Zurück in die Spur! Der HCE bekommt Hilfe
31.3.2017, 13:42 UhrNatürlich ist der Druck jetzt größer als vor dem vergangenen Spiel. Und noch größer als davor. Und viel größer als davor. "Wir müssen gegen Lemgo unbedingt wieder liefern, ganz klar", sagt Nikolai Link, der im linken Rückraum beim HC Erlangen spielt.
Weil dort irgendetwas zerbrochen ist
Ein Sieg, zwei Punkte, wären so wichtig, um einen großen Schritt in Richtung vorzeitigen Klassenerhalt in der Handball-Bundesliga zu tun. Vier Spieltage in Folge hat Erlangen verloren, Niederlagen, die man kassieren kann, wenn man Aufsteiger ist: in Leipzig beim Tabellensechsten, im Derby in Coburg, zu Hause gegen den Top-Klub Füchse Berlin. "Was wirklich weh tut, ist eigentlich nur die Pleite gegen Minden", sagt Link. Weil es ein Gegner auf Augenhöhe war und eben kein Derby, in dem immer alles passieren kann. Und weil dort irgendetwas zerbrochen ist.
Was nämlich verwundert, ist die Art und Weise, wie in nur einem Handballspiel all das Selbstbewusstsein auf nimmer Wiedersehen verloren gehen kann, das zuvor die Mannschaft auf sensationelle Weise auszeichnete und sogar hochfliegen ließ. Ein Spiel, eine Niederlage - und all der Mut, der Wille, der Glaube an die eigenen Stärken waren verflogen. Erst in der Schlussphase in Leipzig konnte man davon wieder etwas erkennen. "Wir haben da endlich zurück in die Spur gefunden", sagt Nikolai Link, der Handballer.
Neuroplastisch gegen die Niederlagen
Antje Heimsoeth, eine Mentaltrainerin, die mit zahlreichen Olympiasiegern, Trainern und Weltmeistern arbeitet, nennt es "die Neuroplastizität". Diese besagt, dass das Hirn drei bis sechs Monate benötigt, um sich auf eine neue Situation gefestigt einzustellen. "Daher halte ich wenig von einem plötzlich gewonnenen, wie von einem schlagartig verlorenen Selbstbewusstsein", sagt sie.
Was sich aber steuern lässt, sind die Gedanken - und die haben, glaubt man Heimsoeth, einen noch immer sehr stark unterschätzten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit im Profisport. "Mannschaften in einer Negativspirale beschäftigen sich häufig zu sehr damit, was nicht funktioniert. Dabei wäre es so wichtig zu analysieren: Was war nötig, dass es zuvor gut lief? Was fehlt nun an äußeren, oft unbeachteten Einflüssen wie einer besonderen Ansprache, vielleicht einer Musik, einem Umstand, um das gute Gefühl zurückzugewinnen?"
Und wirklich: So hat der HCE nicht etwa die Schlussphase der Begegnung in Leipzig gemeinsam angesehen, wo man drauf und dran war, den Tabellensechsten noch zu stürzen, wo Kampf, Wille und Leidenschaft erstmals seit Wochen wieder beeindruckten. Sondern: "Wir haben die ersten zwanzig Minuten, wo es gar nicht lief, zusammen angesehen", sagt Nikolai Link. Um zu lernen, wie man es da besser machen kann.
Auf und Nieder
"Der Sport ist wie das Leben, beides wird bestimmt von Auf und Nieder", sagt Antje Heimsoeth. Helfen kann da ein Mentaltrainer für nachhaltigen Erfolg – aber auch kurzfristig, um Schub zu geben: "Wenn ich Zahnschmerzen habe, gehe ich ja auch zum Zahnarzt und nicht zu einem guten Freund", findet sie. An der mentalen Stärke zu zweifeln, soweit würde Nikolai Link nicht gehen: "Das muss jeder für sich entscheiden. Aber sind wir ehrlich: Hätten wir in Leipzig nur zwei Siebenmeter verwandelt, wäre jetzt alles gut."
Doch gerade die Siebenmeter-Situation, bei der es rein um mentale Stärke geht, spricht bei insgesamt vier Fehlwürfen eine deutliche Sprache. "Wichtig ist, die mentale Situation - auch in Phasen, in denen es gut läuft - immer zu analysieren", rät Heimsoeth. "Für jedes Negativerlebnis bin ich dann dankbar, denn wenn man es richtig analysiert und aufarbeitet, sind genau das die Situationen, die einen weiterbringen im Leben. Tut man das nicht, kann das die Top-Leistungen in der Zukunft erschweren." Die braucht der HCE schon heute Abend, um gegen Lemgo endlich zurück in die Erfolgsspur zu finden.
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