Veitsbronn: Wehr- und Wallfahrtskirche als Schatzkästlein

28.8.2016, 13:00 Uhr
Veitsbronn: Wehr- und Wallfahrtskirche als Schatzkästlein

© Petra Fiedler

„Wir haben es hier in Veitsbronn mit einer WWW-Kirche zu tun“, führt Hans Feder launig in die Geschichte des Gotteshauses ein. Wobei sich hinter WWW nicht neueste Kommunikationswege verbergen, sondern nach Lesart des Veits-Freundes Feder die Begriffe Wahrzeichen, Wehrkirche und Wallfahrtskirche.

Und so berichtet Feder den verdutzten Zuhörern, dass die Veitsbronner Kirchweih am falschen Tag gefeiert werde: „Der 15. Juni ist der Veitstag.“ Das ist den meisten Zuhörern nicht geläufig. Auch nicht, dass der Veitstag in früherer Zeit die Bedeutung des jetzt gefeierten Johannistages hatte. Die Regeln besagen: „An Veit ändert sich die Zeit, geht auf die andre Seit“, meint nicht weniger, als dass das Jahr beginnt, sich wieder dem Winter zuzuwenden. Letztmalig urkundlich am 15. Juni nachgewiesen sei die Kirchweihfeier in Veitsbronn im Jahr 1414.

Zwei Seiten eines Altars

Rund dreißig Jahre später, 1440/1450, dürfte Veitsbronns ältester Altar entstanden sein, der Barbara-Altar an der Wand links vor der Apsis. Es ist ein Nothelfer-Altar, der auf seiner goldenen Schauseite auch den Heiligen Veit präsentiert. Der typischen Anlage gotischer Altäre entsprechend, zeigt er im geöffneten Zustand seine goldene Seite und gewährt den Gottesfürchtigen den Blick in die Ewigkeit. Während der Advents- und Passionszeit aber, erklärt Feder, seien die Altäre geschlossen worden und hätten ihre blaue Seite präsentiert: „Das steht für die innere Einkehr.“

Achatius und Ägidius führen das Alphabet der Nothelfer an, mit Stephanus und Veit endet es. Der heilige Veit ist, wie all die anderen Heiligen als aufrechter Diener Gottes dargestellt. „Wir haben es hier nicht mit gramgebeugten Schmerzensmännern zu tun, sondern mit Vorbildern, die Schmerz und Tod überwunden haben.“ Der Barbara-Altar stammt aus Nürnberg.

Ein Prachtwerk der Sakralkunst aus der Mitte des 15. Jahrhunderts ist der Marien-Altar. Die Werkstatt könnte die des Valentin Wolgemut gewesen sein. Kein geringerer als Albrecht Dürer wurde bei diesem bekannten Meister ausgebildet. Maria im Strahlenkranz dominiert das Altarbild. Ihr Fuß ruht auf dem Sichelmond und auf dem von einem Turban umschlungenen Kopf eines Türken. Ein Zeichen, dass der Altar während der Türkenkriege entstand.

Bis zur Reformation war die Veitskirche wegen dieses Gnadenbildes Ziel von Wallfahrten aus Richtung Herzogenaurach. Denn, so Hans Feder, Veitsbronn sei historisch dem Königshof Herzogenaurach zuzuordnen.

Nach der Reformation sprachen die Wallfahrer von der verlassenen Madonna zu Veitsbronn. „Das hört sich sehr hart an“, meint Feder und ergänzt, dass verlassen und verloren dem gleichen Wortstamm entspringen. „Für die Katholiken galt die Maria von Veitsbronn nach der Umwidmung in ein evangelisches Gotteshaus wohl als verloren“, interpretiert Feder diese Formulierung.

Von malerisch herausragender Qualität ist der jüngste, der Katharinen-Altar, der Anfang des 16. Jahrhunderts vom Meister des Martha-Altars in Nürnberg St. Lorenz geschaffen wurde. Den Gesichtern der dargestellten Heiligen merkt man an, dass eine neue Zeit anbricht. Sie tragen schon individuelle Züge, zeigen emotionalen Ausdruck und eine das Individuum betonende Kleidung.Das Veitsaltärchen aus dem späten 15. Jahrhundert rundet die Werkschau in Veitsbronn ab und Feder erzählt vom Martyrium des Heiligen Veit, der als zwölfjähriger Jüngling in siedendem Fett zu Tode kam. Warum der jugendliche Märtyrer mit Buch und Hahn dargestellt ist, sei nicht abschließend geklärt. Die Veitslegende besagt, dass er und seine Pflegeeltern in der römischen Gefangenschaft von einem Raben genährt wurden.

Feder hat aber auch erarbeitet, dass die Darstellung des Hahns später erfolgt sein könnte, dann, als bereits ein Reliquienkult eingesetzt hatte. Bischof Otto von Bamberg hat demnach eine Reliquie des Heiligen Veit: eine Hand, die ein Hahn zierte.

Weit weniger kompliziert hat sich der ehemalige Pfarrer Günsch die Veitsdarstellung ausgelegt. Hans Feder schildert die Anekdote des volkstümlichen Geistlichen: „Der Bub ist mit dem ersten Hahnenschrei aufgestanden und hat die Bibel gelesen“.

Ihre wertvollen Altäre haben die Veitsbronner der Frömmigkeit und dem Reichtum der Nürnberger Bürger zu verdanken. In der Reichsstadt seien Altäre zuhauf gespendet worden, die in den Kirchen Nürnbergs schlicht nicht mehr unterkamen. Die Werke haben noch weitaus größere Wege zurückgelegt. So sei vom Meister des Barbara-Altars auch ein Werk in Dijon zu finden.

Wie diese Zuordnung möglich war, hat Feder eine französische Kunsthistorikerin, die in Veitsbronn zu Besuch war, gefragt. Die erstaunliche Antwort: „Wir haben die Nasen vermessen und abgeglichen.“

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