Wenn Ameisen turnen - ATV Frankonia feiert 125. Geburtstag

18.5.2012, 14:54 Uhr
Wenn Ameisen turnen - ATV Frankonia feiert 125. Geburtstag

© Sportfoto Zink

„Wie komme ich denn hier wieder runter?“, fragt ein Dritter ängstlich. Der zierliche Junge ist auf den hohen Sprungkasten geklettert und blickt nun skeptisch auf die blaue Matte unter ihm. „Na so, wie du auch raufgekommen bist“, antwortet der Lehrer und grinst.

Seine sieben Schützlinge wuseln lärmend durch den Saal. Nikolaus Röhrer, den alle nur Niki nennen, klatscht in die Hände und schart die Kinder um sich, um den Kurs zu beginnen. „Macht mal alle wie die Marienkäfer“, weist der 37-jährige Diplom-Sportwissenschaftler die kleinen Turner an. Sie legen sich auf den Rücken und zappeln wild mit Armen und Beinen. Mitten in der strampelnden Menge ruht einer der Jungs mit ausgestreckten Armen auf dem Boden. „Mein Marienkäfer ist tot“, sagt er und gluckst. Die anderen kichern mit. „Heute sind wir alle Ameisen“, erklärt Niki das Tagesprogramm und holt aus einem großen Plastiksack prall aufgeblasene Luftballons.

Die Szene erinnert fast ein wenig an einen Kindergeburtstag. Und das ist auch gut so, denn was hier praktiziert wird, ist kein starres körperliches Übungsprogramm, sondern eine Stunde voller Freude und Lust an der Bewegung. Die drei- bis vierjährigen Kinder sind Mitglieder des ATV Frankonia und treffen sich ein Mal pro Woche im Rahmen der KiSS – der Kindersportschule. Das Konzept sieht vor, schon den Kleinsten Spaß am Sport zu vermitteln und eine sportartenübergreifende Grundausbildung zu bieten. Die sieben Kinder gehören zur KISS-Stufe 1, das sind die Jüngsten. Heute absolvieren sie einen Parcours aus Matten, Bänken und Sprungkästen an. Emsig wie Ameisen transportieren sie ihren Luftballon über die Geräte und schlagen Purzelbäume mit dem Ballon zwischen den Knien.

Wenn Ameisen turnen - ATV Frankonia feiert 125. Geburtstag

Vermutlich ist dabei keinem der Knirpse bewusst, welch altehrwürdigem Verein sie angehören. Dieses Jahr feiert der ATV Frankonia nämlich schon sein 125-jähriges Bestehen.

Am Anfang stand ein Männerturnverein

Begonnen hatte alles mit dem Männerturnverein Nürnberg (MTV), der sich nach seiner Gründung 1887 schnell zu einem der größten Vereine des deutschen Kaiserreichs entwickelte – und international erfolgreiche Sportler hervorbrachte. Die MTV-Turnerin Friedl Iby zum Beispiel war in den 1930er Jahren mehrfach deutsche Turnmeisterin und gewann mit der deutschen Damenturnmannschaft Gold bei den Olympischen Spielen 1936. Nach einer Fusion mit dem TV Leonhard-Sündersbühl, der seine Sportanlagen an der Wallensteinstraße einbrachte, wurde daraus der Allgemeine Turnverein (ATV) Nürnberg. Das „Frankonia“ im heutigen Namen stammt von der Nürnberger Sportvereinigung (SV) Frankonia, aus der vor allem im Fußball bekannte Talente hervorgingen, wie der ehemalige Cluberer Manfred Drexler.

Wenn Ameisen turnen - ATV Frankonia feiert 125. Geburtstag

Trotz sportlicher Erfolge litten beide Vereine Ende des vergangenen Jahrtausends unter sinkenden Mitgliederzahlen und finanziellen Problemen. Die zahlreichen Sportanlagen konnten nicht mehr finanziert werden. „Damals schwebte das Damoklesschwert ziemlich bedrohlich vor allem über dem ATV“, erinnert sich der heutige Vorsitzende Jörg Ammon (siehe auch „Frag-würdig“). Zwei Jahre lang verhandelten die Vorstände von ATV und SV Frankonia, bis sie schließlich 2004 zum ATV Frankonia Nürnberg verschmolzen. Heute hat sich der ATV Frankonia als finanziell gesunder Verein mit einem breiten Sportangebot etabliert.

1800 Mitglieder zählt er inzwischen – seit der Fusion haben sich die Zahlen um 40 Prozent erhöht. Deshalb kann der Verein auch seine Sportstätten wieder vergrößern. Nach der Sanierung aller Tennisplätze hat im März das neue Fitnessstudio in der Willstätterstraße seine Türen geöffnet – im selben Bau turnen jetzt auch die jüngsten KiSS-Kinder über ihren Parcours. Neben der Erneuerung sämtlicher Rasenspielfelder steht in diesem Jahr die Grundsteinlegung einer Zweifachsporthalle an.

„Der letzte Durchgang“, ruft Niki Röhrer seinen „Ameisen“ zu. Die quirligen Kinder sind nach etwa 20 Runden über die Turngeräte merklich langsamer geworden. Während die Letzten noch durch den zur Höhle umfunktionierten Sprungkasten klettern, darf der Rest schon mal auf dem Gipfel zwischen zwei aufgestellten Bodenmatten ausruhen. Als die Stunde zu Ende ist, toben die kleinen Turner in den Umkleideraum – so energiegeladen, als ob sie vorher gar nicht ausgelassen gekraxelt, gerollt und gekrochen wären.

„Das Wichtigste ist der Spaß an der Bewegung“, sagt Röhrer, während er ihnen nachguckt. Dann fängt er an, die Turngeräte aufzuräumen. Denn gleich geht es weiter. Für die Kinder von fünf bis sechs Jahren hat sich der Trainer schon wieder neue Übungen ausgedacht.

www.atv-frankonia.de


 

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