Schrott mit Wut bei der WM im Kraftdreikampf

19.1.2018, 16:24 Uhr
Schrott mit Wut bei der WM im Kraftdreikampf

© Foto: Schrott/privat

Michael Schrott (45) ist ein strammer Kerl. Seine Leidenschaft ist der Kraftdreikampf, also Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben. Der gebürtige Fürther packte sich in seinen besten Jahren bei Kniebeugen weit über 400 Kilogramm auf die Schultern, drückte auf der Bank etwa 250 Kilogramm und schaffte im Kreuzheben 330 Kilogramm.

Inzwischen kann er diese Maximalwerte nicht mehr ganz abrufen, gehört jedoch in seiner Altersklasse zur absoluten Weltspitze. Sieben WM-Titel hat er inzwischen gewonnen, den letzten 2016 in Baton Rouge, im US-Bundesstaat Louisiana. Mit 300 Kilo bei den Kniebeugen, 210 im Bankdrücken und 280 im Kreuzheben in der Klasse "Masters 1" (40-49 Jahre) drückte, presste und hievte er sich nach ganz oben.

Die Faszination für den Kraftdreikampf entwickelte sich langsam. Der erste Berührungspunkt war eine Werbeanzeige für Trainingsgeräte, auf die er als kleiner Junge in einem Magazin stieß. Als Schrott den trainierten Athleten in der Werbung sah, war sofort klar: Hanteln müssen her!

Mit 13 Jahren ging das Training los und führte ihn, vom anfänglichen Üben zuhause, mit 16 Jahren ins Fitnessstudio, wo er sich immer mehr in Richtung Bodybuilding orientierte. Nachdem er über die Zeitung von den Gewichthebern des TSV Altenberg erfuhr, schloss er sich mit 21 Jahren dem Verein an und begann, Titel zu sammeln.

2017 hätte sein achter WM-Erfolg folgen sollen. Nach zahlreichen Turnieren, die ihn im Lauf seiner Karriere unter anderem nach Lettland, Südafrika, Kanada, Portugal und die Tschechische Republik geführt und um viele gute Erfahrungen reicher gemacht hatten, ging es im November 2017 nach Moskau. Dort erlebte er bei den Weltmeisterschaften im Kraftdreikampf des WPC-Verbandes allerdings sein blaues Wunder.

Waren die Socken schuld?

"Der größte Regelverstoß war, dass es kein internationales Kampfgericht gab", erklärt der bullige Athlet frustriert. Normalerweise sind drei Richter aus drei Nationen anwesend, die die Versuche bewerten. "Im Endeffekt war das Kampfgericht nur mit Russen besetzt." Die Bedenken hinsichtlich der Neutralität des Trios bewahrheiteten sich im Wettkampf. "Es sind viele Leute ungerechtfertigt aus dem Wettbewerb geflogen oder benachteiligt worden. Bei den russischen Athleten ist dagegen sehr viel durchgegangen." Seine eigenen Versuche waren Extrembeispiele für die Wettbewerbsverzerrung.

Schon nach dem ersten von drei Anläufen mit 300 Kilo im Kreuzheben wusste Schrott, dass er dieses Turnier nicht erfolgreich bestreiten konnte. Zwei der drei Kampfrichter müssen den Durchgang als gültig markieren, damit er gewertet wird. Doch "Schrotti", wie ihn seine Kumpels nennen, erntete im ersten Versuch drei rote Lampen. Der Grund: Seine Socken waren angeblich nicht weit genug hochgezogen. Diese Regel gibt es tatsächlich, "aber normalerweise müssen die Kampfrichter darauf vor dem Versuch hinweisen und im Zweifelsfall den Start verweigern", so Schrott. Dass der Versuch nachträglich nicht zählte, sei ein Unding.

Beim zweiten Anlauf saßen die Socken perfekt, Schrott hievte die Last mustergültig. Alles passte – dennoch gab es drei rote Lampen. "Selbst die russischen Heber, die ich kenne, kamen zu mir und sagten, es ist Wahnsinn, was da abgeht", ereifert sich der erfahrene Heber. "Den Versuch habe ich sogar auf Video und danach mehreren Kampfrichtern gezeigt. Die sagten alle, dass er zu 1000 Prozent passt."

Der Sportler des TSV Altenberg brach die WM wütend ab – wie sich herausstellte, zu Recht. Der internationale WPC-Verband entzog Russland nach Beschwerden zahlreicher Kraftdreikämpfer die AWPC Welt- und Europameisterschaften für 2018. Vorerst darf sich Russland auch nicht mehr für künftige Turniere bewerben.

Der Aufenthalt in Moskau war aus sportlicher Sicht für den Titelsammler also ein Reinfall. Schrott: "Es ist ärgerlich. Das ganze Geld und die Vorbereitung, die du reingesteckt hast." Abseits des Turniers hat er aber auch gute Erinnerungen an sein Abenteuer: "Die U-Bahn in Moskau ist super."

Für dieses Jahr gilt seine Konzentration der nächsten WM in Orlando im November und der anstehenden EM im Frühjahr in Frankreich. Dann vielleicht mit ordentlichen Kampfrichtern – und den nächsten Titeln.

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