Zengers Taktiktafel: FCN-Gegner Würzburg und die Gegentore

12.12.2020, 05:40 Uhr
Zengers Taktiktafel: FCN-Gegner Würzburg und die Gegentore

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Die Grundordnung...

...hat sich zuletzt oft geändert. Das lag vor allem daran, dass die Würzburger Kickers bereits den dritten Trainer an der Seitenlinie haben. Nach Michael Schiele (zwei Spiele, zwei Niederlagen, 0:5 Tore) und Marco Antwerpen (fünf Spiele, ein Remis, vier Niederlagen, 6:14 Tore), darf sich nun Bernhard Trares daran versuchen, die Unterfranken auf die Erfolgsspur zu setzen. Trares setzt dabei auf ein 3-4-3/5-4-1 in spezieller Ausprägung.


+++ Der FCN ist gegen Würzburg "das erste Mal Favorit" +++


Die liegt vor allem in vorderster Linie, wo sich die Angriffsreihe so formiert, dass hinter dem zentralen Stürmer (Munsy, Sané oder Ex-Cluberer Baumann), zwei weitere Angreifer (Lotric, Meisel, Kopacz oder Baumann) agieren, die das Scharnier zwischen Mittelfeld und Angriff bilden. Hinter den drei Offensiven bildet sich dann ein flaches Vierermittelfeld und eine Dreierkette in der Abwehr, die gegen den Ball zur Fünferreihe wird.

Es ist ein nachvollziehbarer Impuls von Trares, dass er das Spiel derart verändert, dass er das Zentrum absichert und versucht, die Defensive auch so zu stärken, dass mehr Spieler hinter dem Ball sind. Das letzte Spiel ohne Gegentor rührt aus dem Juni (3:0 gegen Chemnitz), in dieser Saison hat Würzburg bereits 24 Tore kassiert. Dass die Fünferabwehr kein Dogma für ihn ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass er bei seiner letzten Station in Mannheim fast gänzlich auf dieses Mittel verzichtete.

Betrachtet man, wie Würzburg unter Trares zu seinen Chancen kam, so fallen zwei Situationstypen besonders auf. Zum einen sind die Kickers gefährlich bei Standards – vier Saisontore nach ruhenden Bällen sind der dritthöchste Wert der Liga. Zum anderen wird es gefährlich, wenn sie den Ball erobern und zielstrebig nach vorne spielen. Mit drei Kontertoren sind die Unterfranken auch das zweitgefährlichste Konterteam der Liga, hinter dem FCN, der bereits auf fünf Kontertreffer kommt. Da unter Trares die aktiven Balleroberungen deutlich zugenommen haben, scheint der neue Coach diese Fähigkeit auch als eine mögliche Stärke seiner Mannschaft erkannt zu haben.

Die letzten Spiele...

...brachten den ersten Sieg in der zweiten Liga. Gegen Hannover 96 gewannen die Kickers trotz Rückstands mit 2:1. Es folgten in Regensburg (1:2) und gegen Sandhausen (2:3) allerdings wieder zwei Niederlagen. Die gegen Sandhausen war auch deshalb besonders schmerzhaft, weil mit dem ehemaligen Nürnberger Ewerton eine wichtige defensive Stütze vom Platz gestellt wurde. Der Brasilianer fehlt also gegen den FCN und auch im folgenden Kellerduell gegen den FC St. Pauli.

Auffällig war, dass Würzburg deutlich mehr Tore als zuvor erzielte. Fast die Hälfte aller Saisontore der Kickers fielen in den Partien unter Trares. Man könnte das nun einerseits damit begründen, dass der Trainer nicht nur die defensive Variante gegen den Ball gewählt hat, sondern auch mit dem Ball nun mehr Angreifer mit nach vorne bringt. Dann nämlich, wenn das 5-4-1 im Ballbesitz zum 3-4-3 wird. Andererseits zeigt ein Blick auf die expected Goals, dass Würzburg zuletzt genau das Glück im Abschluss hatte, das man unter Schiele zu Saisonbeginn nicht hatte.


+++ Felix Lohkemper: Plötzlich Topscorer beim FCN +++


Mit Trares an der Seitenlinie erzielten die Kickers 2,4 Tore mehr als statistisch zu erwarten, in den Spielen unter Schiele 1,93 weniger. Angesichts dessen, dass die Zahl der Abschlüsse zuletzt auch noch um drei pro Spiel zurückgegangen ist, ist nicht zu erwarten, dass die Torzahl langfristig so hoch bleibt.

Die Schwächen...

...liegen beim Blick auf die Tabelle auf der Hand. Selbst wenn die Zahl der Gegentore nach expected Goals nicht so hoch liegt wie in der Realität, so ist sie doch die zweithöchste der Liga. So gut sie selbst bei Kontern und Standards sind, so schwer taten sie sich bisher, diese zu verteidigen. Allerdings sind die meisten Standard- und die drittmeisten Kontergegentore natürlich in dem Kontext zu verstehen, dass Würzburg insgesamt viele Tore kassiert hat und deshalb die absoluten Zahlen automatisch hoch sind. Ein Grund für die hohe Zahl der Gegentore ist, dass die Kickers dem Gegner zu gute Tormöglichkeiten ermöglichen. Der expected-Goals-Wert pro gegnerischem Schuss liegt höher als bei jedem anderen Zweitligisten.

Was sich unter Trares verändert hat, ist die defensive Stabilität auf der linken Seite. Hier setzte der Trainer zunächst auf Robert Herrmann, einen eher offensiv ausgerichteten Spieler, der als Flügelverteidiger agieren sollte. Gegen Sandhausen versuchte sich dann mit Leroy Kwadwo ein gelernter Linksverteidiger in der Rolle. Dennoch ist die Zone im linken Mittelfeld die mit den wenigsten Balleroberungen außerhalb der Angriffszone und den zweitmeisten Ballverlusten generell.

Hinzu kommt, dass sowohl Herrmann als auch Kwadwo in den Duellen gegen den Ball oder um freie Bälle Probleme haben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten drei Spielen die meisten Torchancen der Gegner ihren Verlauf über die linke Abwehrseite der Kickers nahmen.

5 Kommentare