Das bleibt zehn Jahre nach der Lehman-Brothers-Pleite

14.9.2018, 09:58 Uhr
Das bleibt zehn Jahre nach der Lehman-Brothers-Pleite

© dpa/ Everett Kennedy Brown

Im September 2008 erklärte die Investmentbank Lehman Brothers ihre Insolvenz. Sie löste eine globale Krise aus, deren Folgen noch spürbar sind. Politik und Realwirtschaft kamen den Ereignissen nicht hinterher. Etliche Unternehmen der Finanzbranche kamen ins Strudeln, das Vertrauen in deren Kreditwürdigkeit schwand. Es folgten Entlassungen, in den USA verloren Tausende Menschen sogar ihr Dach über dem Kopf. Auch für die Anleger hatte der Zusammenbruch Konsequenzen.

Zum zehnten Jahrestag am 15. September zeigt Arte am Dienstag (18. September) um 20.15 eine sehenswerte Dokumentation, die zunächst daran erinnert, dass der Ursprung der Finanzkrise in einem spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkt liegt. US-amerikanische Bankinstitute vergaben Kredite wie am Fließband, auch an Kunden, deren Bonität eingeschränkt war. Banken entledigen sich des Risikos oft, indem sie diese "Subprime"-Kredite mit finanzmathematisch ausgeklügelten Wertpapieren kleingestückelt in alle Welt verkaufen - mit dem Segen von Ratingagenturen, die den letztlich durch Häuser abgesicherten Papieren oft beste Bonität bescheinigen.

Dieses System reißt der Dokumentarfilm nur kurz an. Ihm geht es viel mehr um die Geschichten ehemaliger Mitarbeiter, die damals kurz vor der Katastrophe Alarm schlugen, aber entweder ignoriert oder unter Druck gesetzt wurden. Was die firmeninternen Whistleblower von damals erzählen, ist verstörend. Es fällt ihnen schwer loszulassen nach all den Erniedrigungen, die sie über sich ergehen lassen mussten.

Szenen wie aus Mafia-Film

Einige ihrer Erlebnisse hören sich an wie Szenen aus Mafia-Filmen. Da ist zum Beispiel Sylvia Vega-Sutfin. Nachdem sie und ihre Kolleginnen ihren Vorgesetzten mitteilten, dass sie Hinweise auf Betrugsfälle hätten, drangen zwielichtige Typen in ihre Häuser ein, machten absurde Anschuldigungen oder wurden sexuell zudringlich. Die Frauen kündigten. Heute sind sie gebrochene Menschen, denen die Tränen kommen, wenn sie sich an die qualvolle Zeit erinnern.

Nicht weniger interessant ist die Geschichte von Matthew Lee. Der ehemalige Vizepräsident von Lehman Brothers weigerte sich damals, Finanztransaktionen in zweistelliger Milliardenhöhe zu genehmigen. Daraufhin wurde er gefeuert. Seitdem lebt er quasi auf der Landstraße und fährt mit seinem Mottorad durch Amerika, als wollte er der Vergangenheit entkommen. Wenn die Kamera ihm auf seinen Touren folgt, entstehen dabei wunderschöne Landschaftsaufnahmen. Von ihnen geht eine Ruhe aus, die im Kontrast steht zur Hektik jener Tage. Wie Lee begleitet die Dokumentation auch die übrigen Whistleblower an Orte, wo sie ihren Frieden finden.

Den Film durchzieht ein melancholischer Ton, der die Zuschauer mit den Opfern der Bankenkrise mitfühlen lässt. Erschreckend wirken dagegen die Aussagen des letzten Lehman Brothers-Chefs Richard Fuld, den Regisseurin Jennifer Deschamps zwischendurch in Archivaufnahmen zu Wort kommen lässt. Seine Kommentare wirken geradezu zynisch. Er selbst hat die Krise unbeschadet überstanden und ist wieder in der Finanzindustrie aktiv.

Draghi: Europas Bankens sind stabiler

Strengere Regeln und engere Überwachung haben Europas Banken seit der Lehman-Pleite vor zehn Jahren nach Ansicht von EZB-Chef Mario Draghi widerstandsfähiger gemacht. "Alles in allem sind Banken heute stabiler", stellte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt fest. "Können wir deswegen selbstzufrieden sein? Nein." Viele Risiken seien in die Welt der Schattenbanken abgewandert. Dort müssten Aufseher und Regulatoren genauer hinschauen. Als Schattenbanken gelten Akteure an den Finanzmärkten, die bankähnliche Funktionen wahrnehmen, aber keine Banken sind und somit nicht der Regulierung für Kreditinstitute unterliegen.

Bestrebungen wie in den USA, die seit der Finanzkrise verschärften Regeln für Banken wieder aufzuweichen, sehe er in Europa nicht, sagte Draghi: "In der Europäischen Union sehen wir diese Gefahr nicht."

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