Randnotiz: Der Club und die Lebenszeit

25.2.2021, 15:06 Uhr
Raphael Schäfer hält einen Elfmeter. Und später noch einen. Ist tatsächlich so passiert vor sieben Jahren

© Sportfoto Zink / DaMa Raphael Schäfer hält einen Elfmeter. Und später noch einen. Ist tatsächlich so passiert vor sieben Jahren

Nicht sprechen zu wollen über den 1. FC Nürnberg gerät derzeit offenbar in Mode. Den Anfang gemacht haben in der vergangenen Woche die Fußballer selbst. Kein Club-Spieler wollte nach der Niederlage gegen den FC Sankt Pauli und vor dem Spiel beim Karlsruher SC über die trübe Gegenwart sprechen. Man wolle sich, hieß es vom Valznerweiher, auf das Wesentliche konzentrieren. Das wiederum trieb missfiel vielen von jenen Beobachtern, die sonst eher betonen, dass wichtig vor allem auf dem Platz ist. Die Übung allerdings gelang und der Club gewann in Karlsruhe, weshalb die Stimmung in und um den Club jetzt wieder besser ist vor dem Besuch von Eintracht Braunschweig am Sonntag im Max-Morlock-Stadion.

Die bessere Stimmung bedeutet aber nicht, dass sich in Sachen Redebereitschaft bei allen Beteiligten viel geändert hat. Stattdessen steckt der Mini-Presseboykott auch Ehemalige an. Raphael Schäfer war dem 1. FC Nürnberg in erfolgreicheren Zeiten ein guter Torwart. Er war danach einer, der sich immer mal wieder zu Wort gemeldet hat, wenn es um den Club und die da meist schlechteren Zeiten ging.

Jetzt sollte sich Schäfer an ein besonderes und erfolgreiches Spiel gegen Braunschweig erinnern. Am Montag war es sieben Jahre her, dass der 1. FC Nürnberg in der Bundesliga 2:1 gegen die Eintracht gewann. Es war ein wildes Spiel und unter anderem hielt Schäfer, der dafür nicht bekannt war, gleich zwei Elfmeter für den Club, der nach einer Roten Karte gegen Per Nilsson über eine Halbzeit lang in Unterzahl spielte. Dass auch noch Hiroshi Kiyotake es verpasste per Elfmeter und dem 3:1 etwas Ruhe in einem aufgewühlten Nachmittag zu bringen, hatte damals vor allem dem Trainer zugesetzt.

Gertjan Verbeek hatte damals ja durchaus bewusst das Spektakel zurück nach Nürnberg und in den Abstiegskampf gebracht, dieser Nachmittag mit Braunschweig war dann aber auch ihm zu viel. Immerhin: Er sprach darüber und wurde so zu einer Nürnberger Legende. "Ich hoffe, dass ich 90 Jahre alt werde. Dann kann ich sagen, ich hätte 100 werden können, aber ich habe in Nürnberg gearbeitet."

Verbeek wurde zwar bald darauf entlassen, erfuhr aber immerhin nachträglich, dass es sich lohnt, über Fußball zu sprechen: Die deutsche Akademie für Fußballkultur kürte seine Sätze zum Fußballspruch des Jahres.

Über all das - die Elfmeter, den Club, Verbeek und andere Verrücktheiten - hätte man jetzt sieben Jahre später also gerne mit Raphael Schäfer gesprochen. Der sagt dann fröhlich, dass er schon spricht und auch sonst frohen Mutes ist. Nur über den Club will er derzeit nicht reden. Er mache, sagt Schäfer, ein Sabbat-Jahr: "Ich äußere mich zum Club-Geschehen nicht." Das ist einerseits schade, andererseits verständlich, weil es ja gerade in Mode ist. Wahrscheinlich versuchen Schäfer und die anderen Schweiger einfach, sich ein wenig Lebenszeit zurück zu holen, die ihnen der Club gestohlen hat.

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