Hausbesuch im Horsepark by Sprehe in Fürth

Springreit-Profi Jörne Sprehe will mit Hot Easy zu Olympia 2024

5.9.2021, 15:33 Uhr
Springreit-Profi Jörne Sprehe will mit Hot Easy zu Olympia 2024

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Die Bierbank vor dem ehemaligen Flugzeughangar sieht nicht so aus, als säßen hier oft Leute. Wann auch?


Der Feind der Springpferde in Valencia hieß Herpes


Der Besucher bekommt schnell den Eindruck, dass hier jeder in Bewegung ist. Es gibt ja auch immer was zu tun im weitläufigen "Horsepark by Sprehe" der Betreiberfamilie Sprehe.

Von der Bank unter dem Laubbaum hat man den Überblick: In den Ställen vor der Reithalle wuseln am späten Nachmittag die Angestellten, eine Frau führt ein Pferd in Richtung Trainingsplatz, während ein eleganter Wagen in die Hofeinfahrt einbiegt und vor einem Einfamilienhaus hält. Profireiterin Jörne Sprehe hebt ihre eineinhalbjährige Tochter Jolyn aus dem Fond und nähert sich.

Denn für einen Plausch mit der Presse nehmen sie sich alle Zeit: Jörne, ihr Vater Josef, der Seniorchef dieses Unternehmens, das junge Pferde trainiert und gewinnbringend verkauft, Jörnes achtjährige Tochter Joelle und Felix Biendarra.

Der 15-Jährige kommt aus Obermichelbach und ist einer der talentiertesten Schüler, die Jörne unterrichtet. Voraussetzung dafür ist, ein Pferd von den Sprehes zu kaufen und einzustellen, Felix hat sogar zwei: ein Pony und einen zehnjährigen Schimmel, der den vornehmen Namen Levison’s White Pearl trägt.

Als Junge ein Exot

Trainiert hat ihn Jörne Sprehe, seit Winter nimmt Felix mit ihm an Springturnieren teil. Und anscheinend macht er das gar nicht schlecht. In diesem Jahr schaffte er es unter die besten 30 in Bayern – im fränkischen Reitsport ist er einer von nur vier Buben. Während seine Mitschüler ihre Abende im Fußballtraining verbringen, "bin ich fast jeden Nachmittag hier", erzählt er.

Anders geht es auch nicht, seiner White Pearl gerecht zu werden. Jörne Sprehe formuliert es so: "Sein Pferd kann die Höhe. Jetzt muss auch er als Reiter Konstanz zeigen." 1,30 Meter hoch sind die Hindernisse bei der Bayerischen Meisterschaft. Beim Springreiten geht es um Timing: Der Reiter muss dafür sorgen, dass das Pferd vom richtigen Punkt aus die Hürde nimmt. Ist sie 1,30 Meter hoch, ist der Absprungpunkt 1,30 Meter davor. "Aber jedes Pferd", erklärt Jörne Sprehe, "ist anders zu steuern." Bei Reitschülern, die erst angefangen haben, gleichen gut ausgebildete Pferde technische Fehler des Menschen aus.

Am 21. September will Jörne Sprehe alle ihre fünf Schüler zum Jugendreitturnier Ansbacher Weekend begleiten. Dass sie das noch nicht zusagen kann, liegt an ihrem Terminkalender, der sich so langsam wieder füllt. Endlich, nach einer Zeit, die nicht allein wegen Corona herausfordernd war, ist sie von donnerstags bis sonntags wieder unterwegs mit ihrem Lastwagen.

Nach der Babypause mit Jolyn wollte Jörne, einer der besten deutschen Profis im Springreiten, wieder auf Titel- und Preisgeldjagd in Europa gehen. Für Olympia 2020 stand sie sogar auf der Nachrückerliste des deutschen Teams, für dieses Jahr aber nicht mehr.

Hot Easy hatte Herpes

Denn bei einem Turnier in Valencia in diesem Februar steckte sich ihr Pferd Hot Easy mit Herpes an. Nach einem Klinikaufenthalt brauchte die Stute viele Wochen, um zu alter Stärke zurückzukehren. Sie gehört neben Equifit Salvatore, Bailando und Lord Heinrich zu den vier jungen Pferden zwischen acht und neun Jahren, die Jörne zu guten Springpferden machen will. "Die großen Turniere kommen für sie noch zu früh."

Dazu hat sie ältere Tiere zur Auswahl, bei denen sie bereits abwägen muss, ob sie sie nicht schonen muss. Eines davon ist Stakki‘s Jumper. Ihn hätten sie einst für eine siebenstellige Summe verkaufen können, entschieden sich jedoch dafür, mit ihm um Preisgelder bis ins Rentenalter zu reiten. "Olympia bleibt ein Traum, aber mit Stakki wird sie das nicht mehr schaffen", sagt ihr Vater. Jörne fügt hinzu: "Dass wir überhaupt auf der Longlist für Tokio waren, war was Tolles. Mit Hot Easy ist Olympia das klare Ziel."


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In den drei Jahren bis dahin gilt ihr Interesse weiterhin den internationalen Zwei- bis Fünf-Sterne-Turnieren. Die Kategorien bedeuten höheres Preisgeld, aber auch höhere Startkosten im vierstelligen Bereich bei der Anmeldung. "Das muss ich dann erst einmal wieder reinholen."

Finanziell ist dieser September für die Springreit-Szene hochinteressant, "alle großen Turniere sind wegen Corona in den Herbst verschoben worden", weiß Josef Sprehe. Darunter das attraktivste, der CHIO Aachen mit fünf Sternen. Dennoch kommen die Sprehes ins Grübeln, ob sie teilnehmen sollen. Denn der Bundestrainer Otto Becker hat angerufen, Jörne soll Deutschland in Calgary, Kanada, vertreten, beim höchstdotierten Turnier der Welt. Und wenn sie sich früher gefragt hat, wie viel Preisgeld es gibt, so überlegt sie, Jahrgang 1983, mittlerweile, ob der hohe Aufwand und die drei Wochen Absenz mit der Familie vereinbar ist.

Für Hot Easy soll es hoch hinaus gehen

Sportlich gut drauf sind Hot Easy und sie derzeit, davon zeugt ihr gemeinsamer Sieg bei der Weltcup-Qualifikation in Prag, der dritte Platz beim Drei-Sterne-Turnier in Donaueschingen und der zweite Platz beim Grand Prix von Wiener Neustadt.

1,60 Meter hoch sind dort die Hindernisse, doch Jörne Sprehe ist sich bei ihrer Stute sicher: "Sie kann viel mehr. Und wenn wir die Chance bekommen, werden wir das in nächster Zeit auch bestätigen."

So ehrgeizig sie selbst ist, so entspannt gibt sich die Mutter, als sie über ihre große Tochter sprechen soll. "Es soll ihr Spaß machen", sagt sie, während Joelle von ihren ersten Turniererfolgen erzählt, Anfang August gewann sie ihr erstes A-Springen mit Pony Starko. Josef Sprehe schickte sofort eine Mail an die Redaktion. Er ist nicht nur ihr Opa, sondern auch ihr Trainer.


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Sollte Joelle irgendwann ihrer Mutter in den Profireitsport folgen, wäre sie dann wiederum eine Exotin, denn das Verhältnis Männer-Frauen kehrt sich mit zunehmendem Alter um. "Es gibt nicht viele Springreiterinnen in Deutschland", berichtet Mutter Jörne, an Turnieren in Europa sei nur jeder fünfte Teilnehmer eine Frau.

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