Spitzen-Batz: Wie ein Erlanger zum Pokalheld wurde

4.3.2020, 18:06 Uhr
Spitzen-Batz: Wie ein Erlanger zum Pokalheld wurde

© Foto: Oliver Dietze/dpa

Schon am späten Vormittag hatten sie beim 1. FC Saarbrücken aufgehört mitzuzählen. Das Telefon von Geschäftsführer David Fischer klingelte seit dem frühen Vormittag praktisch unentwegt, "aber das nehmen wir gerne in Kauf", sagte Fischer. Die allermeisten Anrufer wollten, was nicht verwundern konnte, ab ungefähr neun Uhr mit Daniel Batz aus Erlangen sprechen, dem famosen Torwart des Viertligisten – der sage und schreibe fünf Elfmeter pariert hatte im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Fortuna Düsseldorf. Den ersten in der 83. Minute, die anderen vier im Elfmeterschießen.

Sein Kollege konnte da nicht ganz mithalten, obwohl Florian Kastenmeier immerhin zwei Schüsse vom Punkt abwehren konnte und kurz vor Schluss der 90 Minuten per Kopf sogar den 1:1-Ausgleich vorbereitet hatte. "Heldenhaftes" hatte der gute Kastenmeier gar geleistet im Völklinger Stadion, fand die Deutsche Presse-Agentur; um die Leistung von Saarbrückens Nummer eins zu beschreiben, fehlten offenbar die passenden Superlative.

Spitzen-Batz: Wie ein Erlanger zum Pokalheld wurde

© Foto: Oliver Dietze/dpa

Anwesende Berichterstatter einigten sich letztlich auf "Held des Abends", eine naheliegende Einstufung, nachdem Batz drei der fünf Düsseldorfer Versuche auf atemberaubende Weise unschädlich machen konnte. Mit den Fingerspitzen lenkte er den Ball entweder am Pfosten vorbei oder so genau dagegen, dass der jeweilige Abpraller folgenlos blieb. Ein renommierter deutscher Sportjournalist schrieb begeistert auf Twitter: "Neuer oder ter Stegen? Batz!"

Selbst Düsseldorfs Torwart Kastenmeier hatte so etwas wie am Dienstagabend im schummrigen Fluchtlicht von Völklingen, wo der 1. FC Saarbrücken wegen des eigenen Stadion-Umbaus mittlerweile seit vier Jahren seine Heimspiele austragen muss, noch nicht gesehen – und ließ es sich hinterher nicht nehmen, seine Glückwünsche persönlich zu überbringen. "Das gehört sich so", sagte Kastenmeier, "Daniel hat einfach ein überragendes Spiel gemacht."

Und danach mit seinen Mitspielern wie den anderen Ex-Nürnbergern Markus Mendler, Manuel Zeitz und Ersatz-Torwart Roman Castellucci die Nacht zu Tag – wie schon nach dem Erstrunden-Sieg gegen Jahn Regensburg (3:2), dem Zweitrunden-Sieg gegen den 1. FC Köln (3:2) und dem Achtelfinal-Sieg gegen den Karlsruher SC – als Batz ebenfalls das Elfmeterschießen entschieden hatte.

Alles begann in Adelsdorf

5,4 Millionen Euro hat der Regionallist im laufenden Wettbewerb bereits verdient, ein Vielfaches des aktuellen Etats. Und es könnte ja noch mehr werden, viel mehr; im Halbfinale hat der Amateurklub natürlich wieder Heimrecht, ausgelost wird die Vorschlussrunde am Sonntag ab 18 Uhr in der ARD.

Daniel Batz, in jungen Jahren beim SC Adelsdorf (Juli 1996 – Juni 2003), bei der Spielvereinigung Greuther Fürth (Juli 2003 – Juni 2005) und beim 1. FC Nürnberg (Juli 2005 – Juni 2011) zwischen den Pfosten, ist der nächste Gegner ziemlich egal; seine Familie lebt in der Nähe von Höchstadt/Aisch, der 29-Jährige selbst ist längst im Saarland heimisch geworden. Wo ihn die Menschen nicht erst seit Dienstagabend und nach insgesamt 21 Elfmetern verehren, ja lieben. Mit dem 8:7-Erfolg schrieben Torwart Batz und sein 1. FC Saarbrücken auch ein schönes Kapitel deutsche Fußball-Geschichte: Noch nie zuvor hatte ein Viertligist zuvor das Pokal-Halbfinale erreicht.

"Zwei, drei Zettel"

Das wirklich Außergewöhnliche an Batz‘ Geschichte ist, dass er Strafstöße eigentlich gar nicht kann. Fünf parierte Elfmeter – "das ist mehr, als ich aus meiner Erinnerung heraus vorher in meiner ganzen Karriere zusammen gehalten habe", meinte Batz, im Liga-Alltag ist ihm das tatsächlich nur äußerst selten gelungen. Letztmals Ende November, beim 0:1 in Steinbach.

"Zwei, drei Zettel" hätten ihm Betreuer übergeben mit Informationen über mögliche Düsseldorfer Schützen, erzählt Batz, "bei einem hat‘s tatsächlich was gebracht". "Er arbeitet wie ein Verrückter. Und das ist der Lohn", sagte sein Trainer Lukas Kwasniok im improvisierten Vip-Raum des auf der Gegenseite offenen Hermann-Neuberger-Stadions über seinen Schlussmann, der über leichte Fingerschmerzen klagte nach dem ganzen Elfmetergehalte.

Mittwoch Nachmittag, als Batz noch lange nicht fertig war mit seinem Interviewmarathon, tat höchstens der Kopf noch ein bisschen weh. In der kurzen Nacht hat er sich den einen oder anderen nicht unbedingt isotonischen Longdrink gegönnt "und ein paar Kurze", meinte Daniel Batz und klang müde. Nach über acht Stunden Pressearbeit.

Verwandte Themen