Stani Herzel - vom Pleinfelder Bolzplatz zu bayerischen Topklubs

12.3.2021, 14:12 Uhr
Stani Herzel - vom Pleinfelder Bolzplatz zu bayerischen Topklubs

© Foto: Uwe Mühling

Der inzwischen 30-Jährige hat mehrfach in den Profibereich reingeschnuppert und ist zufrieden mit seiner Karriere, auch wenn es für den großen Durchbruch nicht ganz gereicht hat. Immerhin stehen für ihn aber 19 Einsätze in der 3. Liga (Saison 2014/2015, damals in Regensburg), 173 Spiele in der Regionalliga sowie 66 Bayernliga-Auftritte in der Statistik. Kurzum: Stanislaus Herzel, der von den meisten einfach "Stani" gerufen wird, hat einen beeindruckenden und erfolgreichen Weg im höherklassigen Fußball beschritten.

Mindestens genauso interessant ist sein Lebensweg abseits des Kicks mit der Lederkugel. Ein Weg, der ihn von Kasachstan bis nach Kornburg geführt hat, wo er seit vergangenem Sommer beim örtlichen TSV in der Landesliga Nordost spielt – wenn nicht gerade Corona-Pause herrscht. Und ein Weg, der parallel auch durch Ausbildung und Studium geht. Doch der Reihe nach.

In Kasachstan geboren

Herzel wurde im August 1990 als Stanislav in Karabulak (auch Qarabulaq geschrieben) in Kasachstan geboren. Eine ganz andere Welt im Gebiet Almaty nahe der Grenze zu China. Die deutschstämmige Familie war bereits im 18. Jahrhundert ausgewandert. Sein Vater Alexander hatte die Russin Tatjana geheiratet. An seine ersten Lebensjahre hat "Stani" nur noch vage Erinnerungen. "Es waren schon ärmliche Verhältnisse", sagt er rückblickend. "Wir haben in Karabulak praktisch als Selbstversorger gelebt."

Nach dem Zerfall der Sowjetunion entschied sich die Familie zu einer Rückkehr nach Deutschland. Treibende Kraft war vor allem der Opa. Die schwierige wirtschaftliche Lage war der eine Grund. Der andere war die Tatsche, dass sich deutschstämmige Menschen damals in Kasachstan kaum noch geduldet fühlten.

Stanislav und seine Familie kamen über die Zwischenstation in Langlau relativ schnell nach Pleinfeld und fingen in der Rezatgemeinde ein neues Leben an. Der Name des fünfjährigen Buben wurde "eingedeutscht", wie er heute lachend berichtet. Aus Stanislav wurde Stanislaus. Sein Vater Alexander fand Arbeit bei der Firma Fiegl, für die er bis heute tätig ist.

Fußball erleichterte Integration

Für den kleinen "Stani" ging es zunächst in den Kindergarten, dann in die Grundschule nach Pleinfeld und schließlich an die Realschule nach Weißenburg. Die neue Sprache war anfangs das A und O. "Am besten habe ich Deutsch auf dem Bolzplatz am Bahnweiher gelernt", erzählt er. Dort hat man sich täglich getroffen – zum Kicken und zum Reden. "Ich hatte damals schon ein Faible für Fußball. Der Fußball hat mir die Integration sehr erleichtert", sagt Herzel.

Stani Herzel - vom Pleinfelder Bolzplatz zu bayerischen Topklubs

© Foto: Privat

Es dauerte nicht lange, da nahm ihn sein Cousin mit zum FC Pleinfeld, wo sich unter anderem die im vergangenen Jahr verstorbene Vereinslegende Klaus Frey seiner annahm und wo sein jüngerer Bruder Daniel bis heute spielt. Vor allem zwei Spieler stachen aus den damaligen F- und E-Jugendteams des FCP heraus: Stanislaus Herzel und Sebastian Schön. Letzterer wechselte zur SpVgg Greuther Fürth, Herzel zum 1. FC Nürnberg.

Drei Jahre lang spielte "Stani" beim Club, wurde dann jedoch in der C-Jugend "aussortiert", wie er selber sagt. Er wechselte zur DJK Schwabach und anschließend zum SC 04 Schwabach. Nicht aufgeben und den nächsten Anlauf starten, könnte man die Devise nennen, die Herzel weiter antrieb und die ihn schließlich in die A-Junioren-Bundesliga zum SSV Jahn Regensburg brachte, für den er 44-mal in der Nachwuchselite auflief. Über Bayernauswahl und Förderkader hatte ihn übrigens der heutige Trainer des TSV 1860 München, Michael Köllner, zum Jahn gelotst.

Nach der erfolgreichen Zeit in der U19-Bundesliga holte ihn Michael Wiesinger – ebenfalls ein sehr bekannter Name im Fußball – zum FC Ingolstadt. 2009 war das, verbunden mit dem Ziel, bei den Schanzern im Profibereich Fuß zu fassen. Herzel war nah dran, musste letztlich aber vor allem wegen seiner ersten schweren Verletzung, einem Knorpelschaden im Knie, seinen Traum hinten anstellen.

Dritte Liga mit Jahn Regensburg

Bis 2013 spielte er für den FC Ingolstadt II in der Bayern- und Regionalliga, ging dann für ein Jahr zum FC Augsburg II und kehrte schließlich 2014 zurück zu Jahn Regensburg. Dort in der 3. Liga zu spielen, bezeichnet Herzel heute als seinen größten Erfolg. "Das war der Sprung, den ich mir erhofft hatte. Es war eine super Erfahrung. Zum Beispiel vor 25 000 Zuschauern in Dresden zu spielen – das war ein Adrenalin-Schock mit den leidenschaftlichen Dynamo-Fans und deren gelber Wand", erzählt "Stani" rückblickend.

Sportlich lief es für den Jahn weniger gut. Die Regensburger stiegen ab, der Profivertrag von Herzel – er hatte in dieser Phase einen Marktwert von 150 000 Euro – wurde nicht verlängert. "Ich habe damals lange überlegt, was ich machen soll. Mir war klar, dass ich noch viel Glück bräuchte, um im Profibereich fest Fuß zu fassen." So beschloss er den professionellen Fußball sein zu lassen . . .

. . . und war ganz froh, dass ihm seine Mutter Tatjana schon bei der ersten Verletzung sicherheitshalber zu einer Ausbildung "gezwungen" hatte. Also lernte ihr Sohn Groß- und Außenhandelskaufmann und absolvierte anschließend seinen Wirtschaftsfachwirt. Derzeit studiert er an der Hochschule für angewandtes Management in Ismaning und arbeitet zugleich nebenbei als Werkstudent.

Meister mit Seligenporten

Parallel lief der Fußball stets weiter. Herzel wechselte für drei Jahre zum SV Seligenporten, mit dem er 2015 in einem Herzschlagfinale Bayernliga-Meister wurde und in die Regionalliga aufstieg. Ein Erlebnis, das er als seinen zweiten großen Erfolg bezeichnet. Bei den "Klosterern" war er eine Zeit lang auch Kapitän. Durch das Studium in Ismaning landete er 2018 sportlich beim FV Illertissen, der in Corona-Zeiten allerdings Einsparungen vornehmen musste, sodass dort für ihn nach eineinhalb Regionalliga-Spielzeiten wieder Schluss war.

Stani Herzel - vom Pleinfelder Bolzplatz zu bayerischen Topklubs

© Foto: Roland Jainta

Seit Sommer 2020 spielt Herzel nun beim TSV Kornburg. Nach dem Re-Start gelangen fünf Siege in fünf Spielen. Herzel steuerte zwei Treffer bei und freut sich, dass er nach vielen Jahren als Linksverteidiger nun bei den Nürnberg-Vorstädtern wieder offensiv auf der Außenbahn spielen darf. Die Trainer sorgen nach seinen Worten in der aktuellen Zwangspause für ein "super Programm", die Vorfreude auf den Neustart ist riesig, Kornburg hofft auch noch auf den Ligapokal.

Ob es die letzte Station seine Karriere ist, das kann "Stani" Herzel noch nicht sagen. Was er aber mit einem Augenzwinkern sagen kann nach den vielen Wechseln: "Ich habe den bayerischen Süden komplett erschlossen." Auch wenn er viel gependelt ist und zum Teil auch Wohnungen in den jeweiligen Städten hatte: Pleinfeld ist für ihn immer das Zentrum geblieben. Hier lebt seine Familie und hier wohnt er mit seiner Verlobten Anke Sauer zusammen. Die Hochzeit war schon vergangenes Jahr geplant, Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Heuer im Juni soll es nun allerdings klappen mit dem ganz privaten Doppelpass des Ausnahmefußballers.

 

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