"Wünsch Dir was" - Teil 4: Ein Innenverteidiger für den FCN

31.1.2021, 06:00 Uhr
Lukas Mühl und Asger Sörensen bilden in der laufenden Spielzeit bislang das Stamm-Duo in der Innenverteidigung.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Lukas Mühl und Asger Sörensen bilden in der laufenden Spielzeit bislang das Stamm-Duo in der Innenverteidigung.

"Habt ein letztes Mal Vertrauen" flehen die Toten Hosen in ihrem Lied "Wünsch Dir was", ehe sie ankündigen: "Das Hier und Heute ist dann längst vorbei". Für den Abwehrverbund des 1. FC Nürnberg gilt es hoffentlich nicht, dass man nur mit Vertrauen verteidigt. Letzteres sollte bestenfalls dagegen umso mehr gelten: Acht Gegentore kassierte der Club allein in den beiden letzten Spielen der Hinrunde. Doch auch abgesehen dieses besorgniserregenden Werts bedarf es in der FCN-Innenverteidigung in der Tiefe mehr Alternativen. Lukas Mühl und Asger Sörensen spielen, betrachtet man allein die Zweikampfwerte, eine gute Saison. Beide gewinnen um die 70 Prozent ihrer Duelle gegen den Ball. Auffällig ist jedoch, dass sie insgesamt sehr reaktiv agieren. So führen beide nur etwa knapp sechs Defensivzweikämpfe pro 90 Minuten, womit beide unter dem Schnitt für Innenverteidiger in der zweiten Liga liegen.

Das gilt auch für die abgefangenen Bälle, was teilweise mit der Struktur der Verteidigungsarbeit zu erklären ist, da Tom Krauß sehr viel aktive Abfangarbeit leistet und er zusammen mit Johannes Geis viele Defensivzweikämpfe führt. Mit der Spielweise ist auch die geringe Passquote (58 Prozent bzw. 56 Prozent) beider Verteidiger ins letzte Drittel zu erklären, dennoch wäre gerade beim Umschaltfußball, wie ihn sich Robert Klauß wünscht, in dieser Kategorie eine größere Präzision wünschenswert. Eine Verstärkung auf dieser Position wäre auch deshalb sinnvoll, weil Georg Margreitter, derzeit Innenverteidiger Nummer drei lange Zeit ausgefallen ist und seit jeher verletzungsanfällig ist. Derzeit fehlt sogar Youngster Noel Knothe, nominell der vierte Innenverteidiger, mit einer Bänderverletzung.

Oumar Gonzalez

Der 22-jährige Franzose, der für Kameruns U23 international aufläuft, spielt derzeit für Chambly in der zweiten französischen Liga. Dort gehört er zu den stärksten Innenverteidigern im Defensivzweikampf. Von seinen knapp acht pro Spiel gewinnt er 73 Prozent. Der in Douala, der größten Stadt Kameruns, geborene Gonzalez spielt beim 2019 aus der dritten Liga aufgestiegenen Verein aus dem Department Oise den rechten Innenverteidiger in der Dreierkette.

Er ist in der Ligue 2 einer der besten Ballabfänger der Liga: Mit mehr als zwölf abgefangenen Bällen holt sich Gonzalez mehr als doppelt so viele wie Mühl oder Sörensen - selbst wenn man die Balleroberungen ins Verhältnis zum gegnerischen Ballbesitz setzt, also einberechnet, dass ein Spieler in einer Mannschaft mit weniger Ballbesitz mehr Chancen hat, einen Ball vom Gegner zu erobern, fängt Gonzalez noch weitaus mehr Bälle ab als beide Nürnberger Innenverteidiger.


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Auch in der Luft verteidigt der 1,86 Meter große Gonzalez solide, am Boden verhält er sich clever, lässt seinen Gegner kaum aufdrehen und beweist gutes Timing im Eins-gegen-Eins. Im Spielaufbau agiert er nicht nur dominanter als Mühl und Sörensen, sondern ist auch einer der Verteidiger, der sich in der Ligue 2 am ehesten in ebendiesen einschalten. Da Gonzalez‘ Vertrag zum Saisonende ausläuft und die meisten französischen Vereine nach dem Kollaps des Fernsehrechtedeals mit Mediapro nach neuen Einnahmen lechzen, könnte der Innenverteidiger zum Schnäppchenpreis zu erhalten sein.

Donovan Pines

Der 22-Jährige aus dem Bundesstaat Maryland ist eine imposante Erscheinung: 1,96 Meter groß, fast 90 Kilo schwer - der U23-Nationalspieler der USA fungiert als Turm in der Schlacht und linker Innenverteidiger in der Viererkette von DC United in der Major League Soccer. Entsprechend dominant ist Pines in der Luft, wo er 71 Prozent seiner Duelle gewinnt - obwohl er mehr Luftduelle führt als Mühl und Sörensen, die bei 63 Prozent (Sörensen) beziehungsweise 56 Prozent (Mühl) stehen. Mit der Größe einher gehen meist Geschwindigkeitsdefizite und teilweise ungeschickte Zweikampfführung. Ersteres macht der Abwehrhüne mit starkem Stellungsspiel wett, zweiteres trifft mit einem Blick auf die Daten schlichtweg nicht zu: So spielt Pines nicht häufiger foul als Asger Sörensen.

In Sachen abgefangene Pässe steht Pines statistisch besser als die beiden aktuellen Club-Innenverteidiger da, kann also auch hier ein anderes Element einbringen. Die Umrechentabelle von "Smarterscout" sieht Pines dann auf deutschen Zweitliganiveau auch als besonders kopfball- und zweikampfstark, sowie besonders gut in der Offensive. Pines erzielte in der vergangenen MLS-Spielzeit drei Tore und ist mit seiner körperlichen Präsenz eine Waffe bei offensiven Standards. Zwar wäre er wahrscheinlich keine sofortige Verstärkung, würde dem Clubspiel aber in der Verteidigung eine ganz andere Prägung ermöglichen, die in der physischen Zweiten Liga nicht von Nachteil wäre. Wenn er sich unter Robert Klauß im Aufbauspiel verbesserte, wo er im Wesentlichen ähnliche Werte wie Mühl und Sörensen aufweist, wäre er perspektivisch sogar ein Stamminnenverteidiger. Gerade weil im Sommer mit Margreitter und Mühl gleich zwei Innenverteidiger mit auslaufenden Verträgen versehen sind, ist hier auch perspektivischer Handlungsbedarf gegeben.

Stefan Knezevic

Der 24-jährige Schweizer, der auch einen serbischen Pass besitzt, spielt in der ersten Schweizer Liga beim FC Luzern. Dort ist Knezevic, der meist den linken Innenverteidiger gibt, Stammkraft. In Sachen abgefangenen Bälle ist Knezevic den Club-Innenverteidigern weit voraus, fängt selbst an den gegnerischen Ballbesitz angepasst noch fast doppelt so viele Bälle ab wie Lukas Mühl und spielt fast viermal so viele kreative Pässe pro Spiel wie die beiden Nürnberger Stammverteidiger. Besonders herausragend: Seine Quote bei Bällen ins letzte Drittel. 84 Prozent der Bälle ins gegnerische Angriffsdrittel kommen an, obwohl er sogar öfter zu diesem Mittel greift als Asger Sörensen. Seine Passquote ist mit 91 Prozent deutlich höher als die der beiden Nürnberger, obwohl er mehr Vorwärtspässe pro Spiel spielt als Lukas Mühl.


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In Sachen Anzahl und Quote der Defensivzweikämpfe ist Knezevic Mühl und Sörensen ebenfalls nicht unterlegen, gilt der Schweizer doch besonders als Aggressiv-Leader, der für sein resolutes und kompromissloses Verteidigen geliebt und gefürchtet wird. Knezevic wäre mit seiner Erfahrung von 83 Erstligaspielen wahrscheinlich sofort in der Lage Druck auf die beiden Nürnberger Innenverteidiger auszuüben.

Der Artikel ist Teil einer vierteiligen Serie:

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