Taekwondaka Sümeyye Manz visiert Medaille an

25.7.2012, 07:00 Uhr
Taekwondaka Sümeyye Manz visiert Medaille an

© Sportfoto Zink

2008 in Peking war das, Sümeyye Manz, geborene Gülec, kann sich noch heute ganz genau an den Moment erinnern, in dem sie, die kleine, zierliche Kämpferin, und der 2,13 Meter große Riese gemeinsam für ein Erinnerungsfoto posierten. Nur findet sie das Souvenir nicht mehr. Ein bisschen bezeichnend ist das schon, denn etwas anderes als diese Erinnerung brachte die 22-Jährige nicht mit aus Asien.

Jener Schnappschuss war mehr oder weniger der einzige Volltreffer, den Manz bei ihren ersten Olympischen Spielen vor vier Jahren landen konnte. Was ihre eigene Leistung anging, kam das Großereignis in China eher einem Desaster gleich. „Als es nach Peking ging, war ich schon aufgeregt, wegen der Einkleidung. Es war alles neu für mich. Nun weiß ich, was alles auf mich zukommt“, setzt die Nürnbergerin, die mittlerweile in Friedrichshafen wohnt, vier Jahre später auch auf den Faktor Erfahrung.

Noch mehr zu schaffen als das Einkleiden machte ihr aber das Drumherum in der Halle in Peking. Auf der Fläche fehlte ihr die Orientierung. Als Manz sich halbwegs zurecht fand, war alles schon vorbei. Körperlich auf der Höhe, den eigenen Kopf aber nicht im Griff, verlief der Wettkampf für sie höchst enttäuschend. „Eigentlich ist sie cool“, wundert sich selbst Sümeyyes Mann Daniel Manz, auch ein Taekwondoka, immer noch über den damaligen Aussetzer. Gleich nach dem ersten Kampf war Schluss.

In London soll das alles anders werden. In Venezuela und Kuba bereitete sich die Mutter eines dreijährigen Sohnes auf Olympia vor. Momente während des Kampfes, in denen sie einen kühlen Kopf vor ihr Temperament stellen muss, wurden simuliert. Autogenes Training, psychologische Hilfe oder Ähnliches zog sie aber nicht zu Rate. „Es gibt schon Methoden, aber ich mache das nicht“, sagt Manz. „Ich glaube nicht, dass man Nervenbehalten trainieren kann.“ Sich selbst kontrollieren steht an oberster Stelle. Ihr sportliches Können steht außer Zweifel, was unter anderem ihr Europameistertitel von 2008, zwei Bronzemedaillen bei Weltmeisterschaften und ein Sieg bei den US-Open 2007 und sogar 16 deutsche Meistertitel unterstreichen.

„Kopf und Körper müssen zusammenpassen“

Sie fühlt sich bereit, sie wirkt entschlossen, und sie verfolgt ein großes Ziel. „Im Kampfstil habe ich mich im Vergleich zu Peking verbessert. Ich zähle schon die Tage. Ich erwarte eine Medaille, und ich weiß, dass ich das kann. Ich hoffe jeden Tag, dass Kopf und Körper an diesem Tag zusammenpassen.“ Dieser Tag ist Mittwoch, der 8. August, an dem in Manz’ Gewichtsklasse unter 49 Kilogramm das komplette Programm mit insgesamt 16 Starterinnen abgewickelt wird. Von der Vorrunde bis zu den Medaillenkämpfen entscheidet sich alles innerhalb von wenigen Stunden. Ein Tag, an dem alles passen, an dem die junge Mutter aber auch auf einiges verzichten muss.

Ihr Sohn Aurelio Kaan wird nicht in ihrer Nähe sein können, wenn sie in der englischen Hauptstadt antritt. Dennoch sog auch der Junior alles auf, was in der Vorbereitung so passierte. Vor allem ein Wort hat es ihm angetan. „Der Kleine sagt immer ‚Olympia, Olympia’“, erzählt Manz von der kindlichen Begeisterung ihres Sprösslings. Ihr Vater ist sich der Bedeutung des großen Sportereignisses freilich bewusster als ihr Sohn. Deswegen verlangt er nicht weniger als eine Medaille von seiner Tochter. „Mein Papa unterstützt mich voll. Was für ihn zählt, ist eine Olympia-Medaille. Er findet, das gehört dazu. Ich habe ihn angefleht, dass er mit nach London kommt, damit ich nicht alleine bin“, möchte Sümeyye, die ein ausgesprochener Familienmensch ist, nicht ohne Unterstützung aus dem Elternhaus zu ihrer großen Aufgabe aufbrechen.

Enge, familiäre Verbundenheit verwundert nicht bei einer jungen Frau, die den Kampfsport aus Korea, der für Fußtechnik (Tae), Handtechnik (Kwon) und Kunst (Do) steht, bei ihrem Onkel Özer im Verein Taekwondo Özer in der Findelwiesengasse in der Nürnberger Südstadt erlernte. Gerade fünf Jahre war sie alt, als sie mit dem Sport begann, der über die Jahre zu ihrer Leidenschaft wurde. Heute ist ihr Onkel immer noch ihr Mentor.

Neben olympischem Edelmetall steht in London aber noch ein anderer Punkt auf dem Wunschzettel der Kämpferin. Ein Foto mit Neymar, dem Jungstar des brasilianischen Fußballs, soll es dieses Mal werden. So hoch wie bei Nowitzki wird sie nicht springen müssen, falls sie den Kicker tatsächlich vor die Linse bekommen sollte. Und vielleicht lässt sich das Foto in der Vitrine auch mit einer Medaille schmücken – dann kommt es nicht so leicht abhanden.

Die Medaille für diese Vitrine kann Manz am Mittwoch, 8. August gewinnen. Um 10 Uhr beginnen die Taekwando-Wettkämpfe, der Final-Kampf startet um 23.15 Uhr.

Verwandte Themen


Keine Kommentare