Wenn Kindertraining zum Politikum wird. . .

29.4.2021, 11:29 Uhr
Wenn Kindertraining zum Politikum wird. . .

© Foto: Bastian Mühling

Da war zunächst das in der vergangenen Woche vom Bundestag verabschiedete "Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite". Darin verankert: die Möglichkeit bis 24 Uhr draußen alleine Sport zu treiben (trotz Ausgangssperre); viel wichtiger aber die Erlaubnis für Kinder unter 14 Jahren in Gruppen bis zu fünf Mädchen und/oder Jungs Sport im Freien zu treiben und zu trainieren – kontaktfrei zwar, aber immerhin gemeinsam und auch bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100.

Die Bayerische Staatsregierung wollte diese Entscheidung zunächst nicht mittragen und blieb bei ihrer strengeren Linie. Das Trainingsverbot galt also weiterhin im Freistaat, was viel Kritik und Protest nach sich zog.

Auch Artur Auernhammer zeigte sich enttäuscht. Der CSU-Bundestagsabgeordnete aus Oberhochstatt stellte sich zusammen mit den Sportverbänden gegen die Bayerische Staatsregierung und damit letztlich auch gegen die eigene Partei: "Sport für Kinder muss möglich sein", lautete die klare Forderung des MdB, der dem Sportausschuss des Bundestags angehört. Dieser wiederum hatte sich für Lockerungen beim Sport für Kinder starkgemacht.

Der Rückzieher

Von bayerischer Seite folgte inzwischen der Rückzieher. In der jüngsten Kabinettssitzung gab es Nachbesserungen bei den Regeln für das kontaktlose Training von Kindern unter 14 Jahren. Damit wurden zugleich die im Vergleich zur Bundesreglung strengeren Vorgaben im Freistaat aufgegeben: Seit dem 28. April ist folglich auch in Bayern Sport im Freien für Kinder unter 14 Jahren in Gruppen von bis zu fünf Personen oberhalb einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 gestattet.

Bayern hat seine Verordnung somit an die sogenannte "Bundes-Notbremse" angepasst. Trainer und Betreuer (sogenannte Anleitungspersonen) dürfen nur dann teilnehmen, wenn sie ein negatives Testergebnis, das nicht älter als 24 Stunden ist, nachweisen können. Vollständig geimpfte Personen werden negativ getesteten Personen gleichgestellt.

Positiv aufgenommen wurde die Nachricht unter anderem beim TSV 1860 Weißenburg. Dessen Fußballabteilung will das Training für die Teams mit Kindern bis zu 14 Jahren so schnell wie möglich wiederaufnehmen. "Einige Trainer scharen schon mit den Hufen", berichtet Spartenleiter Roland Mayer und baut zugleich auf die Bereitschaft aller Übungsleiter sich regelmäßig testen zu lassen. Dann würde einem Training in Kleingruppen und ohne direkten Kontakt nichts mehr im Wege stehen und langsam wieder Leben zurückkehren in den Sportpark Rezataue.

Kritik am bayerischen Sonderweg

Artur Auernhammer zeigte sich im Gespräch mit dem Weißenburger Tagblatt "absolut erleichtert", dass das Bundesgesetz nach einigen Interventionen nun auch in Bayern akzeptiert und umgesetzt wird. Für das zwischenzeitliche Zögern der Bayerischen Staatsregierung hatte er wenig Verständnis und übte deutliche Kritik an dem Sonderweg. "Für Kinder und Jugendliche bedeutet die aktuelle Zeit gravierende Einschnitte in alle Lebensbereiche, ob Schule, Freizeit oder Sport. Gerade deswegen ist es so wichtig, Bewegung für Kinder zu ermöglichen. Es muss einen Ausgleich für den sonst so bewegungsarmen Tagesablauf geben", verwies Auernhammer auf die Wichtigkeit des Sports.

Ist selbst Breitensportler und vor allem Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages: Artur Auernhammer (rechts, hier auf einem Bild von 2019 mit BLSV-Sportabzeichen-Referent Helmut Brand) hat sich für die Freigabe des Kindertrainings eingesetzt.

Ist selbst Breitensportler und vor allem Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages: Artur Auernhammer (rechts, hier auf einem Bild von 2019 mit BLSV-Sportabzeichen-Referent Helmut Brand) hat sich für die Freigabe des Kindertrainings eingesetzt. © Foto: BLSV Weißenburg-Gunzenhausen

Besonders "aufgeregt" hat er sich über die Tatsache, dass Bayern zunächst ausscherte. "Da frage ich mich schon, warum sonst immer nach bundeseinheitlichen Regelungen verlangt wird", so der Abgeordnete, der leicht süffisant hinzufügt: "Ich bin froh, dass auch die bayerische Regierung nun den Ratschlägen aus Berlin gefolgt ist."

Auernhammer ging es aber vor allem um die Sache des Trainings für Kinder an sich. Generell forderte der Bundestagsabgeordnete: "Wir brauchen für den Sport eine gute Perspektive. In der Regelung des Bundes hat sich der Sportausschuss dafür eingesetzt. Jetzt sollte dieser Beschluss aber auch einheitlich gelten und den Kindern und Sportlern in Bayern die Bewegung an freier Luft ermöglichen. Dabei unterstütze ich klar die Forderung des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV)".

"Kleiner Schritt in die richtige Richtung"

Eine Forderung, die inzwischen erfüllt ist – auch auf Druck aus dem organisierten Sport. "Das Festhalten an den strengeren Regelungen für den Sport in Bayern trotz einer Erleichterung im Bundesgesetz war für uns nicht nachzuvollziehen", sagte etwa BLSV-Präsident Jörg Ammon. "Das haben wir sehr deutlich gemacht. Die Politik ist unserer Forderung, wenigstens die zarten und maßvollen Erleichterungen aus dem Bundesgesetz auch in Bayern umzusetzen, nun nachgekommen. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung."

Eine positive Reaktion war auch vonseiten des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) zu vernehmen. "Grundsätzlich ist alles zu begrüßen, was das Leben für unsere Kinder in diesen Zeiten verbessert. Von daher sind wir erst einmal froh, dass es auch bei der Staatsregierung eine Einsicht gibt. Das ist aber allenfalls ein Schrittchen in die richtige Richtung", erklärte BFV-Geschäftsführer Jürgen Igelspacher.

Er unterstrich aber auch nochmals das, was BFV-Präsident Rainer Koch bereits in der vergangenen Woche betont hatte: "Der Amateur- und Jugendfußball stellt kein pandemisches Problem dar, sondern ist vielmehr fixer Teil der Lösung. Das muss endlich auch so akzeptiert werden. Bis heute kann niemand erklären, warum in der Schule getestete Kinder nicht auch am Nachmittag in größeren Gruppen und ohne Altersbeschränkung gemeinsam unter Aufsicht sowie unter Einhaltung der etablierten Hygienekonzepte trainieren dürfen." Ein faktisches Sportverbot, so die BFV-Verantwortlichen, habe "drastische Folgen für Körper und Psyche, aber auch für den Unterbau in unseren Vereinen".

 

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