Bei 0:2 gegen Gladbach

Erlösung nach 273 Tagen: Fürths Jessic Ngankam feiert sein Bundesliga-Debüt

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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11.4.2022, 06:00 Uhr
"Ich habe mich sehr gut und auch sehr wohl gefühlt": Jessic Ngankam durfte am Samstag endlich wieder in der Bundesliga Fußball spielen.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink "Ich habe mich sehr gut und auch sehr wohl gefühlt": Jessic Ngankam durfte am Samstag endlich wieder in der Bundesliga Fußball spielen.

Am frühen Samstagabend endete für Jessic Ngankam eine lange Leidenszeit. Als er sich um kurz vor 17 Uhr an der Seitenlinie das weiß-grüne Trikot überstreifte, da dachte er auch nochmal zurück an die vergangenen Monate. An den Moment, der sein Leben veränderte. Am 10. Juli 2021, ein paar Tage nach seinem Wechsel von Hertha BSC zum Kleeblatt, verletzte er sich auf dem Trainingsplatz am linken Knie. Kreuzband, Meniskus, alles kaputt.

Es folgten harte Monate. Rückschläge. Doch an diesem 9. April 2022 war all die Schinderei, waren all die Schmerzen vergessen. Denn zum ersten Mal seit jenem verhängnisvollen Tag durfte Jessic Ngankam wieder in der Bundesliga Fußball spielen. Wie lange er nicht mehr in einem vollen Stadion gekickt hatte, wusste er später, als er über all das redete, sogar ganz genau.

Einen Tag vor dem Spiel, als abzusehen war, dass er endlich wieder spielen würde, da "habe ich mit meinen Eltern gerechnet", erzählte der 21-Jährige. "Das waren jetzt 273 Tage, die ich weg war. Das ist eine sehr, sehr lange Zeit." Und "keine schöne Zeit", so Ngankam. "Man hat am Wochenende Fußball geguckt, das hat wehgetan, die Jungs spielen zu sehen, denn man wollte mitwirken, durfte aber einfach nicht."

Wer Jessic Ngankam auf seinem Stuhl im Pressekonferenzraum beobachtete, wie er strahlte, wie er sich freute, wieder Fußball spielen zu dürfen, der ahnte, dass das nicht einfach so daher gesagt war. Man sah einen sehr glücklichen Menschen - trotz der 0:2-Niederlage gegen Gladbach. Noch ein bisschen glücklicher als vor einigen Tagen in Regensburg, wo er in einem Testspiel ja bereits seine ersten 15 Minuten sammeln durfte. Allerdings auf einem Trainingsplatz. Am Freitagnachmittag.

Diesmal schauten ihm knapp 14.000 Menschen zu. Kurz nach seiner Einwechslung köpfte der Angreifer eine Flanke nur knapp neben das Tor, auch danach beschäftigte er die gegnerische Defensive immer wieder. "Ich habe mich sehr gut und auch sehr wohl gefühlt", erzählte Ngankam. "Ich hatte ja acht Monate Zeit, an mir zu arbeiten und fitter zu werden." Noch fitter als früher, als er bei der Hertha "oft platt" gewesen war, offenbar nicht immer komplett austrainiert.

"Professioneller geworden"

Überhaupt: die Hertha. Dort war er ein Publikumsliebling, der Berliner Junge, der es aus der eigenen Jugend zu den Profis geschafft hatte, der sogar ein Tor gegen den FC Bayern erzielt hatte. "In Berlin bin ich aufgewachsen, da kannte ich natürlich viel, viel mehr Leute und es war sehr viel los um mich herum", sagte Ngankam. "Hier in Fürth kann man sich auf sich selbst konzentrieren, auf die Mannschaft konzentrieren. Das hat mir sehr viel geholfen, mich weiterzuentwickeln, auch mental - und auch ein Stück weit professioneller zu werden."

Viel habe sich geändert seit seiner Leihe zum Kleeblatt, "mein Leben ist ruhiger geworden". Jessic Ngankam scheint sich wohlzufühlen in Fürth - auch über den Sommer hinaus? "Was ich in Zukunft mache, ist mir gerade noch nicht so bewusst", sagte er. "Ich weiß es nicht."

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