Streit, Drama, Spektakel: Höchstadt schießt Riessersee aus den Playoffs

28.3.2021, 19:06 Uhr
Die Höchstadt Alligators stehen im Playoff-Halbfinale.

© Thomas Hahn, ©Thomas Hahn Die Höchstadt Alligators stehen im Playoff-Halbfinale.

Auch in der Eishockey-Oberliga ist es spätestens zu den Playoffs mit den Nettigkeiten meist vorbei. Auf dem Eis wird mit härteren Bandagen gekämpft, neben dem Eis wird gestichelt. Der Höchstadter EC schrieb etwa vor dem Viertelfinale gegen den SC Riessersee auf seiner Facebook-Seite, der Vergleich zwischen dem dreimaligen bayerischen und dem zehnfachen deutschen Meister sei wie das Duell "Stammtisch gegen Luxushotel". Bei den Garmisch-Partenkirchenern kam dieser Vergleich nicht gut an, sie revanchierten sich, indem sie bei der zweiten Partie zum Einlaufen der Höchstadt Alligators das Lied "Schnappi, das kleine Krokodil" einspielten.

Ganz normales Playoff-Geplänkel, das am Sonntag vor dem dritten Duell allerdings doch etwas eskalierte. Im Mittelpunkt stand dabei Lukas Meyer, ehemaliger Spieler des HEC und ehrenamtlicher Kommentator bei den Internet-Übertragungen der Höchstadter Oberliga-Partien auf SpradeTV. Aufgrund seiner emotionalen, manchmal lauten Art zu kommentieren ist Meyer vor allem bei einigen Gästefans schon länger umstritten. Auch beim SC Riessersee hat man an seinem Stil offenbar keinen Gefallen gefunden.


So überträgt der HEC seine Partien auf Sprade TV


"Trotz zahlreicher Bemühungen, von unserer Seite, von SpradeTV und sogar vom DEB wird die SpradeTV-Übertragung heute Abend in Höchstadt im gewohnt fragwürdigen Rahmen stattfinden. Daher muss jeder heute selber entscheiden, ob er unsere Jungs heute Abend über SpradeTV oder doch lieber über unseren Fan-Liveticker in unserer SCR-App unterstützen möchte", teilte der SCR vor dem dritten Playoff-Spiel auf Facebook mit. Gleichzeitig legte der Verein seinen Fans nahe, sollten sie sich für den Liveticker entscheiden, könnten sie die acht Euro für die Übertragung doch auch dem Riesserseer Nachwuchs spenden.

Der HEC reagiert scharf

Das war zwar theoretisch kein direkter Aufruf, die SpradeTV-Übertragungen des HEC zu boykottieren, praktisch kam es aber einem gleich. In einer Zeit, in der die Oberliga-Vereine dringend auf die Einnahmen aus den Internet-Übertragungen angewiesen sind, ein beispielloser Vorgang. Zumal es sich beim ehemaligen DEL2-Teilnehmer Riessersee um den finanzstärkeren Verein handelt. Entsprechend scharf fiel die Reaktion des Höchstadter EC aus: "Nach einem Jahr, in dem die Vereine gemeinsam dafür gekämpft haben, dass die Spiele der Oberliga stattfinden können und alle diese Zeit finanziell überstehen, haben wir für so etwas absolut kein Verständnis", teilte Pressesprecherin Caroline Hauke mit.


Wieder 5:4! So schlug Höchstadt Riessersee erneut


Doch das Drama im Vorfeld war nichts im Vergleich zu dem, das sich dann auf dem Eis abspielte. Die beiden ersten Partien der Teams waren jeweils ein offener Schlagabtausch - und auch Playoff-Spiel Nummer drei begann als solcher. Zum ersten Mal in der Serie überhaupt ging der SC Riessersee in Führung und das schon nach knapp einer Minute. Verteidiger Andreas Eckl war der Torschütze (1:11). Doch Höchstadt konnte durch den zuletzt formstarken Michail Guft-Sokolov schnell ausgleichen (2:54).

In der Folge konnte der HEC zwei Überzahl-Situationen nicht nutzen. Stattdessen gingen die Gäste mitten in einer Drangphase der Alligators in Führung: Arkiomaa traf im ersten Powerplay der Garmisch-Partenkirchner (14:19).

Der SCR dreht auf

Im zweiten Durchgang drehte der SCR endgültig auf: Tobias Kircher traf zum 3:1. Im zweiten Powerplay der Partie trafen die Gäste anschließend zum zweiten Mal. Die Alligators brachten den Puck vor dem eigenen Tor nicht unter Kontrolle, Florian Vollmer staubte ab (28:53).


So lief die erste Partie zwischen Höchstadt und Riessersee


Mit einem Drehschuss von Milan Kostourek - den Anschlusstreffer zum 2:4 - sendete der HEC ein erstes Lebenszeichen (30:55). Von nun an waren die Alligators am Drücker, Trainer Mikhail Nemirovsky hatte seine erste Reihe umgestellt. Jiri Mikesz nahm dort nun den Part in der Mitte von Maxim Kryvorutskyy ein. und sie schlossen weiter auf: Verteidiger Martin Kokes spielte den Puck von der Blauen Linie, wo Kostourek ihn ins Tor trug (35:45). Kircher konterte keine 30 Sekunden später mit dem 5:3 aus Sicht des SCR.

Das Momentum wechselt im Minutentakt

Der letzte Durchgang begann harmlos, entwickelte sich aber zum dramatischsten der ganzen Serie: Jakob Fardoe traf zum 4:5 (48:20) - und von da an wechselte das Momentum in der Partie im MInutentakt.

Eine Doppelchance des SC Riessersee parierte HEC-Goalie Benjamin Dirksen, dann traf im Gegenzug Fardoe an den Außenpfosten.

Achteinhalb Minuten vor dem Ende checkte Ulrich Maurer Kostourek in die Bande und dabei gegen den Kopf. Die Blutspritzer auf dem Eis musste anschließend der Eismeister wegwischen, Maurer wurde mit einer Spieldauerstrafe vom Eis geschickt. Fünf Minuten zusätzliches Powerplay, davon knapp eine Minute in doppelter Überzahl bedeutete das für den HEC. Für Kostourek ging es später weiter. Und schon nach 40 Sekunden Minuten machte Dimitri Litesov den Wahnsinn dieses Spiels komplett und traf per Direktabnahme zum Ausgleich (52:06).

Immer emotionaler

Die vier Minuten verbleibendes Powerplay nahm sich der HEC selbst weg: Erst musste Niklas Jentsch wegen Stockchecks, dann Martin Kokes wegen Behinderung vom Eis. Plötzlich hatte Riessersee eine 4:3-Überzahl, in der allerdings auch kein Tor fiel. Das Spiel ging in die Verlängerung - und in der nahm Anton Seewald Maß und schoss den HEC ins Halbfinale

Und Lukas Meyer? Der versuchte sich beim Kommentieren anfangs merklich zu zügeln. "Wir nehmen die Kritik an", hatte Pressesprecherin Hauke im Vorfeld mitgeteilt, sich aber auch klar hinter ihren Kommentator gestellt. Im Verlauf wurde Meyer aber wieder emotionaler ("Junge, Junge, Junge"). Das Spiel, ein wahres Playoff-Spektakel, bot dafür aber auch jeden Anlass. Danach hatte sich die Hitzigkeit aber gelegt. Die Spieler klatschten sich ab – und selbst der SC Riessersee gratulierte höflich auf Facebook.

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