Rot-Schwarze Reha! Schamberger schaut auf den FCN

20.7.2020, 13:20 Uhr
Rot-Schwarze Reha! Schamberger schaut auf den FCN

© Sportfoto Zink

Viele Anhänger, Mitglieder und andere nervlich schwerbeschädigte Opfer des ru(h)mreichen Vorvorletzten der 2. Liga, des 1. FC Nürnberg, sind von ihren akuten Schüttellähmungen oder bei Verzweiflungssprüngen aus dem Fenster erlittenen Knöchel-, Schienbein- und Armbrüchen bereits wieder einigermaßen genesen. Nur noch wenige Fernsehzuschauer des Jahrtausendspiels gegen Ingolstadt befinden sich noch in stationärer psychiatrischer Behandlung, und es kann somit wieder der ganz normale Fußballsportbetrieb in Deutschlands einziger vereinseigener Heul- und Prägeanstalt durchgeführt werden - das Ausschwärmen des Zerzabelshofer Ver- und Einkaufswäächala-Fuhrparks.

Der Mammon und die Riesenrasenfläche am Neuen Zabo

Manchmal - vor allem in fortgeschrittener Methusalemhaftigkeit - möchte man ja immer noch glauben, bei Fußballspielern handle es sich um verhältnismäßig normale Menschen, aber weit gefehlt! Der Fußballspieler heutiger Prägung ist inzwischen weit vom herkömmlichen Menschenbild entfernt; genauer gesagt: von sehr gottes-, also mammonfürchtigen Fußballsachwaltern entfernt worden. Dank der massiv fortschreitenden Evolution hat er sich innerhalb nur weniger Jahrzehnte zu einem Wesen entwickelt, das Wachstumsfachleute als eine Mischung aus Wandersmann, Aktienpaket und Handelsware bezeichnen. In einschlägigen Auflistungen kostet er in einem Fall vielleicht 2,50 Euro, im anderen 2,5 Millionen bis hin zu demnächst wahrscheinlich fünf Milliarden Euro.

Dem Club kann es natürlich wurschd sein, was so ein börsennotierter Wandersmann kostet, denn er verfügt über ein solides wirtschaftliches Fundament: Ungefähr 200.000 Quadratmeter Rasenfläche, die er vor knapp 50 Jahren für ein Fuchzgerla (D-Pfennig damals) sehr günstig vom Staatsforst erworben hat und nächstes Jahr erst in Bauland umwidmen und sodann an wen auch immer verscherbeln kann. Ungefähr für 100 Millionen Euro. Nur so ist es außerordentlich sinnvoll, dass man Trainer, Spieler, Menschenflüsterer aller Ar in die schöne, demnächstige Fußballkulturmetropole holt und sie nur kurze Zeit später wieder in die manchmal weniger schöne Wüste entsendet.

Aerosolität im Altmeister-Achteck - Ab zu Wacker Warschau!

Vorteilhaft wirkt sich dabei aus, dass man derzeit aus Gründen der Aerosolität brüllender und eventuell seucheninfizierter Münder nicht ins Max-Morlock-Stadion darf. Denn säße oder stünde man dort – es wäre so gut wie unmöglich, stets die Namen und Gesichter jener Akteure im Gedächtnis zu behalten. Kaum spielen sie zehn Minuten – zack, befinden sie sich wieder auf Zwangswanderschaft. Teils werden sie ausgeliehen, teils müssen sie zu einem Dynamo Dschalabinskbums, Red Bull Wanne-Eickel, SpVgg Feneedich, Wacker Warschau oder was weiß ich wohin wandern.

Interessant am gehobenen Fußballspielen sind also nicht die Fußballspiele, sondern die jetzt stattfindenden Sommerschlussver- und einkaufwochen. Kommen in den nächsten Tagen wieder 20, 30 oder gar 40 neue Aktienpaketchen an den Valznerweiher und verkünden uns sodann auf Anordnung des Kommunikationsdirektoriums, dass sie sich schon sehr gut eingelebt haben und außerordentlich wohlfühlen? Um dann vielleicht noch hinzuzufügen: "Nürnberg, oder wo immer ich grad bin, ist eine sehr schöne Stadt." Und jene Tagträumer, die gelegentlich von der Ästhetik eines Fußballspiels umeinanderromantisieren und die Ästhetik halt auch für ihr Leben gern einmal sehen möchten – denen ist nicht mehr zu helfen.

Wabra, Leupold und das Lebkuchenherz

Es sei denn, sie besichtigen eines Tages, wenn es virologisch wieder gestattet ist, das Spiel einer C-, D- oder E-Jugend. Eine weitere Möglichkeit wäre das Aufspüren uralter, längst vergessener Filmreste meinetwegen aus den späten fünfziger oder sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Aus jenen Zeiten, in denen ein Roland Wabra, ein Horst Leupold, Helmut Hilpert, Nandl Wenauer, Charly Ferschl, Fritz Popp, Franz Brungs, Steff Reisch, Heinz Strehl oder gar ein Max Morlock der Vorstadt Zabo der ganzen Stadt und uns ihr Lebkuchenherz und ihre große Fußballkunst geschenkt haben.

Gut, die meisten von ihnen sind damals am Ende ihrer Laufbahn oder schon ein bisschen vorher ebenfalls in den Genuss einer merkantilen Vergünstigung gekommen - als Inhaber eines Toto-Lotto-Geschäfts. Würdest du das in diesen Tagen einem Fußballwanderer als Handgeld oder Austragslädchen anbieten, ein Toto-Lotto-Geschäft meinetwegen in der Pillenreuther Straße - so schnell könntest du gar nicht schauen, wie du schon dort einsitzen würdest, wo viele von uns die Tage nach dem Spiel gegen Ingolstadt nervlich zerrüttet verbracht haben. In der Psychiatrie.

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