Angespannte Lage bei Siemens: Kaeser gibt sich gelassen

30.1.2019, 16:12 Uhr
Konzernchef Joe Kaeser gab am Mittwoch Antworten auf die Fragen der Aktionäre.

© CHRISTOF STACHE, AFP Konzernchef Joe Kaeser gab am Mittwoch Antworten auf die Fragen der Aktionäre.

Darf sich der Chef eines Dax-Konzerns lautstark zu gesellschaftspolitischen Frage äußern? Ja, das soll er sogar, lautete mehrheitlich die Meinung von Aktionärsvertretern. Und auch der frühere SAP-Chef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Jim Snabe, der erstmals die Hauptversammlung leitete, befand, dass Joe Kaeser den richtigen Weg geht. Maulkorb, nein danke.

So sagte Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutioneller Privatanleger: "Herr Kaeser, Sie bekommen keine sieben Millionen Euro fürs Mundhalten. Bewahren Sie Haltung." Kaesers  Wort hat Gewicht, schließlich beschäftigt Siemens fast 380.000 Menschen auf der ganzen Welt, davon beinahe 45.000 Frauen und Männer in der Metropolregion Nürnberg.

Seit einiger Zeit äußert sich der Siemens-Chef immer häufiger zu Themen, die nichts mit Kraftwerken in Ägypten, Computertomogafen oder neuen U-Bahn-Zügen für London zu tun haben. Er verwünscht den Brexit oder formt Sätze wie: "Lieber Kopftuch-Mädel als Bund Deutscher Mädel". Gemünzt war dies auf die AfD-Politikerin Weidel. Was wiederum Parteimitglieder zur Revanche einlud. Weil ja auch sie Siemens-Aktien besitzen und damit bei der Hauptversammlung sein dürfen, stellten zwei AfD-Aktionäre Gegenanträge mit dem Ziel, den Vorstandschef nicht zu entlasten. Die Begründung: Kaeser habe sich in Zuwanderungsfragen eingemischt und dabei einen inakzeptablen Nazi-Vergleich mit einer AfD-Politikerin gezogen.


Was die Siemens-Alstom-Fusion für Franken bedeutet


Ein wichtiges Thema war auch die Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom. Die Nervosität und Verärgerung darüber, dass die Europäische Union immer neue Zugeständnisse von den Konzernen einfordert, war in der Münchner Olympiahalle spürbar. Deutsche und Franzosen wollen nach dem Vorbild von Airbus einen Champion schmieden, die europäische Wettbewerbsbehörde jedoch hat Bedenken. "Weitere Zugeständnisse an Brüssel wird es nicht geben", sagte Kaeser nun. Er kritisierte das "30 Jahre alte europäische Wettbewerbsrecht - da tun sich Abgründe auf". Viel klüger sei das deutsche Kartellrecht, das in Ausnahmefällen eine Ministererlaubnis zulässt. Zuletzt war trotz kartellrechtlicher Bedenken in Deutschland durchgewunken worden, dass die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann von Edeka übernommen werden darf.

Mit Blick auf den Gesamtkonzern konnte Siemens allenfalls durchschnittliche Zahlen vorweisen. Unterm Strich verdiente der Konzern wegen wegfallender Sondereffekte im ersten Quartal 1,1 Milliarden Euro - knapp 50 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Das bereinigte Ergebnis (Ebita) der Industriegeschäfte sank in den drei Monaten per Ende Dezember um sechs Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro. Der Umsatz legte im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr hingegen zu - um ein Prozent auf 20,1 Milliarden Euro. Deutlich zulegen konnte Siemens zudem im Neugeschäft. Vor allem dank einer starken Entwicklung in der Zugsparte stiegen die Auftragseingänge um zwölf Prozent auf 25,2 Milliarden Euro.

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