Mit 77 Jahren gestorben

Verlässlich, eloquent, kompetent: Trauer um Ex-kicker-Chef Holzschuh

7.10.2021, 14:39 Uhr
"Ich war ein Glückskind": Rainer Holzschuh ist im Alter von 77 Jahren gestorben.   

© Felix Hörhager, dpa "Ich war ein Glückskind": Rainer Holzschuh ist im Alter von 77 Jahren gestorben.  

Beim Fußball, sagte Rainer Holzschuh, gibt’s kein "Sie", also duzten wir uns seit jenem denkwürdigen Tag, an dem wir gemeinsam gegen die deutsche Nationalmannschaft spielten – gegen die der Schriftsteller, betreut von Hans Meyer. Rainer Holzschuh war der Libero der Elf der Deutschen Fußball-Akademie, er war schon über 60 Jahre alt, glänzte mit Umsicht und ordnete sich ganz dem Team unter. Die Niederlage trug er mit Humor.

Es gibt viele Bilder, die Rainer Holzschuh mit dem größten Libero aller Zeiten zeigen. Holzschuh war ja fast so berühmt wie Franz Beckenbauer, er gehörte zu den markantesten Gesichtern des Fußballs – als Journalist, als Pressechef des Deutschen Fußball-Bundes (1983 bis 1988) und, ganz besonders, als Chefredakteur und später als Herausgeber des Fachmagazins kicker.

Belesen und eloquent

Er war ein weltweit gefragter Experte, der wunderbar ins Fernsehen passte, groß, schlank, graumeliert – und eloquent. Aber wer Holzschuh abseits der großen Bühne erlebte, lernte vor allem einen charmanten, geistreichen und belesenen Mann kennen, der sich gerne mit Menschen austauschte. Wie weit sein Blick über das Spielfeld hinausreichte, erfuhr ein angeregtes Publikum auch an der Erlanger Volkshochschule, wo er davon erzählte, wie sehr ihn Fußball als Gesellschaftsspiel fasziniert.

Geboren am 17. Juni 1944 in Bad Kissingen, studierte Holzschuh Rechtswissenschaften in München und Regensburg, er wäre auch ein guter Richter gewesen oder ein Anwalt, dem man sich gerne anvertraut hätte. Aber der Student Holzschuh schrieb nebenbei über Fußball – weil er dabei, so erzählte er es, nicht viel verkehrt machte, bot ihm die Augsburger Allgemeine an, Sportredakteur zu werden.

Ein halbes Jahrhundert kicker

Ein Jahr später, 1971, wechselte Holzschuh zum kicker, den er fast ein halbes Jahrhundert lang prägen sollte, Herausgeber war er bis Ende 2020. Zu sagen, dass er nicht viel verkehrt machte, wäre stark untertrieben. Als Nachfolger des legendären Karl-Heinz Heimann verstand es der Chefredakteur Holzschuh, den kicker als verlässliches Fachmagazin in die digitale Zukunft zu führen, unter der Leitung des "technisch limitierten Neugierigen" (wie er sich nannte) entwickelte das Magazin seinen heute führenden Online-Auftritt. Er war dabei der Teamspieler, der er beim Match gegen Hans Meyers Dichter war

"Ich bin ein Glückskind und war oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort", hat er einmal gesagt – ganz so, wie es Beckenbauer gern sagte. In der Nacht zum Donnerstag ist Rainer Holzschuh im Alter von 77 Jahren gestorben. "Rainer Holzschuh hat über Jahrzehnte hinweg als Gesicht des kicker die Sportmedienlandschaft mitgeprägt. Sein Wirken wird noch lange sichtbar bleiben", sagte Bärbel Schnell, Geschäftsführerin des Olympia-Verlags. Er wird fehlen, seiner Familie, seinen Enkelkindern, dem Fußball, dem Journalismus. Das "Du" war eine Ehre.

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