Nürnberger Ringer verpasst Olympia wegen Corona

19.5.2021, 06:00 Uhr
Der Traum von Olympia ist geplatzt: Roland Schwarz (rechts) verpasst Tokio.  

© EIBNER/Nikola Krstic via www.imago-images.de, NN Der Traum von Olympia ist geplatzt: Roland Schwarz (rechts) verpasst Tokio.  

Auf einmal war da dieses komische Gefühl. Roland Schwarz dachte nicht an Corona, an dieses kleine Virus, das er schon mehr als ein Jahr lang so gut es ging ausgeblendet hatte. Das komische Gefühl, dachte er, kommt sicher vom Gewichtmachen, er musste ja innerhalb kurzer Zeit acht Kilogramm abnehmen, um bereit zu sein für die Olympia-Qualifikation in Sofia. "Ich habe wenig getrunken", erzählt Schwarz - ganz normal in der Wettkampfvorbereitung, als Ringer ist er es gewohnt, immer wieder an seine körperlichen Grenzen zu gehen.

"In der Nacht danach hat es mich aber komplett zerlegt", erinnert sich der 24-Jährige. Er bekam Fieber, hatte starke Gliederschmerzen - und rief am Morgen danach erst den Bundestrainer und dann seinen Arzt an. Ein paar Stunden später wusste er, dass sein Traum geplatzt war. Corona. Sechs Buchstaben, die alles vernichteten, wofür er seit Monaten gearbeitet hatte. "Ich habe alles, was in meiner Macht steht und noch mehr getan", sagt Schwarz, "und dann stecke ich mich zwei Tage vor dem Abflug an."

"Form meines Lebens"

Schon im vergangenen Jahr machte das Virus einen dicken Strich durch seinen Plan. "Ich war vor der Qualifikation 2020 in der Form meines Lebens", sagt Schwarz, "und dann wurde alles wegen Corona abgesagt." Doch er machte weiter, arbeitete hart an sich, trainierte mehrere Monate mit Weltklasse-Athleten in Russland, wo sein Vater Jugend-Nationaltrainer ist. Im November holte er bei der WM die Bronzemedaille, die Olympischen Spiele seien, sagte er danach dieser Zeitung, "natürlich ein Traum, aber ein realistischer".


Warum Ringer Roland Schwarz in Russland trainiert


Roland Schwarz verlangte seinem Körper in dieser Zeit alles ab, er ging immer wieder über Grenzen - bis der Körper streikte und einfach nicht mehr wollte. Sein Bein fühlte sich immer wieder steif an, wird nur ein eingeklemmter Nerv sein, dachte er sich. "Ich wollte nicht die Gewissheit haben, dass es etwas Schlimmeres ist", erzählt Schwarz. Doch der Arzt der Nationalmannschaft diagnostizierte einen Bandscheibenvorfall, dann ging alles ganz schnell. MRT, OP, Reha, "nach drei Tagen saß ich schon wieder auf dem Fahrrad", er hatte schließlich diesen Traum von Tokio.

Doch im Verband glaubte niemand mehr, dass er fit werden würde, um sich für Olympia zu qualifizieren. Auf die Matte konnte er nicht, dafür musste er im Hintergrund einige Kämpfe führen, am Ende wurde er doch für das Ausscheidungsturnier nominiert. Dann kam Corona. Der Flieger nach Sofia hob ohne ihn ab, stattdessen verbrachte Roland Schwarz zuletzt knapp zwei Wochen daheim, in der Nürnberger Südstadt. Quarantäne statt Qualifikation.

Nach den vielen Monaten auf Reise, ohne Zeit zum Durchatmen, konnte er zum ersten Mal wieder Runterkommen und sich um Dinge kümmern, die zuletzt zu kurz kamen. Neben dem Sport studiert er an der Friedrich-Alexander-Universität ja noch International Business Studies, allein vom Ringen kann in Deutschland schließlich niemand leben.

Inzwischen ist Roland Schwarz genesen, seit Montag darf er wieder raus. "Ich habe den letzten Rückschlag gut verdaut", sagt er, "es bringt nichts, sich über Dinge aufzuregen, die ich nicht beeinflussen kann. Ich habe gelernt, damit umzugehen." Der Rückschlag, glaubt er, hat ihn noch stärker gemacht. Im Oktober steht schon die Weltmeisterschaft in Oslo an - und in drei Jahren treffen sich die besten Sportler der Welt zu den nächsten Olympischen Spielen in Paris. Roland Schwarz wäre dann 28 - im besten Alter also.

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