Treffen von Spitzenmanagern in Frankfurt 

Banken: Finanzthemen im Wahlkampf fehlen

12.9.2021, 05:00 Uhr
Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, vermisst "eine klare Agenda" im Wahlkampf. 

© Arne Dedert/dpa Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, vermisst "eine klare Agenda" im Wahlkampf. 

Sewing wie auch Commerzbank-Chef Manfred Knof und Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis fordern vor allem einen Bürokratieabbau und „faire“ Regeln für die Branche. Natürlich seien zuallererst die Banken selbst gefragt. „Dabei ist die Branche insgesamt auf einem guten Weg. Die deutschen Finanzinstitute sind seit der Finanzkrise insgesamt nicht nur deutlich stabiler und robuster geworden. Die Branche legt endlich auch beim Thema Profitabilität zu“, so Sewing, der seit Juli auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist.

Trotzdem seien Erleichterungen wichtig. „Es war und bleibt richtig, Großbanken besonders sorgfältig zu regulieren", so der Banker. "In Europa haben wir jedoch gleichzeitig viel dafür getan, Banken gar nicht mehr groß werden zu lassen. Das aber ist ein fragwürdiger Kurs - nimmt doch die Bedeutung von Größe in der Finanzwelt exponentiell zu.“

Für europäische Bankenunion

Commerzbank-Chef Knof argumentiert ähnlich: „Wir brauchen nicht mehr, sondern klügere Regeln.“ Gleichzeitig müssten die Kosten der Regulierung gesenkt werden, sie belasteten das Geschäft. Sewing, Knof und Schleweis plädieren nachdrücklich für die europäische Bankenunion und damit für einen einheitlichen europäischen Kapital- und Finanzmarkt. Pläne der EU-Kommission dafür liegen seit 2015 vor, aber die Realisierung kommt nicht voran. Mit der Bankenunion sollen bürokratische Hürden zwischen den EU-Staaten abgebaut und unter anderem der grenzüberschreitende Kreditzugang für Unternehmen möglich werden. Dies gilt auch für Verbraucher im Blick auf grenzüberschreitende Geldanlagen.

„Es ist an der Zeit, die Hürden wegzuräumen und das volle Potenzial des deutschen Bankenmarktes auszuschöpfen“, so Knof. Nach der Verschärfung der Regeln nach der Finanzmarktkrise 2008 sei es nun Zeit, den Banken entgegenzukommen. Auch Schleweis warnt vor „zu viel Regulierung“.

Deutsche-Bank-Chef Sewing hat dabei vor allem die US-Konkurrenz im Blick. In den vergangenen 20 Jahren seien die europäischen Banken zurückgefallen. Zur Jahrtausendwende hätten die 25 größten europäischen Institute noch einen ähnlichen Börsenwert erreicht wie die 25 größten US-Häuser. Heute seien allein die beiden US-Institute JP Morgan und die Bank of America so viel wert die 18 größten europäischen Banken zusammen. "Um wieder aufzuholen, braucht auch Europa einen stärkeren Banken- und Kapitalmarkt. Sonst werden wir uns in einer polarisierten Weltwirtschaft zwischen den USA und China nicht behaupten können.“

Die Banken- und Kapitalmarktunion sieht er als eine notwendige Bedingung für einen starken Finanzsektor in Europa. „Wir können uns da keinen evolutionären Weg mehr leisten, hier braucht es jetzt einen großen Sprung. Das wird auch die überfällige Konsolidierung über Landesgrenzen hinweg beschleunigen.“

Sewing selbst kümmert sich derzeit allerdings nicht um mögliche Fusionspartner. Er konzentriere sich auf den Umbau und die Stärkung seines Hauses. Die beste Vorbereitung für Fusionen und Übernahmen sei, selbst fit zu sein - „und wir werden fitter und fitter, von Quartal zu Quartal.“

Filialschließungen in großem Stil

Für Commerzbank-Chef Knof sind Fusionen und Übernahmen derzeit ebenfalls kein Thema, wobei sein Haus ohnehin eher als Übernahmekandidat gilt: Er habe genug anderes zu tun: „Ich will die Eigenständigkeit der Commerzbank sichern“. Knof leitet die zweitgrößte deutsche Geschäftsbank seit Anfang des Jahres und hat dem Institut einen strikten Sparkurs mit dem Abbau von mehreren tausend Arbeitsplätzen und der Schließung von hunderten von Filialen verordnet.


Als zentral für ihre Zukunft, aber auch die der Gesellschaft stufen die drei Bank-Manager Nachhaltigkeit ein. „Der Kampf gegen den Klimawandel ist die wohl größte Herausforderung der Menschheit, und wir Banken werden uns grundsätzlich daran ausrichten müssen. Und zwar jetzt“, sagt Sewing. Für ihn ist Nachhaltigkeit nicht nur eine Herausforderung und Belastung für die Institute: „ESG, also das Bankgeschäft nach strengen Umwelt-, Sozial- und Führungskriterien, ist das größte Wachstumsthema seit Jahrzehnten“.

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