Kleeblatt gegen Dortmund

Fürth empfängt eine Borussia zwischen Müdigkeit und jugendlichem Elan

Fadi Keblawi

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7.5.2022, 06:00 Uhr
Traurige Wandergruppe: Borussia Dortmund schleicht als Zweiter ins Ziel.

© Bernd Thissen, dpa Traurige Wandergruppe: Borussia Dortmund schleicht als Zweiter ins Ziel.

Die Gesamtsituation...

... ist großartig. Ein Erfolg bei der Spielvereinigung in Fürth und Borussia Dortmund ist die Vizemeisterschaft nicht mehr zu nehmen. Wie bitte? Achja, stimmt. Ganz so großartig ist das dann doch alles nicht. Auch in dieser Saison wird der BVB keinen Titel gewinnen, auch in dieser Saison waren die Dortmunder nur sehr vorübergehend dem FC Bayern München ein Herausforderer, den es ernst zu nehmen gilt. Im nächsten Fußballjahr soll alles besser werden, weshalb die Borussia gerade einmal wieder auf Einkaufstour ist.

Die diesjährige Schwäche, so eine der Analysen, hängt auch damit zusammen, dass Trainer Marco Rose zu wenige Marco-Rose-Fußball-Spieler in seiner Mannschaft hat. Gut, vielleicht ist das auch nur die Analyse von Marco Rose. Egal, aus München kommt zum Beispiel der Innenverteidiger Niklas Süle. Es kommen aber auch ein paar gemeine Worte aus München. Dort wurde Uli Hoeneß vom Bayerischen Rundfunk gefragt, ob solche Transfers dafür sorgen könnten, dass Dortmund den Bayern wieder näher rückt. Die Antwort: "Das versuchen sie jetzt zehn Jahre lang. Warum sollen sie es nächstes Jahr schaffen?"

An der Seitenlinie...

...wird auch Rose damit beschäftigt sein, eine Antwort auf die Gegenfrage von Hoeneß zu finden. Auf sehr viele andere Fragen fiel Rose, der aus Mönchengladbach verpflichtet wurde, erstaunlich wenig ein. Bislang 50 Gegentore in der Liga (so viele wie, ähm, Arminia Bielefeld), Pokal-Aus beim FC Sankt Pauli, Vorrunden-Aus in der Champions League - es sind beim BVB schon Trainer für weniger schlimme Dinge entlassen worden. Und natürlich wird längst über Rose diskutiert.

Dessen kleiner Vorteil: Der Verdacht, dass die Mannschaft vielleicht einfach nicht besser ist, erhärtet sich langsam in Dortmund. Trotzdem: Rose bleibt unter Beobachtung - und sollte vielleicht nicht mehr oft solche Dinge sagen wie vor einer Woche über Leipzig und Frankfurt in der Europa League: "Beide machen es hervorragend. Leipzig spielt auch noch im DFB-Pokalfinale. Da gucken wir aus Dortmund schon ein bisschen neidisch rüber. Aber das haben sie sich verdient und erarbeitet. Da muss man auch gönnen können."

Der letzte Auftritt...

...war einer, in dem offenbar Roses Mannschaft glaubte, mal gönnen zu können. Im einzigen Derby der Saison gab es eine krachende 3:4-Heimniederlage - gegen den VFL BOCHUM. Es war ein wildes Spiel, in dem Bochum 2:0 führte, dann Erling Haaland die Dinge in die Hand nahm: Nach dem 3:2 für die Borussia war die Sache eigentlich erledigt, aber eben nur in einer für die Borussia besseren Welt. Der VfL kam tatsächlich noch einmal zurück und durfte nach einem erstaunlichen Endspurt in den letzten zehn Minuten und dem Schlusspfiff im Westfalenstadion den Klassenverbleib feiern.

Die nächste Schmach für den - man muss es ja trotzdem immer wieder betonen - kommenden deutschen Vizemeister. "Fakt ist, dass wir zu viele Gegentore bekommen haben. Fakt ist aber auch, dass wir Personalprobleme haben und irgendwann heute wieder müde geworden sind. Wir machen das weniger zum Thema, aber natürlich spielt das auch eine Rolle“, sagte dazu Rose und hatte die Personalprobleme zum Thema gemacht.

Alle Augen auf...

...natürlich Erling Haaland, der für mindestens ein Jahr nicht mehr in Fürth zu sehen ist, vielleicht auch nie mehr, weil Haaland ja jederzeit in jede Liga der Welt wechseln könnte. Etwas länger in Dortmund könnte ein anderer bleiben. Jamie Bynoe-Gittens ist 17 Jahre jung, in London geboren und wurde beim FC Reading und bei Manchester Citty ausgebildet.

Seit dem Sommer 2020 kickt er in Dortmund, weil dort gerne mal englische Fußballspieler eine Weltkarriere starten. Gegen Bochum gab der Offensivspieler sein Startelfdebüt bei den Profis und überzeugte. Da konnte selbst Rose mal wieder lobende Worte aussprechen: "Er zeigt Dinge, die uns so fehlen und die wir so gar nicht im Kader haben. Das ist ein richtiges Eins-gegen-Eins auf dem Flügel mit Tempo." In Fürth, hat Marco Rose verkündet, wird das Talent aber nicht dabei sein, sondern der U19 helfen.

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