Tränen beim FCN: Mathenia leidet Derby-Qualen
23.3.2021, 05:49 UhrDass Christian Mathenia ein extrem emotionaler Mensch sein kann, weiß man spätestens seit dem Relegationsdrama in Ingolstadt. Der hemmungslos weinende Torhüter des 1. FC Nürnberg illustrierte damals perfekt jenes Gefühlschaos, das der Journalist und Buchautor Oliver Fritsch als fußballerische "Nahtoderfahrung" beschreiben sollte.
Tantalus und Hämmer-Faust
Am Sonntag ging es zwar (noch) nicht um solch fast spirituelle Grenzerfahrungen, Mathenia aber durchlitt für alle sichtbar Tantalusqualen. Als das 268. Frankenderby abgepfiffen war, schrie er seinen Frust in die Welt hinaus, hämmerte mit der Faust gegen den linken Pfosten und stapfte schließlich mit Tränen in den Augen vom Rasen. Der Torwart als Symbolfigur für das aus Nürnberger Sicht diesmal tragische Ende eines packenden Fußballspiels.
Auch am Tag danach hatte Mathenia seinen Seelenfrieden längst nicht wiedergefunden. In der Nacht kaum geschlafen habe er, gestand der 28-
Jährige, "das Spiel ging mir einfach nicht aus dem Kopf, man denkt über viele Situationen nach." Vor allem über jene in der 93. Minute, als Fürths Dickson Abiama zu zögerliches Abwehrverhalten mit dem 2:2 bestraft und dem Club in letzter Sekunde den Derbysieg entrissen hatte.
"Bei den Gegentoren waren wir in der Mannverteidigung in der Box nicht gut, das müssen wir uns ankreiden lassen", räumte Mathenia ein. Schon beim frühen 0:1 hatte die Viererkette kollektiv gepatzt: Linksverteidiger Tim Handwerker ließ Marco Meyerhöfer ungestört flanken, in der Mitte fühlten sich weder Lukas Mühl noch Asger Sörensen für irgendetwas zuständig, Rechtsverteidiger Enrico Valentini schließlich verlor das Luftduell mit Havard Nielsen.
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Die fehlende Club-Balance
"Es sind manchmal Kleinigkeiten, die an so einem Tag entscheidend sind. Daran müssen wir weiter arbeiten", mahnte Mathenia und verwies trotzig darauf, dass man es dafür "ja offensiv gut gemacht" habe. Was zwar stimmt, aber eben auch das Nürnberger Grundproblem dieser Saison beschreibt: Entweder es hakt hinten oder es hakt vorne. Einen furiosen Offensivvortrag kombiniert mit einer über 90 Minuten konzentrierten Defensivleistung gab es bislang nur selten zu erleben.
Dass es diesmal zumindest im Angriff lief, hatte auch viel mit dem imponierenden Startelfdebüt von Erik Shuranov zu tun. "Seine Unbekümmertheit hat uns sehr gut getan", befand Mathenia, das 19-jährige Sturmtalent habe im Training "richtig abgeliefert" und sich so den Einsatz verdient. Trainer Robert Klauß schätzte das Eigengewächs zudem als besonders Fürth-kompatibel ein: "Ich dachte mir, als echter Cluberer weiß er, wie man so ein Derby spielt."
"Wir wollten einfach nur..."
Wie man so ein Derby spielt, schienen diesmal aber auch die erfahreneren Kollegen zu wissen. "In der ganzen Mannschaft war von Anfang an große Leidenschaft und Emotionalität erkennbar", betonte Mathenia. Was zwangsläufig zur Frage führen muss, warum sie diesen Biss nicht auch schon gegen Braunschweig oder Osnabrück auf den Platz gebracht hatte. Ihr Torwart glaubt, dass in diesen Spielen "die Erwartungshaltung, die wir uns in der Kabine natürlich auch selbst auferlegen, und der Druck auf die Mannschaft eben relativ groß war". Diesmal sei "der Kopf freier gewesen, wir wollten einfach nur für diese Stadt und diesen Verein den Derbysieg holen".
Emotionale Schlaflosigkeit
Dass es dafür am Ende nicht ganz gereicht hat, sei "brutal enttäuschend", dennoch hofft Mathenia, "dass wir das Selbstvertrauen, das wir zumindest 92 Minuten lang getankt haben, mitnehmen können". Zunächst aber bietet die Länderspielpause eine willkommene Gelegenheit, nach schwierigen Wochen etwas durchzuschnaufen und den Kopf freizubekommen. "Gerade so ein emotionales Spiel wird sicher noch ein paar Tage nachwirken", ahnt Mathenia. Unruhige Nächte inklusive.
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