Sportgeräte mitten in Erlangen

15.4.2020, 06:00 Uhr
Obwohl die Klimmzüge nicht zu seiner Vorzeigedisziplin gehören, fühlt sich Michael Meindl seit früher Jugend wohl in Trimm-dich-Parks.

© Foto: Outgym Obwohl die Klimmzüge nicht zu seiner Vorzeigedisziplin gehören, fühlt sich Michael Meindl seit früher Jugend wohl in Trimm-dich-Parks.

IAus der Seemannssprache, die damit eine geschickte Verteilung der Ladung an Bord beschrieb, bediente sich im Jahr 1970 der Deutsche Sport Bund (heute DOSB) mit der Kampagne "Trimm Dich durch Sport". Die heute noch bekanntesten Relikte sind jene von einer Schweizer Firma vermarkteten Vital-Pfade und wirken in den heimischen Wäldern wie aus der Zeit gefallen – und doch spannen sie den Bogen von den Anfängen des Breitensports bis in die hochtechnisierte Welt der Fitness-Trends. Neuen Schwung erhält die alte Schule aus der Region — dank Michael Meindl.

Herr Meindl, das Wetter der vergangenen Tage hat geradezu eingeladen. Bestimmt waren Sie selbst sportlich aktiv.
Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich gar nicht viel draußen unterwegs war. Außerhalb der Arbeitszeit ist zu Hause Kinderbetreuung angesagt.

Sportgeräte mitten in Erlangen

© Foto: Outgym

Allein schon der Begriff "Trimm dich" kommt ein bisschen angestaubt daher. Wie haben Sie den Zugang zum Thema gefunden?
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich im Kindergartenalter meine ältere Schwester oft nach Höchstadt begleitet. Sie hat sich in einem Geräte-Parcours im Wald fit gehalten, war aber nie in einem Verein. Nachdem ich mich später in der Jugend mehr oder weniger erfolgreich beim Fußball in Wimmelbach und beim Schach in Forchheim versucht habe, wollte ich nach fast zehn Jahren nochmal zu unserem früheren Pfad zurück. Als ich ihn nicht mehr finden konnte, habe ich mich in die Geschichte vertieft.

Inwiefern?
Über die Recherche im Internet kam ich in Kontakt mit dem DOSB (dem Deutschen Olympischen Sportbund, Dachorganisation für mehr als 80 organisierte Wettkampf-Sportarten mit knapp 24 Millionen Mitgliedern; d.Red.) und habe auf einem eigenen Internet-Portal begonnen, Standorte in eine Karte einzutragen. Inzwischen sind über 1000 Sportstätten verzeichnet. Das war anfangs alles mehr ein Hobby.

Aus dem schließlich eine Geschäftsidee reifte. Wo hat es Klick gemacht?
Die Entwicklung verlief über einen Zeitraum von etwa drei Jahren mehr oder weniger spontan. Weil ich mich für das Thema interessiert habe, wurde ich von der einen oder anderen Gemeinde angesprochen, ob ich bei der Beschilderung eines alten Pfads helfen will. Das hat in der 2013 gegründeten Firma ganz klein angefangen mit der Vermittlung eines Grafikers, der frische Illustrationen gestaltet hat. Es lag ja nah, dass die Kontakte dann in den Gerätehandel und Vertrieb führten, bis wir noch den Schritt in die Planung beziehungsweise Renovierung ganzer Anlagen und die Konstruktion eigener Geräte gemacht haben. Als gelernter Maschinenbautechniker konnte ich mich gut einbringen.

Der Trend zu mehr Körper- und Gesundheitsbewusstsein macht seit einigen Jahren die Runde, doch das Feld ist umkämpft. Wie stehen Sie zur Konkurrenz an Fitness-Studios?
Unsere Kunden sind zu 85 Prozent öffentliche Träger wie Gemeinden, Schulen und Kindergärten, ein paar Vereine und Firmen kommen dazu. Deshalb ist es ein kleinerer Markt, den wir mit unseren vier Mitarbeitern aber in ganz Deutschland bedienen. Ich persönlich würde die Bewegung an der frischen Luft immer dem Fitness-Studio vorziehen, vor allem den auf Masse ausgelegten Großraum-Zentren. Wenn einer die direkte Beratung braucht und dafür kompetente Ansprechpartner vor Ort hat, kann ich das natürlich als Argument gelten lassen.

Welche Projekte machen Ihnen aktuell mehr Spaß: ein moderner Outdoor-Park für Calisthenics oder ein klassischer Trimm-Dich-Pfad?
Klar ist, dass es Unterschiede in den Bedürfnissen gibt und zur Stadt eben ein modernerer Parcours passt. Das spiegelt sich dann in Auswahl von Geräten und auch der verwendeten Materialien wider. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich mich für die nostalgische Variante entscheiden. Es ist schade um jeden Pfad, der dem Verfall preisgegeben wird. Das natürliche Holz-Ambiente hat für mich einen besonderen Charme.

Stichwort Nostalgie: Wie gut kennen Sie sich mit den alten Begriffen für die Stationen aus — zum Beispiel dem Froschsprung? Was ist das?
Ursprünglich waren das drei in gewissen Abständen postierte Baumstämme, die mit langen Sprüngen ohne Zwischenschritt überwunden werden müssen. Die Hürden gibt es heute in verschiedenen abgewandelten Formen. Insgesamt gibt es 21 dieser Übungen, wobei Anordnung und Ausführung noch keinem sportwissenschaftlichen Konzept gefolgt sind. Heute können wir für jede Station definieren, welche Muskelgruppen angesprochen werden sollen. Das immer wieder umstrittene Dehnen steht nun vor dem Aufwärmen oder ganz am Schluss. Ansonsten darf die Pfade jeder für sich entdecken, der Leistungsgedanke spielt keine große Rolle.

Das wollen wir erst einmal sehen. Wie hoch ist Ihr persönlicher Rekord in der Königsdisziplin, beim Klimmzug?
Ich habe mich zwischendurch wirklich nur unregelmäßig bewegt, weil der Hausbau auf dem Programm stand. Deshalb schätze ich mal 20.

Können Sie denn dann als Nostalgiker mit einer Fitness-Uhr etwas anfangen?
Doch ja, so eine trage ich und checke schon gerne meine Daten. Man kann sich sogar an manchen Stationen in städtischen Parks mit den Geräten verbinden.

Um das Coronavirus kommt auch dieses Gespräch nicht herum. Wenn jetzt sportliche Aktivitäten nur noch entweder zu Hause oder allein im Freien erlaubt sind, müssten da nicht umso mehr Bewegungsfreunde auf den guten alten Pfad zurückfinden?
Sicher entdecken ihn einige Leute aktuell neu. Das Jubiläum der Trimm-Dich-Bewegung hat bereits ordentlich Aufmerksamkeit erzeugt, seit Tagen schnellen dazu die Besucherzugriffe auf die Standort-Karte in die Höhe. Bewegung tut gerade in dieser Situation gut.

 

In der Umgebung gibt es einige Parcours, die über die Website www.trimm-dich-pfad.com zu finden sind. Beliebt sind sogenannte Calisthenics-Parks. Dort kann man Muskeln ohne spezielle Geräte trainieren.

Bewegungspfad Meilwald/Erlangen:
Spardorfer Straße.

Calisthenics Parks in Erlangen:
- Studentenwohnheim Hartmannstraße 125,
- mit Klimmzugstangen Schenkstraße 113-115,
- San-Carlos-Straße 4, Vitalpark Dompropststraße 37.

In der Nähe:
- Trimm Dich Pfad Herzogenaurach nahe Atlantis, Schlaffhäusergasse.
- Outdoor Sportpark Röttenbach, Ringstraße 7A.
- Outdoor-Fitness Anlage Adelsdorf, Ringstraße 70.

 

 

Anmerkung der Redaktion: Eine Nachfrage beim Ordnungsamt der Stadt Erlangen ergab, dass der "Trimm Dich"-Pfad an der Spardorfer Straße zu den Spielplätzen zählt und daher aufgrund der Corona-Pandemie derzeit geschlossen ist.

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