Wasser fürs Blumenbeet aus der Kläranlage?

11.5.2012, 19:33 Uhr
Wasser fürs Blumenbeet aus der Kläranlage?

© Sichelstiel

Was die Freien Wähler vorhaben, klingt so einfach wie genial. Sie wollen das Abwasser der Kläranlage nicht länger in die Pegnitz einleiten, sondern auffangen und damit die vielen Beete gießen, um die sich die Stadt kümmert. Die Idee, erzählt Fraktionssprecher Heiko Scholl, sei ihm und seinen Mitstreitern bei einer Besichtigung der Anlage gekommen, die am Tag stolze 7000 Kubikmeter bewältigen kann und für Röthenbach und das benachbarte Rückersdorf zuständig ist. „Optisch rein“, so Scholl, sei das Wasser, das sich da in den Fluss ergieße. Und, anders als die Fäkalien, die am Beginn des Klärprozesses stünden, rieche es auch nicht.

Letzteres ist wohl eine Einschätzung, die von der Empfindlichkeit der eigenen Nase abhängt. Dieter Quast (SPD) jedenfalls, nicht nur Bürgermeister-Stellvertreter, sondern auch passionierter Angler und als solcher häufig an der Pegnitz anzutreffen, beschreibt das Gegenteil. Eine Forelle, die im Abwasser der Kläranlage geschwommen ist, möchte er lieber nicht essen.

25 Hektar öffentliche Grünflächen

Aber würde er trotzdem seine Blumen mit diesem Wasser gießen? Quast hält den Einfall der Freien Wähler zumindest für eine „spannende Sache“. Damit, so auch die Meinung anderer Stadträte, ließe sich vielleicht Steuergeld sparen. Immerhin gibt es rund 25 Hektar „öffentliches Grün“ in Röthenbach, die zu einem großen Teil bewässert sein wollen. Pro Qua­dratmeter Pflanzfläche kann man laut Stiftung Warentest von 60 Litern im Jahr ausgehen. Gut für die Natur ist es angesichts dieser Zahlen auf jeden Fall, wenn weniger frisches Nass verbraucht wird.

Günther Steinbauer, der Bürgermeister, bremst die Erwartungen. Vermutlich, das ist eine erste Einschätzung aus der Stadtverwaltung, bedarf es einer Genehmigung für jedes einzelne Beet, das auf diese Weise gegossen werden soll. In Deutschland ist nämlich genau geregelt, was mit Abwasser geschehen darf – und was nicht. Problematisch könnte unter anderem die Tatsache sein, dass die Stadt im Wasserschutzgebiet liegt.Hier sind die Vorschriften besonders streng. Und schließlich sprechen laut Steinbauer „eventuell“ hygienische Gründe gegen das Vorhaben. Stichwort: Bakterien. Festlegen mag er sich allerdings noch nicht. Jetzt will die Stadt das Wasserwirtschaftsamt um Rat bitten, dort sitzen die Experten.

Die PZ hat sich bereits bei der Nürnberger Behörde umgehört. Ulrich Fitzthum, ihr Leiter, kann allerdings auch keine endgültige Antwort geben. Wiederverwendung von Abwasser im großen Maßstab, meint Fitzthum, spiele bisher vor allem in trockenen Gebieten eine Rolle, etwa in Afrika. Im an Wasser nicht armen Franken betrete man damit Neuland. Eines aber weiß er sicher: Was aus der Kläranlage fließt, ist zwar gereinigt, beinhaltet aber immer noch Keime. Ob es daher zulässig ist, das Abwasser im Stadtgebiet zu verteilen? Fitz­thum: „Da muss man mit dem Gesundheitsamt reden.“

Entkeimungsanlagen teuer

Laut dem Chef des Wasserwirtschaftsamts gibt es zwar Entkeimungsanlagen, deren Einsatz kann aber teuer sein. „Das ist dann eine Frage der Wirtschaftlichkeit“, sagt er. Rechtlich falle die ganze Angelegenheit sowieso in die Zuständigkeit des Landratsamts. Abwasser dürfe man nicht einfach entsorgen, insoweit stimme die Auskunft der Röthenbacher Verwaltung. Aber ob Blumengießen juristisch schon als Entsorgung zu werten sei?

Der Vorschlag der Freien Wähler ist wohl doch nicht so einfach umzusetzen. Immerhin aber kann der Fachmann klären, wie das mit dem Geruch nun wirklich ist. „Erdig“ rieche es im Mündungsbereich einer Kläranlage, meint Fitzthum, „nach Waldboden.“

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