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Typische Kinderkrankheiten im Überblick

21.7.2023, 16:00 Uhr
Kinder werden im Kindergarten schneller krank, da sie direkten Kontakt zu erkranken Kindern haben und sich noch immer vielen in den Mund stecken.

© Uli Deck/dpa/dpa-tmn Kinder werden im Kindergarten schneller krank, da sie direkten Kontakt zu erkranken Kindern haben und sich noch immer vielen in den Mund stecken.

In diesem Artikel:

Eltern wollen ihre Kinder nach Möglichkeit vor sämtlichen Gefahren bewahren. Doch manche Risiken lassen sich nicht ausschalten: Die Kleinen sind Keimen, Viren und Bakterien ausgesetzt.

Das ist kaum zu vermeiden. Dabei ist das Immunsystem der Kinder noch schwach. Es muss erst lernen, mit bestimmten Erregern umzugehen. Daher sind einige Erkrankungen im Kindesalter recht häufig.

Die wichtigsten Fragen und Antworten:

"Kinderkrankheiten sind Erkrankungen, die besonders häufig Kinder und Jugendliche betreffen", sagt Jakob Maske, Kinderarzt und Sprecher beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.

Das bedeutet aber nicht, dass Erwachsene die Erkrankungen nicht bekommen können. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie schon im Kindesalter auftreten, ist einfach höher.

Und das hat einen guten Grund: "Wenn ein Säugling aus der nahezu sterilen Umgebung der Gebärmutter geboren wird, muss er sich innerhalb kurzer Zeit und auch in den Monaten und Jahren danach mit allen Keimen unserer Umgebung auseinandersetzen", sagt Burkhard Rodeck von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.

Das heißt, das Immunsystem des Babys lernt viele Keime erst noch kennen. Es konnte noch keine Antikörper bilden, die die Erreger wirksam bekämpfen. So kann es zum Krankheitsausbruch kommen.

"In den meisten Fällen wird durch die Erkrankung und natürlich durch die empfohlenen Routineimpfungen eine Immunität entwickelt, die idealerweise über das ganze Leben wirkt", sagt Burkhard Rodeck.

Als Erwachsener sollte man deshalb in der Regel von einer erneuten Erkrankung verschont bleiben. Eine Erkrankung trainiert sozusagen die körpereigenen Abwehrkräfte.

Jeden Tag entwickelt sich das Immunsystem eines Babys weiter.

Jeden Tag entwickelt sich das Immunsystem eines Babys weiter. © Christin Klose/dpa-tmn

Wer aber als Kind von einer der typischen Kinderkrankheiten verschont bleibt, kann im Alter sehr wohl noch daran erkranken. Die Krux dabei: Die Erreger können dann schwerere Krankheitsverläufe hervorrufen.

Medizinerinnen und Mediziner machen dafür das besser ausgebildete Immunsystem von Erwachsenen verantwortlich. Es reagiert dann heftiger auf Infektionen.

Der Begriff Kinderkrankheit ist nicht eindeutig definiert. Deshalb ist eine Abgrenzung nicht ganz leicht.

Prof. Reinhard Berner vom Uniklinikum Dresden ist auf Infektionskrankheiten im Kindesalter spezialisiert. Zu den klassischen Kinderkrankheiten zählt er folgende:

  1. Masern
  2. Scharlach
  3. Röteln
  4. Ringelröteln
  5. Drei-Tage-Fieber
  6. Mumps
  7. Windpocken

All diesen Krankheiten ist gemein, dass sie anhand ihres Ausschlags oft eindeutig diagnostiziert werden können.

Und: Mit Ausnahme des Scharlachs hinterlassen sie nach einmaliger Erkrankung in der Regel eine dauerhafte Immunität (dazu später mehr).

Folgende Krankheiten sind aus Sicht des Mediziners dagegen keine klassischen Kinderkrankheiten:

  1. Diphtherie
  2. Tetanus
  3. Polio (Kinderlähmung)
  4. Keuchhusten

Sie gehen ohne Hautausschlag einher, hinterlassen üblicherweise keine dauerhafte Immunität und können Menschen jeden Alters treffen.

Sie werden mit Kindern in Verbindung gebracht, weil die Impfungen schon im frühen Lebensalter empfohlen werden.

Der enge Körperkontakt zwischen Eltern und Kind sorgt zusätzlich für ein Ansteckungsrisiko.

Der enge Körperkontakt zwischen Eltern und Kind sorgt zusätzlich für ein Ansteckungsrisiko. © Christin Klose/dpa-tmn

Auch folgende Krankheiten treffen zwar häufig kleine Kinder, sind aber ebenfalls auszuklammern:

  1. Rotaviren
  2. RSV
  3. Hand-Fuß-Mund-Krankheit

Der Grund: Auch hier sorgt die Erkrankung nicht für dauerhafte Immunität. Auch Erwachsene können davon betroffen sein.

Mit Abstand am häufigsten treten in Deutschland Windpocken auf.

Im Jahr 2022 wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) fast 10 000 Erkrankte gemeldet. Die zweithäufigste Kinderkrankheit liegt weit abgeschlagen dahinter: Scharlach mit rund 1300 Fällen.

Dahinter folgen Mumps (261 Fälle) und - insgesamt sehr selten - Masern (15 Fälle) und Röteln (3 Fälle).

Drei-Tage-Fieber und Ringelröteln sind weitgehend harmlose Viruserkrankungen.

Drei-Tage-Fieber und Ringelröteln sind weitgehend harmlose Viruserkrankungen. © Annette Riedl/dpa/dpa-tmn

Auffällig ist bei allen zuvor genannten Erkrankungen, dass die Zahlen seit 2019 stark gesunken sind. Das liegt an den Schutzmaßnahmen, die zur Eindämmung der Corona-Pandemie getroffen wurden. Sie haben auch die Übertragung anderer Krankheiten unwahrscheinlicher gemacht.

Weil das Drei-Tage-Fieber und Ringelröteln keine meldepflichtigen Krankheiten sind, liegen hier keine Fallzahlen vor.

"Grundsätzlich können Kinderkrankheiten zu jeder Zeit auftreten", sagt Jakob Maske. Und das tun sie auch. Trotzdem zeigt sich bei einigen von ihnen ein saisonal wellenförmiger Verlauf.

Das hat verschiedene Ursachen:

  • Die jeweiligen Erreger sind zum Beispiel unterschiedlich temperaturempfindlich.
  • Außerdem spielt der Übertragungsweg eine entscheidende Rolle. Bei Erkrankungen, die per Tröpfcheninfektion übertragen werden, treten besonders viele Fälle in den kälteren Jahreszeiten auf. Dann halten sich die Menschen vermehrt in geschlossenen Räumen auf.

Windpocken treten besonders häufig im Winter und Frühjahr auf. Im Sommer werden laut RKI die wenigsten Fälle gemeldet. Masern kommen besonders häufig in der ersten Jahreshälfte vor.

Mumps- und Rötelnfälle dagegen bleiben das ganze Jahr über auf nahezu gleichbleibendem Niveau.

Verschiedene Kinderkrankheiten rufen unterschiedlich Symptome hervor. Manche müssen behandelt werden, andere nicht. Einige müssen von den behandelnden Ärzten sogar ans Gesundheitsamt gemeldet werden.

Hier kommt eine Übersicht mit den wichtigsten Merkmalen:

Scharlach

  • Inkubationszeit: 2 bis 7 Tage
  • Symptome: plötzliche Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, gerötete Wangen, Schüttelfrost, Erbrechen, Kopf- und Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit und hohes Fieber, feuerroter Rachen, fleckige Mundschleimhaut und Mandeln, "Himbeerzunge". Zwischen dem zweiten und vierten Tag der Erkrankung breitet sich der typische, nicht juckende Hautausschlag mit roten Flecken von der Leistengegend und den Oberschnekel-Innenseiten über den Körper aus.
  • Impfung: nein.
  • Behandlung: üblicherweise mit Antibiotika, immer zum Arzt gehen

Mumps

  • Inkubationszeit: 16 bis 18 Tage
  • Symptome: allgemeine Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber. Die Schwellung einer oder beider Ohrspeicheldrüsen kann Ohrschmerzen sowie Schmerzen beim Kauen und Öffnen des Mundes verursachen.
  • Impfung: ja.
  • Behandlung: Die Infektion selbst lässt sich nicht beeinflussen. Bei Fieber helfen Bettruhe, Flüssigkeit, ab 38,5 Grad Celsius kalte Wadenwickel und eventuell ein fiebersenkendes Medikament. Die schmerzenden Ohrspeicheldrüsen können mit Umschlägen gekühlt oder gewärmt werden, je nach persönlichem Empfinden des Kindes.

Röteln

  • Inkubationszeit: 14 bis 21 Tage
  • Symptome: Die Infektion verläuft meist unbemerkt oder ähnelt einer leichten Erkältung mit Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen. Lymphknotenschwellungen an Hals und Nacken sind möglich, auch Fieber oder eine Bindehautentzündung. Später kann ein Hautausschlag mit kleinen hellroten Flecken hinzukommen, die aber nicht jucken. Er beginnt hinter den Ohren und breitet sich über das Gesicht und den ganzen Körper aus - verschwindet aber nach spätestens drei Tagen.
  • Impfung: ja.
  • Behandlung: Sie sollten sich schonen und im Bett bleiben. Wirksame Medikamente gegen die Viren gibt es nicht.

Masern

  • Inkubationszeit: 8 bis 10 Tage
  • Symptome: Mäßiges Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen und trockener Husten, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Kopf- und Bauchschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Hautausschlag mit hellroten Flecken zunächst hinter den Ohren, dann im Gesicht und am ganzen Körper.
  • Impfung: ja.
  • Behandlung: Wer sich ungeimpft ansteckt, bei dem kann die Krankheit mit einer rechtzeitigen postexpositionellen Impfung wirksam unterdrückt werden. Abwehrgeschwächte oder chronisch Kranke können eine passive Immunisierung erhalten. Ansonsten sollten Sie unbedingt im Bett bleiben und Ihrem Körper Ruhe gönnen.

Windpocken

  • Inkubationszeit: 14 bis 16 Tage
  • Symptome: leichtes Krankheitsgefühl, teils Fieber, juckender Hautausschlag mit Bläschen, die mit Flüssigkeit gefüllt sind.
  • Impfung: ja.
  • Behandlung: Juckreizstillende Puder und Lotionen helfen. Aufgekratzte Bläschen können mit einer Lösung desinfiziert werden. Vernarbte Entzündungsstellen lassen sich mit Salben behandeln. Bei schweren Verläufen eventuell antivirale Therapie.

Drei-Tage-Fieber

  • Inkubationszeit: 7 bis 17 Tage
  • Symptome: Das Fieber bleibt drei bis vier Tage und fällt dann schlagartig ab. Erbrechen, roter Hautausschlag, Durchfall. Erwachsene können grippeähnliche Symptome mit Schnupfen und Halsweh bekommen.
  • Impfung: nein.
  • Behandlung: Dient der Linderung der Symptome. Fiebersenkende Medikamente und ausreichend Flüssigkeitsaufnahme helfen.

Ringelröteln

  • Inkubationszeit: 7 bis 14 Tage
  • Symptome: Großflächig auftretender roter Hautausschlag. Hinzu kommen Fieber, ein Kältegefühl sowie Kopf- und Muskelschmerzen.
  • Impfung: nein.
  • Behandlung: In der Regel nicht notwendig. Es können aber fiebersenkende Medikamente gegeben werden.

Die allermeisten Kinderkrankheiten kann man nur einmal im Leben bekommen. Wer sich damit infiziert hat, hat lebenslange Immunität.

Das gilt für Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Hier sorgt auch die entsprechende Routineimpfung für Immunität. Und das gilt für Drei-Tage-Fieber und Ringelröteln.

Zwar gebe es Einzelfälle mit einer zweimaligen Windpocken-Erkrankung, sagt Kinderarzt Jakob Maske. Das seien aber weltweite Raritäten.

Gut zu wissen: Bei Windpocken können die verursachenden Viren ein Leben lang im Körper bleiben - und auch Jahre nach der Infektion noch andere Krankheiten auslösen, zum Beispiel die Gürtelrose.

An Scharlach können Kinder und Erwachsene auch mehrmals erkranken.

Folgende Krankheiten müssen dem Gesundheitsamt gemeldet werden:

  • Masern
  • Mumps
  • Röteln
  • Windpocken

Gut zu wissen: Wer mit seinem Kind in einem dieser Krankheitsfälle zur Ärztin oder zum Arzt geht, hat seine Pflicht damit getan. Die Meldung ans zuständige Gesundheitsamt übernimmt entweder der Arzt oder das mit einer Probenuntersuchung beauftragte Labor.

Mit einem kranken Kind ist der Besuch beim Kinderarzt sinnvoll.

Mit einem kranken Kind ist der Besuch beim Kinderarzt sinnvoll. © Christin Klose/dpa-tmn

Ringelröteln und Drei-Tage-Fieber hingegen sind keine meldepflichtigen Kinderkrankheiten. Dasselbe gilt grundsätzlich für Scharlach. Allerdings gelten in Thüringen und Sachsen strengere Vorschriften. Dort müssen Scharlach-Fälle gemeldet werden.

Doch egal ob meldepflichtig oder nicht - einen Arzt sollten Sie mit Ihrem Kind bei all diesen Erkrankungen aufsuchen.

Kinderarzt Jakob Maske hat dazu eine klare Meinung: "Ich kenne keine Erkrankung, bei der wir 'Erkrankungspartys' empfehlen würden, um diese schon im Kindesalter durchzumachen."

Einige Kinderkrankheiten könnten schon in jungen Jahren zu schwerwiegenden Komplikationen führen - bis hin zum Tod.

Stattdessen rät der Mediziner bei jenen Erkrankungen, für die ein Impfstoff vorliegt, zur frühzeitigen Immunisierung.

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