Reimer redet: Helden, Hoffnung und "pure Ekstase"

28.2.2018, 10:10 Uhr
Goldverdächtig am Nürnberger Flughafen: Eishockey-Hero Patrick Reimer hat Silber, gute Laune und die "Hoffnung, dass es Kinder gibt, die genau wie wir sein wollen".

© Sportfoto Zink / ThHa Goldverdächtig am Nürnberger Flughafen: Eishockey-Hero Patrick Reimer hat Silber, gute Laune und die "Hoffnung, dass es Kinder gibt, die genau wie wir sein wollen".

Heute begegnen Patrick Reimer, Leo Pföderl und Yasin Ehliz der DEG, am Freitag sind sie in Ingolstadt (19.30 Uhr) an der Scheibe und am Sonntag (14 Uhr) zum Abschluss der DEL-Punkterunde gegen Straubing. Zuvor haben die drei Silbermedaillengewinner der Ice Tigers am Flughafen ihre vielen alten und neuen Fans glücklich gemacht. Doch jetzt mal rein ins Interview! 

 Wenn Sie in zehn Jahren zurückdenken an diese Olympischen Winterspiele in Pyeongchang: Welches Gefühl werden Sie wohl besonders intensiv spüren?

Patrick Reimer: Es sind gerade so viele Emotionen, deshalb ist die Frage wirklich schwer zu beantworten. Ich glaube, der Moment, als dann wirklich die Medaille um meinen Hals hing, das war schon einer der tollsten, die ich bisher in meiner Sportlerkarriere hatte oder allgemein in meinem Leben. Das ist was ganz Besonderes. Das werde ich wahrscheinlich nie vergessen.

In Südkorea haben Sie drei für Sie bedeutende Menschen begleitet - mal abgesehen von der deutschen Mindelheim-Flagge, die jetzt weltberühmt ist. Welche Rolle hat es für Sie gespielt, dass Ihre Frau Anja, Ihr Vater Franz und Ihr Trauzeuge Felix immer mit dabei waren?

Reimer: Das ist natürlich auch etwas ganz Besonderes. Es war Wahnsinn, dass sie die lange Reise auf sich genommen haben und dann tatsächlich noch ihren Rückflug haben verfallen lassen, weil jetzt etwas Einmaliges passiert. Und für meinen Vater hat es mich einfach unheimlich gefreut, weil er am Anfang noch ein bisschen zurückhaltend war und nicht so recht wusste, ob er sich den langen Flug antun sollte. Ich glaube, er ist für diese Reise belohnt worden. Ich war glücklich, dass ich diese Momente mit Leuten teilen konnte, die mir nahestehen.

"Es war einfach nur der Hammer" 

Können Sie noch einmal versuchen zu beschreiben, was in Ihnen vorgegangen ist, als Sie im Viertelfinale das Tor in der Verlängerung gegen Schweden geschossen haben?

Reimer: Pure Ekstase. Vor allem, weil ich wusste, der war drin. Ich habe mich auch gewundert, warum so wenige mit mir jubeln. Es war einfach nur der Hammer, ich habe in dem Moment schon begriffen, dass das etwas Großes ist. Es ist immer toll, in der Verlängerung zu treffen. Aber klar war mir bewusst, wen wir da geschlagen haben.

Es hatte beinahe so ausgesehen, als wüssten Sie bereits, dass Sie treffen, als Sie Yasin Ehliz den Puck geklaut hatten.

Reimer: So weit würde ich nicht gehen. Ich sage es mal so, ich bin nicht unbedingt der Typ, der so zum Tor zieht, aber in dem Fall hat es sich ausgezahlt.

Gemeinsames Ziel und der liebe Wolf  

Was geht denn eigentlich in einer Mannschaft vor, die aus Spielern zusammengestellt wurde, die sich normalerweise zweimal in der Woche erbittert auf dem Eis bekämpfen? Wie erklären Sie sich diesen Zusammenhalt?

Reimer: Wir hatten alle ein Ziel und das war, Großes zu bewegen bei Olympia. Vielleicht sogar den verrückten Traum wahr werden zu lassen, am Ende ganz oben zu stehen. Und unser Motto war immer "Glaube", das hing auch groß in der Kabine und dabei ging es ja nicht nur um den Glauben ans Ziel, sondern auch an die Jungs, die neben einem in der Kabine sitzen.

Wenn man jeden Tag, über eine längere Zeit, immer an dem selben Ziel arbeitet, dann wächst man auch zusammen. Und wenn man dann noch auf dem Eis sieht, dass jeder immer sein Bestes dafür tut, dass man den Erfolg haben kann, sei es durch Schüsse blocken oder durch gute Aktionen, dann schweißt das unglaublich zusammen. Und wenn man dann noch Erfolge dabei feiert und auch noch Nackenschläge verarbeitet – wer hätte erwartet, dass wir nach dem 1:2 der Russen überhaupt noch mal zurückkommen, wahrscheinlich haben viele gedacht, okay, das war es jetzt halt – dann ist alles möglich. 

David Wolf (der Mannheimer, nicht nur in Nürnberg ob seiner Spielweise denkbar unbeliebt, die Redaktion) kann übrigens der liebste Mensch auf dem Planeten sein. 

 Pardon, aber das glaubt Ihnen in Nürnberg kein Mensch.

Reimer: Glaubt auch keiner, aber es ist tatsächlich so.

"... dass es Kinder gibt, die genau wie wir sein wollen" 

Mehr als 40 Jahre lang hießen Deutschlands Eishockey-Helden Erich Kühnhackl, Alois Schloder, Lorenz Funk. Haben Sie realisiert, dass die Eishockey-Helden für die nächsten 40 Jahre sehr wahrscheinlich Patrick Reimer, David Wolf, Yasin Ehliz heißen werden?

Reimer: Das glaube ich nicht. Für uns werden die Helden ja immer die alte Garde bleiben, die lange vor uns schon einmal Historisches geleistet haben. Die Hoffnung bei uns ist, dass es ab sofort Kinder gibt, die sagen, das sind doch tolle Typen, wir wollen genau so sein wie die und vielleicht irgendwann einen ähnlichen Erfolg feiern. 

 

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