Pluschenkos später Olympia-Ausstieg scharf kritisiert

14.2.2014, 18:12 Uhr
Pluschenkos später Olympia-Ausstieg scharf kritisiert

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Dieser Abschied hatte einen Beigeschmack. Am Tag nach Jewgeni Pluschenkos verletzungsbedingtem Olympia-Ausstieg hagelte es Kritik. Sein großer Rivale Alexej Jagudin und viele aktive Läufer verurteilten Pluschenkos späten Startverzicht als egoistische Selbstinszenierung. Der Doppel-Olympiasieger selbst beteuerte mit hochrotem Kopf in den Katakomben des „Eisbergs“ von Sotschi, dass er kein unfairer Sportsmann sei. „Ich habe Tabletten genommen und auf ein Wunder gehofft“, sagte der 31-Jährige mit Hinweis auf eine Rückenverletzung.

In Schutz nahm Russlands Präsident Wladimir Putin die umstrittene Eiskunstlauf-Ikone. „Er hatte wirklich große gesundheitliche Probleme, er hatte viele Operationen“, sagte der Kremlchef am Freitag beim Besuch des Amerikanischen Hauses bei den Winterspielen in Sotschi. „Er hat am Mannschaftswettbewerb teilgenommen und sein höchstes Potenzial gezeigt.“

"Seid nicht zu hart zu ihm"

Trainer und Ersatzvater Alexej Mischin hielt eine lange Rede und warb für Respekt gegenüber dem Eiskunstlauf-Idol aus St. Petersburg. „Seid nicht zu hart zu ihm, er hat 20 Jahre alles für diesen schönen Sport gegeben“, flehte der 72-Jährige. Pluschenkos bekannte Ehefrau und Antreiberin Jana Rudkowskaja weinte. „Es war sehr gefährlich. Es bestand die Gefahr, dass seine künstliche Bandscheibe herausspringt“, sagte die acht Jahre ältere Musikproduzentin.

„Warum muss man Pluschenko verstehen und vergeben?“, fragte dagegen die russische Zeitung „Wedomosti“. Viele meinten, er hätte nach dem Gold im Teamwettbewerb den einzigen Herrenstartplatz der Gastgeber für den 18-jährigen Maxim Kowtun räumen müssen. Bis Montagmorgen um 10.00 Uhr hätte der dreimalige Weltmeister aus Verletzungsgründen absagen können. Der fast absehbare Rückzug direkt vor dem Einzel-Wettbewerb schadete allen. „Ich unterstütze Sportler, die ein Ende finden können“, sagte Jagudin, Olympiasieger von 2002 und langjähriger Trainingsgefährte von Pluschenko. Der Eis-Zar, das Team und der Verband hätten ein schlechtes Gewissen, vermutete Lillehammer-Olympiasieger Alexej Urmanow.

„Nach den Spielen muss sich der Verband für seine Entscheidung rechtfertigen“, sagte der ultrarechte Abgeordnete Wladimir Schirinowsky. „Olympia ist kein Altersheim.“ Sportfans verglichen bei Twitter Pluschenko mit „Dauer-Präsident“ Putin, der „ebenfalls nicht loslassen“ könne. „Pluschenko ist ein anderes Wort für Enttäuschung“, schrieb ein Olympia-Besucher.

Gold fürs eigene Marketing

Kritisiert wurde besonders, dass der siebenmalige Europameister nicht an Kowtun gedacht habe. „Maxim war bereit und hätte sofort einsteigen können, aber die Olympia-Regeln lassen das leider nicht zu“, sagte Kowtuns Choreograph Pjotr Tschernyschow. Kowtun hatte den „Altmeister“ bei den nationalen Meisterschaften geschlagen. Dank einer Sonderregelung ermöglichte der russische Verband Putins Liebling aber dennoch einen Start bei den Heimspielen. Kritiker sagen, Pluschenko brauchte das Gold für die Vermarktung seiner eigenen Shows.

Sportminister Witali Mutko verteidigte Pluschenkos Nominierung trotz zahlreicher Operationen als „Frage der sportlichen Ethik“. Auch in anderen Kommentaren kam Mitgefühl zum Ausdruck. „Bravo Schenja, die Gesundheit geht vor“, sagte Schauspieler Stanislaw Jaruschin.

Der Zeitung „Sowjetski Sport“ zufolge will Pluschenko von April an auf große Abschiedstournee gehen. „Im Kontext der Olympia-Verletzung ist das eine irritierende Nachricht“, schrieb ein Sportfan bei Twitter. Ein Mitarbeiter von Putin bot Pluschenko die Hilfe der Spezialärzten des Kreml an, damit der „verdienstvolle Sportler kein elendes Leben im Schmerz“ führen müsse.

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