Reine Kopfsache am Schachbrett

12.11.2020, 11:25 Uhr
Reine Kopfsache am Schachbrett

© Foto: Greul

Als Sportredakteur einer Tageszeitung bekommt man es in seiner beruflichen Laufbahn mit ganz vielen Sportarten zu tun. Auch der Schachsport fand in all den Jahren Berücksichtigung, aber wenn es ins Detail ging, griff ich doch lieber auf das Fachwissen der Experten aus den Vereinen zurück.

Schach hat mich während meiner Schulzeit durchaus begleitet, aber das war’s dann auch schon. Mich zogen da schon eher Sportarten wie Fußball oder Tischtennis an. Inzwischen bin ich 63 Jahre alt und auch nicht mehr so beweglich wie früher (eigentlich war ich nie ein Bewegungstalent). Also überlegte ich mir ganz genau, welchen Sport ich für meinen Selbstversuch wählen sollte.

Fußball, Tischtennis? Nein! Kannte ich schon. Auch das Fahrradfahren, das einen Teil meiner Freizeit beansprucht, war keine Option für mich. Zu anstrengend, wenn es die Berge hoch geht (und mit meinem E-Bike bei einem Radsport-Verein aufzukreuzen, ist jetzt auch nicht der Hit).Also blieb mir wohl nur eine sitzende Tätigkeit.

Und da fielen mir spontan zwei Sportarten ein, mit denen ich mich auseinandersetzen könnte: Schach oder Skat. Letzteres hab ich mit meinem Vater und Bruder als Kind zwar leidenschaftlich gespielt, aber das mit dem Reizen? Ich weiß nicht. Dann eben Schach, schließlich wusste ich noch ganz genau, wie man die Figuren auf dem Schachbrett zu bewegen hat. Dachte ich zumindest.

Ein Anruf beim Schachklub 07 in Schwabach genügte, und ich war im Spiel. An einem Trainingsabend sollte ich mal vorbeischauen. Der Termin stand auch schon fest. Doch dann gab es den erneuten Lockdown. Trainingsabend war nun nicht mehr, aber in Hans Greul, der in 40 Jahren beim Schachklub 07 immerhin 15 Mal die Schwabacher Stadtmeisterschaft für sich hatte entscheiden können, fand ich einen Lehrmeister, der mich zu sich nach Hause einlud.

Schach könne man ja zu zweit spielen, ohne dadurch die Hygienevorschriften der Bayerischen Staatsregierung auszuhebeln. Ganz ohne solche Regeln geht es auch bei diesem Sport nicht. Die Schachspieler hatten schon während des ersten Lockdowns umfangreiche Schutzmaßnahmen zu beachten, immerhin sitzt man sich gegenüber und spielt am selben Schachbrett.

Natürlich war ich bei dem Treffen nicht zu vermessen, in eine Partie mit dem Fachmann einzuwilligen. Hans Greul war nicht nur 15 Mal Stadtmeister, sondern er hat weitere hochkarätige Erfolge eingefahren. So gewann er kürzlich ein internationales Seniorenturnier in Bischofsmais gegen Spieler mit wesentlich höheren DMZ-Zahlen (Wertungszahlen). Zwei Mal nahm er für Bayern an der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft teil, beim letzten Mal landete die Mannschaft im Mittelfeld – eine gute Platzierung.

Der Mannschaftssport beim SK 07 war auch schon erfolgreicher als aktuell (Platz zwei in der Bezirksliga I). So spielten die Schwabacher bereits in der Oberliga (nach 1. und 2. Bundesliga die dritthöchste Liga). "In solchen Spielklassen ist man aber ohne Gastspieler nicht mehr konkurrenzfähig. Damals kamen von acht Spielern der Mannschaft aber immerhin vier aus Schwabach", erinnerte sich Hans Greul gerne an diese Zeit.

Wie das "Seepferdchen"

Auf eine Partie Schach verzichteten Hans Greul und ich also – das wäre für beide Seiten wohl keine Herausforderung gewesen, aber das sogenannte Bauerndiplom sollte ich schon ablegen. Der Deutsche Schachbund bietet die Möglichkeit, Anfängerwissen durch entsprechende Prüfungen beurkunden zu lassen. Dies erfolgt im aufsteigenden Schwierigkeitsgrad durch das Bauern-, Turm- und das Königsdiplom.

An die niedrigste Variante – in etwa gleichzusetzen mit dem "Seepferdchen" beim Schwimmen – wagte auch ich mich heran. Doch während das errungene "Seepferdchen" zumindest die Fähigkeit bestätigt, sich über Wasser halten zu können, sagt das Bauerndiplom rein gar nichts über die eigentliche Spielstärke aus.

"Zumindest sollten Sie sich am Schachbrett über Wasser halten können", bestätigte mir Hans Greul. Fachbegriffe wie "große und kleine Rochade", "en passant" und wie man diese Züge anwenden kann, wurden da gelehrt und schließlich mittels Aufgaben am Schachbrett abgefragt. Acht Fragen musste ich in 45 Minuten beantworten. Ob ich bestanden habe?

Auf kleinere Hilfen – ich geb’s zu – war ich angewiesen. Trotzdem freue ich mich jetzt riesig über und auf mein bestandenes "Bauerndiplom".

Bisher in der Serie "Lokalsport-Redakteure stellen sich vor" erschienen:

Folge 1 : Martin Schano, der an einem Fitness-Bootcamp teilnimmt.

Folge 2 : Dominik Mayer, der die Boxhandschuhe anzieht.

Folge 3: Michael Fischer, der den Tennisschläger schwingt.

Folge 4: Mathias Hochreuther, der am Schießstand ein Auge zudrückt

Folge 5: Kevin Gudd, dem ein Besen-Beschleuniger fehlt

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