Atemlos in Magdeburg

"Unfassbar": Haaß und der HCE ärgern sich über die verpasste Chance

1.11.2021, 16:26 Uhr
"So nahe dran an einem Sieg ist man in Magdeburg selten": Michael Haaß war trotzdem stolz auf seine Mannschaft.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink "So nahe dran an einem Sieg ist man in Magdeburg selten": Michael Haaß war trotzdem stolz auf seine Mannschaft.

Martin Ziemer richtete noch einmal die weite schwarze Jogginghose, dann nahm er beide Hände nach oben und fixierte Omar Ingi Magnusson. Einen Siebenmeter des Isländers hatte Erlangens Torhüter schon abgewehrt an diesem Sonntagnachmittag, nun hätte er das Gastspiel in Magdeburg ganz alleine noch zu einem gelungenen machen können, nachdem es Johannes Sellin zuvor verpasst hatte, es zu einem sehr gelungenen zu machen.

27:27 stand es, die Spielzeit war bereits abgelaufen, die Schlusssirene ertönt, in der letzten Szene wollten die Schiedsrichter aber noch ein Foul an Magnusson erkannt haben und hatten auf Strafwurf entschieden.

"Unfassbar", sagte Michael Haaß, der Erlanger Trainer, als er am Tag danach mit 20 Stunden Abstand seine Gefühle beschreiben sollte: "So nahe dran an einem Sieg ist man in Magdeburg selten."
Vor allem in dieser Saison. 14 Spiele hatte der SC Magdeburg vor dem Anwurf wettbewerbsübergreifend absolviert und alle 14 gewonnen, darunter auch das Finale der Klub-Weltmeisterschaft gegen den FC Barcelona. Der HC Erlangen wiederum war mit einer frustrierenden Niederlage gegen den TSV Hannover-Burgdorf im Gepäck und ohne den weiterhin erkrankten Christoph Steinert zum Tabellenführer der Handball-Bundesliga gereist, kurzfristig fiel auch Nikolai Link aus familiären Gründen aus. Die Rollen schienen vorab also klar verteilt, allerdings dürfte den Gästen spätestens der überraschende Sieg des Aufsteigers Lübbecke gegen die Weltauswahl von Kiel noch einmal in Erinnerung gerufen haben, dass im Sport ja immer alles möglich ist.

Viel zu oft Helene Fischer

Tatsächlich waren es die Erlanger, die den besseren Start erwischten. Hinten hellwach, vorne mutig – nach zehn Minuten stand es 4:1 für den Außenseiter, sechseinhalb Minuten hatte der Favorit allein für sein erstes Tor benötigt.

So schön ging es aus Erlanger Sicht aber nicht weiter. In der 13. Minute glichen die Magdeburger aus (4:4), in der 24. Minute hatte der HCE diesen Lauf zwar gestoppt (11:11), in die Kabine ging es trotzdem beim Stand von 16:13 für die Gastgeber. "Eigentlich hätten wir in der ersten Halbzeit gar nicht in Rückstand geraten dürfen", bemerkte Haaß. Weil seine Spieler aber aus unerfindlichen Gründen Michael Damgaard ignorierten, durfte Magdeburgs flinker Rückraumspieler gleich fünf Mal relativ ungestört abschließen – und der Hallen-DJ viel zu oft Damgaards Lieblingslied von Helene Fischer abspielen.

Harte Linie der Schiedsrichter

Dass es auch nach dem Seitenwechsel ein packendes und über die Schlussminute hinaus spannendes Handballspiel wurde, hatte unter anderem damit zu tun, dass in der zweiten Halbzeit nur noch einmal "Atemlos" aus den Boxen der Getec-Arena dröhnte. Auf Damgaards Laufwege hatte sich der HCE nun eingestellt, der starke Nico Büdel ging – auch nachdem er den angeschlagenen Antonio Metzner auf ungewohnter Position ersetzen musste – mutig voran, Ziemer durfte sich an alter Wirkungsstätte immer wieder auszeichnen.

In der 52. Minute sah Petter Overby Rot, in der 58. traf Simon Jeppsson im Fallen spektakulär zum 27:27 und 58 Sekunden vor Schluss hätte Sellin seine Erlanger sogar in Führung bringen können. Doch sein Wurf strich deutlich am Magdeburger Tor vorbei, weshalb sie sich keine Weltpokalsieger-Besieger-T-Shirts drucken durften und sich stattdessen über ihre mangelnde Ausbeute und die Linie der Schiedsrichter ärgern mussten. "Das Spiel so zu entscheiden, war zu hart", fand Haaß.

Beim letzten Wurf der Partie ließ Magnusson Ziemer keine Chance.

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