FCN-Vorstand vor Derby: "Die spielen eine astreine Saison"

28.11.2020, 14:00 Uhr
Seit seiner Kindheit glühender Club-Fans: Niels Rossow.

© e-arc-tmp-20201126_152050-5.jpg, NNZ Seit seiner Kindheit glühender Club-Fans: Niels Rossow.

Herr Schwiewagner, wegen der Corona-Krise fast vier Millionen Euro Verlust im Geschäftsjahr 2019/20, der Club dank hoher Transfererlöse noch mit einem Gewinn – wo führt die Entwicklung hin?

Schwiewagner: Sie haben es im Prinzip auf den Punkt gebracht: Transfers, die wir ganz bewusst nicht vor der vergangenen Saison tätigen wollten, waren eigentlich für diesen Sommer geplant und noch vor dem 30. Juni, dem Ende des Geschäftsjahres. Den Plan hat Corona zerschossen. Außerdem lebt der Fußball zu einem großen Teil von den Zuschauern, wodurch sich auch die Relevanz im Sponsorenumfeld bestimmt. Ich sehe da schon einen Zusammenhang. Medienerlöse sind natürlich ebenfalls von existenzieller Bedeutung, aber wir transportieren auch Emotionen. Und zu den Emotionen gehört der Fan im Stadion definitiv mit dazu. Wenn das so weitergeht, wird es sicherlich für den einen oder anderen Verein eng werden. Für uns kann ich sagen: Wir haben entsprechende Maßnahmen getroffen, für diese und auch schon für die nächste Saison. Wie jedes andere Unternehmen auch können wir einen begrenzten Zeitraum durch eine Krise gehen, aber wenn die über zwei, drei Jahre anhalten sollte, dann wird’s eng.

Rossow: Es ist eine Branchenkrise, der einige Clubs mit breiterer Brust begegnen, andere wiederum haben eine schlechtere Ausgangslage. Wenn die Zuschauer ausbleiben und Sponsoring-Einnahmen ausbleiben, zudem Transfererlöse schwieriger zu generieren sind, dann ist es für das Geschäftsmodell eines Bundesligisten schon eine Herausforderung. Man braucht einen langen Atem, muss auf Sicht planen. Mit äußerster Vorsicht agieren.

Wird es mangels Substanz überhaupt einen Winter-Transfermarkt geben?
Rossow: Wir gehen auf den Transfermarkt zu und werden Augen und Ohren offenhalten. Wir sind beide in der Situation, uns nicht komplett von Transfererlösen emanzipieren zu können. Ablöse gehört zum Geschäftsmodell, sie ist auch eingeplant. In welcher Höhe und ob überhaupt im Winter, wird sich zeigen. Wir sind jedenfalls nicht als aktive Verkäufer unterwegs. Der Transfermarkt im Winter wird aber bestimmt kein explodierender sein.

Schwiewagner: Davon gehe ich auch aus. Man sollte auch immer im Auge behalten, wie ein wirtschaftliches Transferergebnis im Verhältnis zur sportlichen Performance zu sehen ist. Da muss man abwägen, das wird in Nürnberg nicht anders sein als in Fürth. Und zunächst intern schauen, ob es Alternativen gibt. Der Winter kann aber nicht das priorisierte Transferfenster sein.

Wie lässt sich die Ausgabenseite entlasten? Der Club hat ja in der vergangenen Saison zum Beispiel versucht, Siegprämien einzusparen. Ist Gehaltsverzicht wieder ein Thema? Oder immer noch?

Schwiewagner: Gehaltsverzicht ist ein Thema, aber nicht an Termine oder den Status quo gebunden. Alle Beteiligten bei der Spielvereinigung sind sich bewusst, dass es gewisser Einschnitte bedarf. Da gehen unsere Mitarbeiter voran, die in Teilen immer noch in Kurzarbeit sind und es auch bleiben und es akzeptieren und trotzdem ihren Einsatz bringen. Da wird sich sicherlich auch die Mannschaft solidarisch zeigen. Jetzt haben wir seit einigen Wochen ja wieder eine neue alte Situation, so komplett ohne Zuschauer. Wir haben darüber aber noch nicht im Detail gesprochen, stehen aber mit dem Mannschaftsrat im ständigen Austausch.

Rossow: Was einen Fußballverein auch ausmacht: Dass man eine großartige Gemeinschaft ist. Seien es die Fußballer, die Mitarbeiter, die Fans, die Sponsoren. Die Krise ist ernst genug, dass man ihr nur gemeinschaftlich begegnen kann. Jeder mit dem, was er einbringen kann. Ich will da auch niemanden ausnehmen. Genauso müssen wir der Krise auch in der Rückrunde wieder begegnen, mit aller Transparenz. Wir werden Gespräche führen, mit der Mannschaft, mit Sponsoren, was jeder Einzelne beitragen kann, damit die Situation eine bessere wird. Aktuell gibt es keinen Gehaltsverzicht.


Derby-Fieber: "Das sind Lebenseinstellungen"


Beide Vereine haben sich nicht am Positionspapier von zehn Zweitligisten sowie vier Erstligisten für eine Umverteilung der Medieneinnahmen von oben nach unten beteiligt. Warum nicht?

Schwiewagner: Weil wir in der DFL drei gewählte Vertreter für die zweite Liga haben, die für uns im Präsidium stimmberechtigt sind und mit ihren Kollegen sicherlich versuchen werden, eine vernünftige Verteilung des Fernsehgelds zu definieren. Außerdem ist es schon auch eine Stilfrage: Will man jetzt marktschreierisch dieses Thema nach außen tragen, um Druckszenarien aufzubauen - oder ist man der Überzeugung, dass es besser hinter verschlossenen Türen diskutiert wird? Natürlich haben wir eine Meinung, aber eben auch vollstes Vertrauen in unsere Vertreter.

Rossow: Ich sprach schon von der Gemeinschaft, als solche müssen wir uns auch hier verstehen. Das Produkt ist nicht der einzelne Verein, sondern der Wettbewerb, der attraktiv und vermittelbar bleiben muss. Ich finde es deshalb befremdlich, wenn man jetzt versucht, eine Spaltung der Liga voranzutreiben. Da stimme ich Holger 100-prozentig zu. Ich sehe die Möglichkeit, eine Verteilung der Medienerlöse etwas breiter zu fassen. Die Liga hat auch einen gesellschaftlichen Auftrag und sollte sich deshalb mit Inhalten beschäftigen, die über den sportlichen Wettbewerb hinausgehen. Das könnte man über die Verteilung von Medienerlösen steuern und incentivieren. In dem Positionspapier ging’s vor allem darum, wie die Kleinen noch mehr profitieren könnten. Das ist mir aber zu kurz gedacht.

Schwiewagner: Es gibt ab der nächsten Saison 200 Millionen weniger zu verteilen, davon 20 Prozent für die zweite Liga, also 40 Millionen. Jetzt zu fordern, dass die erste Liga die 40 Millionen auffangen muss, ist eine Träumerei.

Das erste Mal mit fünf und mit dem Opa im Ronhof: Holger Schwiewagner.

Das erste Mal mit fünf und mit dem Opa im Ronhof: Holger Schwiewagner. © Spielvereinigung Greuther Fürth

Meine Herren, zum Abschluss bitte noch eine sportliche Einschätzung: Was spricht am Sonntag für einen Derby-Sieg des anderen?
Schwiewagner: Niels, fang‘ bitte an, ich muss erst überlegen.

Rossow: Ich will’s ja gar nicht leugnen: Natürlich schaue ich auch immer, was unsere Rivalen aus Fürth so treiben. Und man muss sagen: Die spielen eine astreine Saison, bis zum jetzigen Zeitpunkt. Das Schöne ist, dass das Derby seine eigenen Gesetze hat und ein Derby bestimmte Entwicklungen signifikant verändern kann. Die sind gut drauf und wir sind gut vorbereitet. Es wird packend.

Schwiewagner: Ich mach’s kurz. Denn ich möchte gar nicht erst nach Gründen dafür suchen und hoffe vielmehr auf ein gutes Spiel unserer Mannschaft.


Hier geht es zu Teil 1 des Exklusiv-Interviews.


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