Das Ladensterben geht weiter: Was tun?

4.9.2015, 21:15 Uhr
Das Ladensterben geht weiter: Was tun?

© dpa

Die Prognosen sind alarmierend: Rund 45.000 Ladengeschäften in Deutschland droht nach Schätzung des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln bis 2020 das Aus. Mehr als jeder zehnte Laden könnte damit für immer seine Tore schließen. Die Fachzeitschrift «Textilwirtschaft» spricht bereits vom «Horrorszenario Geisterstadt».

Besonders bedroht vom Ladensterben sind der Studie zufolge ländliche Regionen, Kleinstädte und Mittelzentren. Ihnen setzt nicht nur der Boom des Online-Handels zu, sondern auch der Bevölkerungsrückgang. Doch immer mehr Kommunen versuchen, sich gegen das allmähliche Sterben ihrer Innenstädte zu wehren.

Beispiel Rietberg: Die Stadt mit ihren 28.000 Einwohnern leidet schon heute unter einer wachsenden Zahl leerstehender Geschäfte an der Rathausstraße im Stadtzentrum. Deshalb plant der Stadtrat nun einen Befreiungsschlag. Auf einer Sondersitzung im August votierte das Gremium einstimmig dafür, die Gründung eines City-Outlet-Centers in der idyllischen Kleinstadt voranzutreiben.

Probleme vor der Haustür

Vorbild ist Bad Münstereifel. In dem Städtchen mit seinen 19.000-Einwohnern wurde vor gut einem Jahr ein City-Outlet eröffnet. Seitdem haben nach Angaben des Betreibers mehr als eine Million Kauflustige das in den Ort integrierte Outlet besucht. Rund 250 neue Arbeitsplätze seien geschaffen worden, heißt es. Und eine Erweiterung der Verkaufsfläche ist bereits in Planung.

Doch nicht nur in Rietberg, auch im bayerischen Zwiesel, im hessischen Usingen und andernorts wird mit dem Gedanken gespielt, dem Beispiel Bad Münstereifel zu folgen. Dabei fragen sich Experten längst, für wie viele derartige Schnäppchen-Paradiese tatsächlich noch Platz ist in Deutschland ist. «Wenn die eine oder andere Stadt so etwas umsetzten kann, ist das ein Einzelfall. Von solchen Produkten braucht man ja nicht viel», urteilt etwa Manuel Jahn, der Experte für Einzelhandelsimmobilien bei der für Unternehmensberatung GfK Geomarketing ist.

Andere Städte gehen die Probleme vor der Haustür denn auch auf andere Art an. Wuppertal versucht, den boomenden Online-Handel mit den eigenen Waffen zu schlagen. Das Projekt «onlineCity Wuppertal» (OCW) bietet den lokalen Händler die Möglichkeit, mit einem gemeinsamen Internetauftritt um Kunden zu werben. Eines der Highlights: Viele Produkte im Wuppertaler Online-Angebot können noch am selben Tag zugestellt werden.

Auch hier gibt es bereits Nachahmer. Noch in diesem Jahr sollen drei weitere lokale Internet-Marktplätze ans Netz gehen: im niedersächsischen Wolfenbüttel, im nordrhein-westfälischen Attendorn und im baden-württembergischen Göppingen. Wieder andere Kommunen setzen auf ein verstärktes City-Marketing, das die Verbraucher in die Einkaufsstraßen locken soll.

Andere Wege für Leben in Straßen

Ob all diese Maßnahmen im Zeitalter des Internets reichen, um das Leben in den Einkaufsstraßen abseits der Metropolen zu erhalten, wird sich wohl erst in Zukunft zeigen. Der Handelsexperte Jahn warnt jedenfalls gerade kleinere Kommunen davor, sich allzu einseitig auf den Handel als Lebenselixier der Innenstädte zu verlassen. «Der Einzelhandel soll es richten, aber der ist selber im Strukturwandel», mahnt der Experte. Mann dürfe nicht zu viel von ihm erwarten.

Für Jahn stellt sich längst die Frage: «Muss jede Fachwerkstadt nur Einzelhandel haben?» Es gebe schließlich auch andere Wege für Leben in den Straßen zu sorgen - von der Gastronomie bis zu Dienstleistungsangeboten. «Schaut man nach Osteuropa, da gibt es in den Altstädten kaum Einzelhandel. Da gibt es überwiegend Gastronomie, Kultur, Museen, und die Straßen sind voller Leben», sagt Jahn.

2 Kommentare