Neuer Trainer, neues System: Das kann Club-Gegner Würzburg

10.4.2021, 09:41 Uhr
Erleichterung in Hannover: Die Würzburger Kickers (rechts Ex-Cluberer Tobias Kraulich) bejubeln den Auswärtssieg.  

© Swen Pförtner, dpa Erleichterung in Hannover: Die Würzburger Kickers (rechts Ex-Cluberer Tobias Kraulich) bejubeln den Auswärtssieg.  

Wie war das Hinspiel?

Der Club gewann durch ein Last-Minute-Tor von Asger Sörensen mit 2:1. Der Treffer – ein Kopfball nach einer Ecke von Johannes Geis – war insofern typisch, weil der Club an diesem Nachmittag die Lufthoheit hatte. Zwei Drittel der Kopfballduelle entschied der FCN für sich und legte damit den Grundstein für den eher glücklichen Sieg. Auch Manuel Schäfflers 1:0 war durch einen Kopfball erzielt worden.

Am Boden hatte sich der Club mit der Spielgestaltung aber schwergetan. Gerade nach der Pause fehlte dem FCN das Gestaltungselement, er fand über weite Strecken überhaupt kein Mittel, um gegen die kompakt verteidigenden, aber an sich nicht immer sicher stehenden Würzburger zu klaren Chancen zu kommen. Trotz fast 60 Prozent Ballbesitz schaffte der Club nur sechs Torabschlüsse innerhalb des Würzburger Strafraums. Die Unterfranken kamen trotz weniger Ballbesitz auch auf fünf.

Was ist seitdem passiert?

Würzburg hat einmal mehr den Trainer gewechselt. Zwei Tage vor dem Spiel gegen den direkten Konkurrenten aus Sandhausen entließ der FWK Bernhard Trares, an seiner Stelle agieren nun NLZ-Chef Ralf Santelli und Sportvorstand Sebastian Schuppan als Trainer. Das Spiel in Sandhausen verloren die Unterfranken, das Nachholspiel gegen Hannover am Donnerstag gewannen sie. Santelli setzte beide Male zu Beginn auf ein 4-3-3/4-1-4-1, um dem Spiel mehr Breite zu geben, nachdem Trares zuvor einige Zeit mit einem zentral kompakten 4-4-2 mit Raute agiert hatte.

Die Probleme, die eine solche Formation mit sich bringt, zeigten sich auch in beiden Partien. Die Grundordnung führt zum einen oft dazu, dass der einzelne Stürmer – in Sandhausen Munsy, in Hannover Pieringer – in der Luft hängt, wenn die eigene Mannschaft tief steht. Genau das taten die Kickers in Hannover vor der Pause. Sie warteten viel ab, spielten eher passiv und verzichteten auf frühes Pressing.

In Sandhausen hatten sie dagegen noch etwas aktiver agiert. In beiden Fällen machte sich aber auch die fehlende Besetzung des Zehnerraums bemerkbar, die ein 4-3-3/4-1-4-1 mit sich bringt, wenn man es passiv anlegt. Zu wenige Bälle wurden aus der gefährlichen Zone vor dem gegnerischen Strafraum so gespielt, dass sie in Abschlusssituationen mündeten.

Nun sind zwei Spiele natürlich eine kleine Stichprobe. Das 4-3-3 scheint aber Santellis Ausgangformation zu sein, andererseits stellte er in beiden Spielen im Laufe der Partie um, um mehr Druck nach vorne zu machen. Gerade in Hannover zeigte das 4-4-2, inklusive offensivem Stellen der Außenverteidiger, Wirkung. Es ist also schwierig vorherzusagen, welche Marschroute Ralf Santelli gegen den FCN wählt. Einige Dinge scheinen sich geändert zu haben: Ex-Clubspieler Tobias Kraulich ist plötzlich in der Innenverteidigung gesetzt, nachdem er zuvor keine Rolle gespielt hatte. Gleiches gilt für Robert Herrmann auf dem linken Flügel.

Wie kann man sie knacken?

Schaut man sich die gesamte Saison an, ergibt sich ein Bild, das natürlich nicht unbedingt mit den Kickers übereinstimmen muss, wie sie nun unter dem vierten Übungsleiter agieren. Bisher standen sehr viele späte Gegentore (20 in der Schlussviertelstunde), viele Kontergegentore (zehn) und auch sieben Gegentore nach Standards zu Buche.

Die abwartende Art in den letzten beiden Spielen schien zumindest die Kontersituationen zu verhindern. Auch die andere große Schwäche der Würzburger Defensive, die Anfälligkeit für individuelle Fehler, machte sich in den zwei Spielen unter Santelli noch nicht bemerkbar. Aber auch hier gilt: Für ein repräsentatives Bild ist der Datensatz selbstverständlich zu klein.

Auf wen muss der Club aufpassen?

Das ist in einer Mannschaft, die so oft unterlegen ist, gar nicht so einfach auszumachen. Den meisten positiven Einfluss auf das Spiel in den letzten Wochen hatte mit Rolf Feltscher ein Außenverteidiger, der im Winter von LA Galaxy an den Main gewechselt ist. Seit seinem Wechsel ist der venezolanische Nationalspieler, der abseits des Platzes durch seinen Instagram-Swag auffällt, Stammkraft bei den Kickers. In der Defensive sticht vor allem seine Fähigkeit, Pässe zu unterbrechen und Bälle abzufangen, hervor. Hier unterbindet er immer wieder gegnerische Angriffe.


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Nach vorne besticht Feltscher derzeit mit ordentlichen Dribblings und Flanken. Nichts, was ihn in die oberste Kategorie der Rechtsverteidiger in der zweiten Liga spülen würde, aber in Sachen Ballprogression und Passpräzision sorgt der 30-Jährige dafür, dass sich das Spiel der Kickers auf der Außenbahn stabilisiert. Interimstrainer Ralf Santelli stellte Feltscher in Sandhausen und Hannover auf links, wo Feltscher bisher eigentlich nur in der Nationalmannschaft agiert hatte. Auch da machte der in der Schweiz geborene Modellathlet eine gute Figur.

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