NHTC-Athletikcoach Ludwig: "In unserem Menü ist alles drin"

27.3.2020, 15:13 Uhr
NHTC-Athletikcoach Ludwig:

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NZ: Herr Ludwig, ohne Corona-Krise wären Sie jetzt wohl am Hockeyplatz...

Klaus Ludwig: Nicht unbedingt. Meine Arbeit findet meist unter der Woche statt. Wir machen zweimal die Woche Athletik- und Sprinttraining. Besondere Konzentration legen wir auf eine stabile Rumpfmuskulatur. Die ist die Grundvoraussetzung für alle sportlichen Leistungen.

NZ: Warum ist es wichtig, dass man auch als sehr ambitionierter Hobbysportler wie die Hockeyspieler des NHTC am Ball bleibt?

Ludwig: Die sportliche Leistungsfähigkeit, die sie sich den Winter über erarbeitet haben, sollte nicht verloren gehen. Sommersportler werden im Winter gemacht – und umgekehrt. Die Spieler waren über den Winter sehr fit. Daher haben wir entschieden, dass sie im Stand-By-Betrieb allein weiter trainieren sollen, weil ja noch keiner weiß, ob die Saison nicht doch weitergeht.

NZ: Wie schnell bauen sich die Muskeln überhaupt ab?

Ludwig: Jeder, der mal im Krankenhaus war, merkt, wie schnell sich Muskeln abbauen. Der Prozess beginnt minimal und setzt bereits zwischen 24 und 48 Stunden später ein. Die Muskeln stellen sich auf den neuen Status ein. Wenn man sich aber ganz normal bewegt, Treppen hoch- und runterläuft, wird dieser Prozess verlangsamt oder findet gar nicht statt. Wenn man zwei Wochen nicht trainieren würde, würde man das der Kraft und der Kondition anmerken.

NZ: Welchen Plan haben Sie den Spielern und Spielerinnen mitgegeben, damit das nicht passiert?

Ludwig: Kraft und Athletik sind die beiden Grundfähigkeiten eines Hockeyspielers. Hinzu kommen Ausdauer und Schnelligkeit. Zu jedem dieser Faktoren bekommen sie verschiedene Programme. Zum Beispiel sollen sie joggen. Da reichen 30 bis 45 Minuten. Die Gesamtbelastung bei einem Bundesligaspiel beträgt ja 60 Minuten. Das heißt, sie brauchen auf jeden Fall nicht länger als eine Stunde laufen. Ein Dauerlauf ist extrem gut für die Ausdauer, aber extrem schlecht für Koordination und Motorik. Um diese zu üben, können sie zum Beispiel 30 Sekunden schnelles Laufen oder einen kurzen Treppenlauf in den Dauerlauf einbauen. Für die Athletik haben wir Oberkörper – und Beinübungen zusammengestellt. Eine klassische Übung sind Kniebeugen.

Unterschiede zum Profifußball

NZ: Woran orientierten Sie sich bei der Zusammenstellung?

Ludwig: Das wichtigste ist, dass der langfristige Leistungsaufbau klappt. Wir Trainer wissen, wann die Spieler in Topform sein sollen. Eine Saison dauert lange. Daher überlegt man, ob sie gleich zu Beginn der Spielzeit sehr fit sein sollen oder lieber zum Ende hin ihre Form nochmal steigern können, weil es dann um wichtige Punkte gehen könnte. Das Schöne am Hockey ist, dass es, was die Form angeht, etwas entspannter ist. Im Gegensatz zum Profifußball. Wer da nicht gleich fit ist, hat es schwer.

NZ: Gibt es Übungen in Ihrem Plan, die auf Ablehnung gestoßen sind?

Ludwig: In unserem Menü ist alles drin. Da muss jeder durch. Für viele ist der lockere, langweilige Dauerlauf von 30 bis 40 Minuten nicht schön.

NZ: Wie kontrollieren Sie, dass jeder auch tatsächlich zuverlässig Sport macht?

Ludwig: Die Spieler müssen ihr Handy oder ihren Pulsmesser mitnehmen und ihre Einheiten aufzeichnen. Danach werden die Resultate in einer WhatsApp-Gruppe dokumentiert.

NZ: So spornt man sich gegenseitig an.

Ludwig: Das ist der zweite Grund, warum wir die Gruppe eingeführt haben. So habe ich die Kontrolle und die Spieler haben das Gefühl, dass sie nicht ganz allein sind. Sie brauchen Feedback und sehen, was die anderen machen. Individualtraining ist für sie eine Strafe. Für jeden Ballsportler ist das so. Solche Sportler wollen raus und ein Spiel spielen. Bei Leichtathleten würde es anders ausschauen.

NZ: Sollte die Feldsaison fortgesetzt werden: Wie schnell kann man die Trainingsintensität anziehen, um auf das Niveau zu kommen, das in der Bundesliga gefordert ist?

Ludwig: Athletisch kann der aktuelle Zustand eine Chance sein. Denn wenn man im Laufe einer Saison eine Pause hat, kann man die grundlegenden Fähigkeiten trainieren. Das kommt manchmal zu kurz. Nach zwei Wochen werden wir dann entscheiden, wie es weitergeht. Innerhalb von drei bis vier Wochen könnte man die Spieler wieder auf ein
Top-Niveau bringen. Da das Mannschaftstraining auf dem Platz momentan wegfällt, machen unsere Spieler sowieso mehr Athletik. Erfolg würde sich daher im hockeyspezifischen Bereich entscheiden: Wie schnell gewöhnen sich die Spieler nach der Pause wieder daran, gemeinsam Sport zu treiben? Wie schnell gewöhnen sie sich wieder an den Umgang mit dem Stock und dem Ball?

NZ: Welche Übung ist für das heimische Wohnzimmer effektiv?

Ludwig: Das Gute an der digitalisierten Welt ist, dass man alles Mögliche im Internet findet. Daher: Es reichen eine Matte oder ein Teppich und man kann loslegen. Es gibt genug Übungen, die man mit dem eigenen Körpergewicht machen kann, zum Beispiel eine Plank. Wenn man Slings oder ein Seil hat, hat man unendlich viele Möglichkeiten und bräuchte sicher vier Wochen, bis man alle Varianten einmal durch hat.

NZ: Machen Sie das auch zu Hause? Und was machen Sie sonst noch, um sich auch selbst weiter fit zu halten?

Ludwig: Ja, das kriege ich noch hin. Ansonsten fahre ich Fahrrad. Erst gestern war ich mit Rad und Hund unterwegs. Es ist wichtig, in Bewegung zu bleiben.

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