Testspiele ohne Zuschauer – warum eigentlich?

6.8.2020, 07:06 Uhr
Testspiele ohne Zuschauer – warum eigentlich?

© Foto: Uwe Mühling

Noch vor wenigen Wochen hatte der Verband sogenannte "Geisterspiele" ohne Zuschauer ziemlich kategorisch ausgeschlossen. Auch Fußball-Bezirksspielleiter Thomas Jäger hatte in einem Interview mit unserer Zeitung den Standpunkt vertreten, dass Geisterspiele "wenig Sinn" machen. Doch vorige Woche ging dann alles ganz schnell: Am Dienstag gab es zunächst keine weiteren Lockerungen für den Fußball und andere Kontaktsportarten. Nur 24 Stunden später folgte die Kehrtwende und Trainingsspiele waren plötzlich erlaubt.

Erfolg verbunden mit einer Kröte

Entweder war die Neuregelung für den Sport tags zuvor vergessen worden oder die Staatsregierung beziehungsweise das für den Sport zuständige Innenministerium gaben der Kritik – vor allem von der BFV-Spitze – nach. "Der BFV hatte die Regierung zu einer weiteren Lockerung für den Amateursport aufgerufen – mit Erfolg", freute sich der Verband in einer Pressemitteilung, musste allerdings eine Kröte schlucken: Zuschauer müssen außen vor bleiben, vorerst jedenfalls.

"Warum eigentlich?", fragt sich seither so mancher Fußballfan. 400 Menschen dürfen im Freien zu Kulturveranstaltungen zusammenkommen, wenn Abstände eingehalten und Regeln beachtet werden. Auch in Biergärten, Bädern und an den Seen versammeln sich seit Wochen größere Menschenmengen. Doch beim Fußball, wo rund um den Sportplatz auf gut 100 Metern Länge und etwa 60 Metern Breite Abstände problemlos gewahrt werden könnten, dürfen sich keine Zuschauer tummeln. Nicht mal bei Freundschaftsspielen, die im Normalfall höchstens 100 Besucher anlocken.

Die Regelung führte zuletzt zu kuriosen Situationen. So spitzelten vielerorts "Zaungäste" mit gebührendem Abstand auf die Geschehnisse am grünen Rasen. Manchmal wurde die Sportheim-Terrasse zur Tribüne – Biergarten ist ja erlaubt. Teilweise mussten aber auch Eltern von Jugendspielern, die ihre Kinder zu einem Auswärtsmatch gefahren hatten, draußen bleiben und vor dem Vereinsgelände warten. In diesem Punkt gibt es inzwischen eine Klarstellung: Zuschauer sind zwar weiterhin ausgeschlossen, allerdings sind "für die Durchführung zwingend notwendige Personen zugelassen". Das betrifft zum Beispiel "notwendige Fahrer/-innen im Jugendbereich" oder die Begleitung für Menschen mit Handicap, wie der Verband erläutert.

Auch sonst gibt es inzwischen detailliertere Regelungen. Sogar ein "Hygiene-Plakat" zum Aushängen an den Sportstätten steht zur Verfügung. Voraussetzung für Spiele, so der BFV, ist die Erfassung der Kontaktdaten aller Teilnehmer. Personen mit verdächtigen Symptomen dürfen die Sportstätten nicht betreten. Die Abstandsregel (1,5 Meter) ist in allen Bereichen außerhalb des Spielfelds einzuhalten. Falls es außerhalb des Platzes zu knapp wird, sei eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Jeder Verein muss ein Hygienekonzept (ein Muster gibt es vom BFV) umsetzen. Falls das nicht geschieht, bleiben Duschen und Umkleiden geschlossen und es werden nur das Spielfeld sowie WCs genutzt. Für die Spieler und Offiziellen seien ausreichend Waschgelegenheiten bereitzustellen. Geduscht werden muss in Schichten. Das fürs Spiel verwendete Material soll sich auf das Nötigste beschränken und muss regelmäßig desinfiziert werden.

Wichtig auch: Bei den Testspielen gibt es kein gemeinsames Einlaufen, kein "Handshake" zur Begrüßung, und auch die Halbzeitpause sollte am besten im Freien verbracht werden.

Schiris ja, Assistenten nein

Was die Referees anbelangt, so hat Verbands-Schiedsrichterobmann Walter Moritz darauf hingewiesen, dass alle Partien ohne amtliche, neutrale Assistenten durchgeführt werden. Es kommt also "nur" ein Schiri, der obendrein "ortsnah" einzuteilen sei. Sollten sich trotz des Verbots Zuschauer-Pulks bilden, seien diese dem Verantwortlichen (Spielführer) zu melden. Es erfolge aber, so Moritz, keine offizielle Meldung. Nach den Worten von Markus Kemether von der Gruppe Jura Süd "befinden wir uns noch immer in einer Ausnahmesituation".

Unter dem Motto "Zurück auf den Platz" bietet der BFV noch zwei Online-Seminare am Donnerstag, 6. August, um 19 Uhr und am Samstag, 8. August, um 10 Uhr an (Infos auf der Homepage unter www.bfv.de). Die gesamte Umsetzung sei zwar für die Vereine mit Aufwand verbunden, doch der lohne sich mit Blick auf die schnellstmögliche Rückkehr zur Normalität mit Gesundheitsschutz.

Normalität würde im Amateurfußball auch heißen: mit Zuschauern. Bis zur Wiederaufnahme der Corona-Saison 2019/2021 im September wird sicherlich an entsprechenden Konzepten gefeilt. Fußballfans werden sich dann wohl in Listen eintragen müssen – genauso korrekt (oder mitunter auch unkorrekt), wie dies Kulturfreunde oder Wirtshausgänger bereits tun.

UWE MÜHLING

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