die meisten von ihnen in einem Nationalteam. An diesem Wochenende steht für die ersten Kicker wie Dayot Upamecano schon die Leistungsdiagnostik an.

Wenn Nagelsmann seine Fußballer in Empfang nimmt, muss er mit wissenden Blicken oder womöglich sogar Sticheleien rechnen. Jeder in seiner Belegschaft dürfte ja mitbekommen haben, dass der Trainer eine neue Freundin hat und vor allem auch, wer das ist. Nicht Nagelsmann hatte das am Donnerstag öffentlich gemacht, auch nicht die neue Freundin, sondern die Bild-Zeitung. Dort hatte Lena Wurzenberger, 30, bisher pikanterweise als FC Bayern-Reporterin gearbeitet. Deshalb kennen viele Spieler Nagelsmanns neue Liebe, was der privaten Angelegenheit eine berufliche Relevanz und Brisanz verleiht und sportliche Auswirkungen haben könnte. Auch wenn Wurzenberger „mit sofortiger Wirkung von der Berichterstattung über den FC Bayern entbunden“ wurde, wie die Bild schrieb. Anfang Juni hatte die Zeitung berichtet, dass sich Nagelsmann von seiner Ehefrau Verena nach 15 Jahren getrennt habe. Die beiden haben zusammen zwei Kinder.

Man erahnt die Reaktionen und Sprüche, die es nun beim FC Bayern geben könnte, wenn Nagelsmann nicht in der Vorstandsetage oder der Kabine dabei ist. Oder wie Nagelsmann begrüßt werden könnte nach seinem Kurztrip mit der neuen Freundin, wovon selbstverständlich die Bild-Zeitung berichtete. Und, wie war’s auf Ibiza? Nagelsmann, 34, pflegt ein eher kumpelhaftes Verhältnis zu seinen Spielern. Ob und inwieweit seine Autorität nun leidet? Nach dem Aus im Viertelfinale der Champions League gegen Villarreal und dem frühen Pokal-Aus in der vergangenen Saison steht Nagelsmann in seinem zweiten Amtsjahr jedenfalls verstärkt unter Erfolgsdruck.

Dass sich ein Trainer des FC Bayern in eine FC Bayern-Reporterin der Bild verliebt, verleiht der sowieso besonderen Beziehung zwischen dem Verein und der Zeitung eine spektakuläre Note in der Tradition des FC Hollywood. Vor allem Trainer ärgern sich ja manchmal über das Blatt, wenn sie dort Interna lesen müssen, die der Bild offensichtlich durch klubeigene Maulwürfe zugetragen wurden. Auch Nagelsmann hat sich darüber schon beklagt, ebenso berühmte Vorgänger wie Pep Guardiola. Doch abgesehen von zeitweiligen Irritationen scheint es meistens Liebe zu sein zwischen dem deutschen Branchenprimus und dem Redaktionsteam des Boulevardblatts sowie der Bild am Sonntag (BamS) und Sport Bild, zumindest aber ein gutes Geschäft auf Gegenseitigkeit. Nicht selten wurden in der Vergangenheit zum Beispiel zunächst auf Bild.de Transfers exklusiv vermeldet, ehe nur Minuten später die offizielle Pressemitteilung des FC Bayern folgte. Zuletzt bestätigte Sportvorstand Hasan Salihamidzic vorab via Bild die Verpflichtung von Mittelfeldspieler Ryan Gravenberch.

"Zwischen Luder, Lappen und Litauen"

Die Liste der Beispiele enger Verquickungen zwischen dem FC Bayern und dem Bild-Team ist jedenfalls lang, von Franz Beckenbauer über Lothar Matthäus bis hin zu Karl-Heinz Rummenigge. Auch Oliver Kahn, inzwischen Rummenigges Nachfolger als Vorstandsvorsitzender, war in seiner aktiven Zeit als Torwart des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft ein ganz wichtiger Protagonist für die Zeitung. Sie baute ihn vor und während der WM 2002 zu jenem Übermenschen auf, der als quasi Alleinverantwortlicher für den Einzug ins Finale dargestellt wurde. „Es gab eine Zeit, da hielt ich mich wirklich für King Kahn oder den Titanen“, sagte Kahn 2004. Da lag bereits die Erfahrung hinter ihm, dass man als Held einer besonderen Fallhöhe ausgesetzt ist. „Oliver Kahn zwischen Luder, Lappen und Litauen“, stand in der BamS Ende März 2003, als sein Ehebruch und Führerscheinentzug wegen zu schnellen Fahrens Bestandteil der Berichterstattung wurden.

Gerade wirkt es so, als bekomme Kahn zu spüren, was passieren kann, wenn man in seiner Position die Zusammenarbeit mit der Bild eher meidet. „Brazzo besser als Kahn“, befand die Zeitung vor einer Woche. Salihamidzic wurde in dem Kommentar unter anderem für den „Sensationstransfer“ Sadio Mané und die „Meisterleistung“ gefeiert, den Bankdrücker Marc Roca mit Gewinn nach Leeds verkauft zu haben. „Und Kahn? Schwierig. Er scheint zu fremdeln mit seiner Rolle“, hieß es weiter. Gut einen Monat zuvor hatte Ehrenpräsident Uli Hoeneß über Pfiffe gegen Salihamidzic auf der Meisterfeier unter Verweis auf kritische Berichte befunden: „Wenn man jeden Tag die Bild-Zeitung liest und andere Zeitungen, braucht man sich nicht wundern: Das ist eine Hetzjagd.“ Doch dann drehte der Wind, Salihamidzic bekam plötzlich eine auffallend gute Presse. Zuletzt hatte er dem Team von Bild und Sport Bild mehrere Interviews gegeben. In der Zeitschrift war am Mittwoch auch das erste Mané-Interview zu finden. Geführt hatte es unter anderem Nagelsmanns neue Freundin.