Wie in den Achtzigern: Tele-Gym ist im Trend

30.11.2020, 05:56 Uhr
Das schon rund 30 Jahre alte TV-Format "Tele-Gym" hat beim BR im Gegensatz zu anderen Sendungen bis heute überlebt - sieht nun aber ein wenig anders aus!

© e-arc-tmp-20201126_133939-2.jpg, NNZ Das schon rund 30 Jahre alte TV-Format "Tele-Gym" hat beim BR im Gegensatz zu anderen Sendungen bis heute überlebt - sieht nun aber ein wenig anders aus!

Zugegeben, ich habe es mir überlegt. Ich wollte stilecht mitsporteln. Wie damals in den Achtziger Jahren hatte ich mich schon in diesen engen, neonfarbenen Leggins gesehen, drüber ein ebenfalls enger und knallbunter Body. Eine Freundin hatte das sogar mal bei einer Bad-Taste-Party getragen, ich hätte es mir also leihen können. Ich habe mich dann doch nicht getraut.


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Wäre vielleicht auch zu albern gewesen. Und gesehen hätte es ja auch niemand. Schließlich stand ich am Donnerstagmorgen ganz alleine in meinem Wohnzimmer vor dem Fernseher - in normalen Sportklamotten. Und ich war nicht die Einzige. Die Trainerin auf dem Flachbildschirm trug so ziemlich das gleiche wie ich. Was ebenfalls leider nicht so lustig war wie das Retro-Klischee in meiner Fantasie.

TV-Gymnastik ist schließlich ein Relikt aus einem längst vergangenen, Internet-losen Zeitalter, als geschminkte Sportfans mit Dauerwelle und schrillen Outfits den Aerobic-Trend aus den USA ins deutsche Fernsehen brachten. Mittlerweile gibt es bessere und coolere Funktionskleidung, eine Riesenauswahl an Fitness-Videos auf YouTube und sowieso niemanden mehr, der so richtig fern sieht.

In Corona-Zeiten läuft wieder mehr Mitmach-Sport

Stimmt natürlich nicht, oder anders, stimmt wohl nur für mich, 29 Jahre alt, und Freunde oder Kollegen meiner Generation. Meine Eltern nutzen weiterhin das lineare Fernsehen, die sehen Filme und Formate, wenn sie im TV-Programm kommen - und nicht irgendwann, wenn es ihnen passt in der Mediathek. Wenn es für die ältere Fernseh-Generation auch noch Fernsehsport gibt, dazu in einer Pandemie, in der aktuell sogar wieder Fitnessstudios geschlossen sind, könnte das also durchaus Sinn machen.

Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Sendern ergab: In Corona-Zeiten läuft sogar insgesamt wieder etwas mehr Mitmach-Sport. Vor allem Öffentliche-Rechtliche bieten hier einiges an, aber auch andere Sender wie Health TV. Für den Medienkonzern ProSiebenSat.1 hingegen spielen Fitnesssendungen im TV keine Rolle, im ZDF gibt es ebenfalls keine Pläne für ein Sportprogramm zum Mitmachen.

Dennoch: Die Auswahl ist groß. Auch für mich. Also schaue ich am Vorabend im Fernsehprogramm, was wann kommt. Frühaufsteher jedenfalls muss man für alle Formate sein. Ich starte um 8 Uhr, erst einmal aber ist nichts Passendes dabei. Bei "Yoga für Schwangere mit Sabine" fühle ich mich - nicht schwanger - fehl am Platz und schalte um auf Health TV.

Bei Health TV richtet sich der Kurs an "Best Ager"

Hier turnt Christian Kreiss direkt am Strand, was das Fernsehbild schon einmal sehr idyllisch macht. Sein Kurs richtet sich an "Best Ager", also vermutlich bin ich noch einen Tick zu jung. Doch Fitnessübungen kann man ja immer mitmachen - so auch diese. Kniebeugen, Dehnübungen und Stabilisationstraining für den Rücken können nie schaden. Im Endeffekt machen die hippen Fitnessmädchen auf YouTube ganz Ähnliche Dinge, nur ein wenig schneller. Und ich werde permanent gesiezt, was ich im eigenen Wohnzimmer nicht wirklich gewöhnt bin.

So sieht Tele-Gym heute aus: Katharina Tontsch macht im eigenen Wohnzimmer mit.

So sieht Tele-Gym heute aus: Katharina Tontsch macht im eigenen Wohnzimmer mit. © Katharina Tontsch

Nach einer Viertelstunde ist es schon vorbei. Ich vermisse den Stand und schwitze noch nicht. Ein guter Start. Ich bleibe bei Health TV. Doch bei "Alenas Asanas" geht es dann schon wieder um Yoga. Die erste Übung gegen Rückenschmerzen klingt noch ganz interessant, bei der zweiten schalte ich um. Mitgemacht habe ich mit Alena nicht - stattdessen sitze ich auf einem Stuhl und schaue einfach fern.

Erst Gabi Fastner kann das ändern. Sie ist Fitnesstrainerin bei "Tele-Gym" im Bayerischen Rundfunk (BR) - und das ist echt retro. Denn im BR hat das schon rund 30 Jahre alte TV-Format bis heute überlebt. Gabi Fastner passt dann auch ein wenig in das Achtziger-Klischee, vor allem wegen ihres grellen Lidschattens. Die Kulisse ist ebenfalls ansprechend: eine schöne Wiese am See, im Hintergrund die Berge.

Funktionelles Figurtraining im Bayerischen Rundfunk

"Gesund & schön - funktionelles Figurtraining" steht auf dem Programm. 15 Minuten lang. Ich räkele, dehne, turne, strecke mich also wie Gabi Fastner. Und sehe dabei fast ein wenig aus wie sie: schwarze Leggins, pinkfarbenes Shirt. Nur eben ohne Make-Up. "Sehr gut", ruft Gabi Fastner schon nach wenigen Minuten. Sehr gut, denke ich mir. Bei den nächsten zehn Kniebeugen zieht es dann auch ein wenig. So richtig dynamisch wird es nicht, auch wenn die Musik durchaus launig ist.

Professionell aber wirkt das Programm schon, jeden Tag außer sonntags kann man mitmachen. Für mich sind die YouTube-Formate dennoch ansprechender, vor allem, weil ich sie nutzen kann, wann und wo ich möchte. In ein paar Jahrzehnten aber will ich wieder einschalten bei "Tele-Gym", schließlich verspricht mir Gabi Fastner die Erhaltung meines "jugendlichen Gangs". Und den brauche ich, wenn ich doch mal in die Neonleggings schlupfe.

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