Paralympics

Warum Fürth ein Wintersportort ist

20.4.2021, 09:25 Uhr
Mauritz Trautner (rechts) in seinem Element: Als Trainer der Para-Ski-Nationalmannschaft erklärt er seinen Athleten am Hang, was er von ihnen gleich erwartet. Ende April geht es noch einmal für eine Woche nach Südtirol, um den letzten Schnee des Jahres zu nutzen.

© privat, NN Mauritz Trautner (rechts) in seinem Element: Als Trainer der Para-Ski-Nationalmannschaft erklärt er seinen Athleten am Hang, was er von ihnen gleich erwartet. Ende April geht es noch einmal für eine Woche nach Südtirol, um den letzten Schnee des Jahres zu nutzen.

Nicht wenige leidenschaftliche Wintersportler dürften in den vergangenen Wochen und Monaten wehmütig Panoramabilder mit tief verschneiten Bergen oder Übertragungen von Ski-Rennen im Fernsehen angeschaut haben.


Skitourengehen boomt dank Corona


Corona-bedingt durften sich die meisten in diesem Winter nicht die Pisten hinabstürzen, die Grenzen zu den beliebten Skigebieten in Österreich, Italien, der Schweiz oder Frankreich waren dicht. Doch nicht für Mauritz Trautner. Der gebürtige Rother und Wahl-Fürther war beinahe den gesamten Winter in den Bergen auf Skiern unterwegs. Nicht zu seinem Privatvergnügen allerdings.

Der 26-Jährige ist seit zwei Jahren Mitglied im hauptamtlichen Stab der deutschen Para-Ski-Nationalmannschaft und Co-Trainer von Bundestrainer Justus Wolf. Und der A-Kader der deutschen Para-Skifahrer zählt zu den Berufssportlern, weshalb Athleten und Trainer ihrem Sport auch im Corona-Winter nachgehen durften. Die Weltcup-Saison ist vor ein paar Wochen zu Ende gegangen, und Mauritz Trautner musste erst einmal durchschnaufen.

"Wir sind alle glücklich und dankbar, dass wir die Saison absolvieren konnten, das sehe ich schon als Privileg", sagt Trautner. Allen voran der Deutsche Behindertensportverband hatte sich dafür eingesetzt, dass zumindest der A-Kader am Weltcup mit Stationen in Österreich, Italien und der Schweiz teilnehmen durfte.

Kurioser Lehrgang in Südtirol

Was allerdings mit großem organisatorischen Aufwand verbunden war, teilweise wurden extra die Liftanlagen für die Nationalmannschaften geöffnet. Für die Teams selbst waren Pendlerbescheinigungen sowie Einladungen der jeweiligen nationalen Verbände und Veranstalter nötig, um Grenzen passieren zu dürfen. Zudem war kurzfristiges Handeln gefragt, selbst mittelfristige Planungen waren angesichts schwankender Inzidenzen und unterschiedlicher Vorgaben nicht möglich.

"Überall gab es andere Vorgaben, im einen Hotel haben wir was zu Essen bekommen, im anderen nicht", berichtet Trautner. Kurios sei es bei einem Lehrgang in Südtirol zugegangen. "Wir waren auf der Piste, als die Nachricht kam, dass das Skigebiet auf Anordnung der Behörden wegen steigender Corona-Zahlen sofort geschlossen werden muss und wir umgehend abreisen sollen. Also haben wir unser Material eingesammelt und sind am nächsten Morgen nach Saas-Fee weitergereist."

Jenen Wintersportort in der Schweiz also, der nur unweit der italienischen Grenze liegt. "In Italien waren die Straßen wie leergefegt, ein paar Kilometer weiter in der Schweiz waren die Geschäfte geöffnet und alles war fast wie immer", erzählt Trautner. Gleich blieb aber im deutschen Team die Ernsthaftigkeit im Umgang mit Corona. Denn manche Para-Sportler zählen, je nach Art ihrer Behinderung, zur Risikogruppe.

"Wir sind nicht einfach raus in die Welt und haben unseren Sport gemacht. Wir haben immer in unserer Bubble gelebt, haben uns penibel an die Vorgaben und Hygienekonzepte gehalten und sind laufend getestet worden. Ich stehe ungefähr bei Test 85", sagt Trautner, "wir haben unseren Teil dazu beigetragen, dass es funktioniert."

Trautners Test war positiv

Etwas erstaunt ist er aber doch, dass es im deutschen Team – im Gegensatz zu anderen Nationen – den Winter über keinen einzigen positiven Test gegeben hatte. Also fast keinen. "Ausgerechnet bei mir war einer mal positiv, aber das hat sich im Nachhinein als falsch herausgestellt", sagt Trautner und muss dabei schmunzeln.

Obwohl die Saison also alles in allem gut verlaufen sei, macht er sich schon auch Gedanken. Denn für den Nachwuchs war in diesem Winter so gut wie gar nichts möglich. "Ich befürchte, viele junge Leute – egal in welcher Sportart – werden sich an ein Leben ohne Sport gewöhnen, die verlieren wir momentan."

Keine schöne Vorstellung für den ehemaligen Mitarbeiter einer Steuerkanzlei, der selbst als junger und ambitionierter Skifahrer dem Auswahlkader angehörte, den Sprung in den Profibereich aber verpasste. Und der noch immer, wenn es die Zeit zulässt, beim Kreisklassisten TV Eckersmühlen kickt. Bei der TSG 08 Roth oder dem SC 04 Schwabach gelang ihm das früher auf Bezirksebene.

2018 kam Mauritz Trautner über seinen Vater zum Trainerstab der Deutschen Para-Skinationalmannschaft. Thomas Trautner gehört diesem seit einigen Jahren nebenberuflich an, war beispielsweise 2018 bei den Paralympischen Spielen in Pyeongchang/Südkorea dabei.

Im Duo mit dem Vater

Damals wurde ein Fahrer für den Teambus gesucht, Mauritz Trautner setzte sich hinter den Lenker. Was er immer noch macht, inzwischen aber eben als hauptamtlicher Co-Trainer mit Trainer-C-Lizenz, an weiteren Lizenzen arbeitet er gerade. Bei seinen Eltern in Roth ist er immer noch häufig, den Wohnort hat er unlängst von Nürnberg nach Fürth verlegt.


100 Jahre Wintersportabteilung des TV Fürth 1860


Ein Nachteil als Trainer im Bereich Ski Alpin? "Überhaupt nicht, bei Lehrgängen oder Weltcups bin ich eh unterwegs. Und ich habe hier für Athleten auch gute Trainingsmöglichkeiten", sagt Trautner mit Verweis auf den Olympiastützpunkt Nürnberg. Nach Absprachen können die Behindertensportler auch Sportstätten wie die Halle des LAC Quelle Fürth oder an der Bertolt-Brecht-Schule Nürnberg als Eliteschule des Sports nutzen.

Was vermehrt in den wärmeren Monaten der Fall sein wird, immerhin stehen im Winter 2021/22 Großereignisse an. Die im vergangenen Winter abgesagte Weltmeisterschaft der Para-Skifahrer in Lillehammer/Norwegen soll dann nachgeholt werden, zudem wartet im März 2022 der Höhepunkt Paralympics in Peking. Läuft alles nach Plan, reisen das Vater-Sohn-Trainer-Duo Mauritz und Thomas Trautner gemeinsam nach China zu den Weltspielen der Behindertensportler.

Für Mauritz Trautner wird es aber nicht so lange dauern, ehe er wieder auf Skiern steht. Zum Abschluss der Corona-Saison 2020/21 ist Ende April noch ein Lehrgang mit dem A-Kader in Sulden/Südtirol geplant. "Dort passt der Schnee noch", sagt Mauritz Trautner. Wintersportler werden es wehmütig vernehmen.

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