Stefan Schmoll: "Wahnsinniger finanzieller Einschnitt"

18.10.2020, 17:18 Uhr
Stefan Schmoll:

© Foto: Uwe Mühling

 Die Treuchtlinger Korbjäger stecken derzeit im Endspurt einer intensiven Vorbereitung auf eine Spielzeit mit vielen neuen Aspekten. Über die lange Zwangspause, die speziellen Bedingungen in Corona-Zeiten, aber auch die Vorfreude auf den Start sprachen wir mit Stefan Schmoll, der seit vielen Jahren ein absoluter Leistungsträger und Topscorer bei den VfL-Baskets ist.

Herr Schmoll, seit dem 7. März haben Sie und Ihr Team von den VfL-Baskets aufgrund der Corona-Zwangspause kein Punktspiel mehr gehabt. Machen sich schon Entzugserscheinungen breit?

Stefan Schmoll (lacht): So würde ich es nicht ganz sagen und ich muss ehrlich zugeben, dass ich die Zeit auch genossen habe. Ich bin im Juni zum zweiten Mal Vater geworden und war froh, viel zu Hause bei meinen Mädels zu sein (Anmerkung der Redaktion: Schmoll hat zwei Töchter). Wir hatten ohnehin keine Reisepläne und fühlten uns auch kaum eingeschränkt. Es war ein schöner Sommer.

Aber natürlich vermisst man den Sport. In der Mannschaft waren wir alle froh, als wir wieder trainieren durften. Da hat man gleich gemerkt: Das Feuer ist immer da, und jeder wollte wieder den Ball in der Hand haben. Ich finde insgesamt, dass wir relativ fit aus der ganzen Corona-Geschichte gekommen sind. Dazu hat sicher auch unser Lauf-Challenge beigetragen, bei dem wir uns im Team gegenseitig gepusht haben.

Wie ist die Vorbereitung, die auf den Regionalliga-Start am 1. November in Rosenheim ausgerichtet ist, bislang gelaufen?

Wir haben gut trainiert, hatten bisher drei Spiele mit einem Sieg gegen Neustadt an der Waldnaab und zwei ganz knappen Niederlagen gegen Veitshöchheim und Breitengüßbach. Zuletzt war es ein bisschen holprig, und wir wurden ein wenig ausgebremst. Wegen eines Kontaktes mit einem Corona-Fall im Umfeld einer Mannschaft bei einem Vorbereitungsspiel haben wir sicherheitshalber eine Woche mit dem Training pausiert. Wir nehmen das sehr ernst und wollen so professionell wie möglich mit dem Thema umgehen.


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Sie stehen nicht nur als Kapitän auf dem Feld, sondern auch als Abteilungsleiter in der Verantwortung und müssen hier nicht zuletzt die Finanzen im Blick haben. Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise in dieser Hinsicht?

Da muss ich einerseits einen großen Dank an die ganzen mittelständischen Unternehmen sagen – vom Restaurant bis zum Brillengeschäft. All diese Sponsoren haben gesagt, sie sind weiter dabei, die Leute stehen hinter uns. Ich hatte nicht gedacht, dass wir auch in dieser schwierigen Phase so viel Unterstützung haben. Andererseits haben wir aber auch gemerkt, dass einige größere Firmen in solch einer Krise zurückschrauben und Corona-bedingt aussetzen müssen. Dafür haben wir Verständnis. Wir hoffen aber, dass sie nächste Saison wieder dabei sind.

Fehlende Zuschauereinnahmen werden sich bestimmt auch bemerkbar machen. In der abgebrochenen Saison des Vorjahres fielen drei Heimspiele weg, in der neuen Runde sind maximal 200 Besucher erlaubt – also grob die Hälfte des normalen Zuschauerschnitts.

Das stimmt, und alles zusammengenommen bedeutet das für uns einen wahnsinnigen finanziellen Einschnitt. Fast die Hälfte unserer Einnahmen fällt weg.

Lässt sich das auch in Zahlen fassen?

Konkrete Zahlen möchte ich nicht nennen, es handelt sich aber um einen niedrigen fünfstelligen Betrag. Solche Verluste können wir nur dadurch auffangen, dass unsere Spieler reine Amateure sind, uns viele Sponsoren treu bleiben und wir viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Verein haben.

Wie sieht es denn mit den Zahlen bei den Dauerkarten aus?

Stefan Schmoll:

© Foto: Uwe Mühling

200 Zuschauer dürfen in die "Sene". Von daher haben wir im Vorfeld gesagt, dass wir in dieser Saison auf 100 Dauerkarten begrenzen müssen, zuletzt hatten wir 250 Dauerkartenbesitzer. Knapp über 100 haben sind nun gemeldet, sodass wir all diesen Kartenwünschen nachkommen werden. Ich bin sehr froh, dass sich das von selber geregelt hat, und wir nicht entscheiden mussten, wer ein Saisonticket bekommt und wer nicht.

Die andere Hälfte der Karten geht an Sponsoren sowie in den freien Verkauf, jeweils in der Woche vor dem betreffenden Heimspiel. Ursprünglich sollten 20 Karten an den Gegner gehen, doch die Regionalliga hat beschlossen, dass an den ersten vier Spieltagen keine Auswärtsfans zugelassen sind. So können wir auch diese Tickets anbieten. Für alle Karten gilt aber das Gleiche: Sie müssen komplett personalisiert sein, damit die einzelnen Leute nachverfolgt werden können.

Beim Fußball herrschte Mitte September ein großes Aufatmen, als der Re-Start erlaubt wurde. Wie sieht es im Basketball aus? Wie wichtig ist es für Ihren Sport, dass in zwei Wochen wieder um Punkte gespielt werden darf – auch im Hinblick darauf, dass Kinder und Jugendliche weiter am Ball bleiben?

Bei uns hat man schon gemerkt, dass nach dieser Zeit nicht mehr alle Kinder kommen, obwohl wir gerade im Jugendtraining viel gemacht haben. Für den Sport ist es wichtig, regelmäßiges Training und Spiele gewährleisten zu können. Davon leben wir als kleinere Sportart, das gilt aber auch für den Fußball, wo man sieht wie viele Vereine sich mittlerweile in der Jugendarbeit zusammenschließen müssen. Es ist aber ganz allgemein wichtig für das komplette Vereinsleben, dass man wieder etwas anbieten kann, sonst besteht gerade in unserer sehr individuellen Gesellschaft die Gefahr, dass ein Verein hops geht. Von daher müssen wir schauen, dass wir Angebote machen und alles daran setzen, um unseren Sport wieder in den Fokus zu rücken. Ich hoffe, dass wir nicht irgendwann sagen müssen: Die Corona-Krise war schuld, dass wir keine Jugendteams mehr haben.


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Wie sieht es für die neue Saison im Unterbau des Regionalliga-Teams aus?

Neben der ersten haben wir noch eine zweite und dritte Herrenmannschaft am Start. Zudem sind fünf Jugendteams von der U12 bis zur U20 im Rennen. Die bisherige U16, die letzte Saison Bayernliga gespielt hat, wird den Kern der Herren II bilden. Das ist eine interessante Mannschaft in einer interessanten Liga. Die Jungs werden in der Bezirksoberliga spielen und somit schon in jungen Jahren eine besondere Verantwortung haben. Als Trainer der "Zweiten" und der U18 werden sich Marius Lang und Arne Stecher die Aufgaben teilen.

Im Mittelpunkt steht aber die "Erste", die unter Trainer Stephan Harlander bereits in ihre elfte Saison in der 1. Regionalliga Südost geht. Die Liga ist aufgrund der besonderen Umstände zweigeteilt in eine Nord- und eine Südgruppe. Was rechnen Sie sich aus?

Ziel ist es, in die Playoffs zu kommen, das heißt unter die ersten vier von den acht Teams der Süd-Gruppe. Ich denke, wir haben in dieser Hinsicht gute Chancen, weil wir eine gute Mannschaft haben, die schon ewig zusammenspielt. Ich glaube, das ist gerade in der aktuellen Situation sehr wichtig. Die anderen Vereine sind schwierig einzuschätzen, es ist aber immer wieder erstaunlich wie sie es hinbekommen, zum Beispiel auch in der Corona-Zeit neue Spieler zu verpflichten.

Sie und Ihre Treuchtlinger Mannschaft müssen zum Auftakt auswärts beim SB DJK Rosenheim antreten und damit in einer Stadt, die regelmäßig zu den Corona-Hotspots in Bayern zählt. Herrscht dennoch Vorfreude?

Stefan Schmoll:

© Foto: Uwe Mühling

Wir wissen zwar nicht, was bis dahin alles ist, die Vorfreude ist aber auf jeden Fall da. Ich bin zudem gespannt, wie die Rosenheimer das vor dem Hintergrund der dortigen Corona-Zahlen regeln. Wir selber gehen davon aus, dass wir unsere Heimspiele am 7. und 14. November vor Zuschauern austragen. Derzeit arbeiten wir noch daran, dass wir einen Livestream von den Spielen im Internet zeigen können, und möchten – wenn möglich – auch eine Übertragung in der Stadthalle anbieten. Wir wollen für unsere Fans jedenfalls versuchen, das Beste aus der ganzen Situation zu machen.

Zur Person

Stefan Schmoll ist seit seiner Jugend als Basketballer beim VfL Treuchtlingen aktiv. Parallel spielte er bei den Franken Hexern Nürnberg bis zur Nachwuchs-Bundesliga. Zudem wechselte er von 2012 bis 2014 zu den Giants Nördlingen in die 2. Bundesliga Pro B. Nach seiner Rückkehr wurde er Kapitän und Abteilungsleiter bei den VfL-Baskets und ist einer der Schlüsselspieler. Vergangene Saison hatte er einen Schnitt von 18,1 Punkten und 8,2 Rebounds pro Spiel. Der 30-Jährige lebt mit seiner Frau und den beiden kleinen Töchtern in Graben.

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