Weißenburger Unverpacktladen: "Es wäre gut angelaufen"

14.7.2020, 14:15 Uhr
Weißenburger Unverpacktladen:

© Foto: Lidia Pichoulek

Doch während sie so auf einer Bambusbank im Hinterhof des Geschäftes sitzt, legt sich allmählich ein trauriger Zug auf ihr Gesicht. So oft war sie in den vergangenen Monaten in ihrem Laden gestanden und hat wartend zum Fenster heraus gesehen. Und ebenso oft kam eine Stunde lang kein einziger Kunde. In den Wochen des Lockdowns war Weißenburg eine Geisterstadt, sagt sie.

Angst um die Existenz

Es sei umso schwerer für sie zu begreifen gewesen, da der Ansturm der ersten Wochen nach der Eröffnung des Ladens für sie noch so präsent gewesen sei. Und so habe in ihr das reinste Gefühlschaos geherrscht. "Anfangs vermieden viele Kunden sogar, samstags zu uns zu kommen. Einfach, weil es ihnen zu voll war", erinnert sie sich, beinahe wehmütig, an die ersten drei Monate nach der Eröffnung.

Mit dem Beginn der Coronapandemie wendete sich das Blatt und kaum einer fand den Weg in die Innenstadt. "Wir hatten jetzt über mehrere Monate etwa ein Drittel Umsatzeinbußen", erklärt Gutmann. Sie habe damals große Angst um die Existenz des Ladens gehabt. Hinzu kam die Schließung der Kindergärten, die praktisch alle Mitarbeiterinnen betraf.

Die dreifache Mutter konnte selbst kaum noch im Unverpackt-Laden arbeiten und musste – wie fast all ihre Kolleginnen – stattdessen die Kinder betreuen. Personal zu finden wurde "ein echter Kraftakt", die Öffnungszeiten des Geschäfts wurden zwangsläufig sehr kurz. "Aktuell ist es einfach nur ein Draufzahlgeschäft", fasst die Selbstständige resigniert zusammen. Ihr Blick trübt sich dabei. "Und dabei wäre es total gut angelaufen. Aber das alles hier ist mein Herzblut. Wir werden das definitiv weitermachen."

Wie sich in den vergangenen sechs Monaten herauskristallisiert hat, sind der Großteil ihrer Kundschaft junge Mütter. Seitdem die Kinderbetreuung wieder anläuft, haben diese nun auch wieder mehr Zeit und somit die Möglichkeit, um zu ihr in den Laden zu kommen und unverpackt zu kaufen.

Die Hygienemaßnahmen sind ebenfalls wieder kundenfreundlicher geworden. Seit dem 24. Juni dürfen vier statt nur zwei Kunden gleichzeitig bei ihr einkaufen. Nach der Desinfektion der Hände darf jeder seine mitgebrachten Behälter selbst befüllen. Die Hygienestandards seien schon vor der Pandemie hoch gewesen, betont die Inhaberin: "Anders als im Supermarkt fassen hier keine hundert Kunden die verpackten Produkte an." Stattdessen fällt das Produkt, beispielsweise Nudeln, direkt aus dem Spender in ein Gefäß. Zangen, Schaufeln und Löffel, die etwa für das Abfüllen von Gummibärchen verwendet werden, wandern direkt nach der Benutzung in einen Sammelbehälter und anschließend in ein steriles Becken.

Nun hofft Daniela Gutmann, dass gerade durch das Erleben der Pandemie ein Umdenken in den Köpfen stattfindet und generell mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt werd.: Auch die miserablen Bedingungen in deutschen Schlachthöfen würden nun von vielen Seiten kritisiert.

Kunden wollen regional kaufen

Zahlreiche Produkte hat die Inhaberin in den vergangenen Monaten umgestellt und versucht nun, sie so regional wie möglich zu beziehen. "Die Kunden unterstützen das und fordern es ein – und sind auch bereit, mehr zu bezahlen, wenn unsere Hirse statt aus Polen aus dem nahegelegenen Schrozberg kommt", erklärt sie. In den letzten Monaten hat sie darüber hinaus Produkte in ihr Sortiment aufgenommen, die ihre Kundschaft vermisst hat: beispielsweise unverpackten Kaugummi, Sojajoghurt im Glas und Chiasamen.

Auch mit den Süßigkeiten sei das so eine Sache gewesen. Es habe mit drei Sorten Schokolade begonnen, erinnert sie sich. Aber binnen weniger Wochen seien daraus zehn verschiedene Geschmacksrichtungen geworden– einfach weil die Nachfrage da gewesen sei. "Ich will, dass meine Kunden die Auswahl haben", bekräftigt Gutmann. Sie sollen im Vergleich zum Supermarkteinkauf auch in ihrem Laden nichts vermissen müssen.

Heute gibt es Gläser voller unverpackter Marshmellows, süßer und saurer Gummibärchen und bald auch Tortilla Chips. Denn diese vermisst die so gut wie plastikfrei lebende Inhaberin "ganz persönlich einfach sehr stark." Mindestens genauso sehr wie manche ihrer Kunden.

 

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