Digital vs. Retro: Das sind die angesagtesten Spielwaren 2019

4.12.2019, 12:09 Uhr
Der interaktive Bär, mit dem sich Diego gerade für die Kamera beschäftigt, zählt zu den "Top Ten" der angesagtesten Spielwaren des Jahres.

© Foto: Giulia Iannicelli Der interaktive Bär, mit dem sich Diego gerade für die Kamera beschäftigt, zählt zu den "Top Ten" der angesagtesten Spielwaren des Jahres.

Kann ein Kind im zarten Alter von sieben Jahren ein alter Hase sein? Ja, es kann - Diego ist der Beweis dafür. Der Zweitklässler "hat schon ganz oft gemodelt", wie er bei der Jahrespressekonferenz der deutschen Spielwarenbranche in Nürnberg lässig erklärt und dabei mit Spielzeug für die Fotografen posiert.

Papa Nico, der seinen Sohn begleitet, zählt auf: Jobs gab es bereits bei Adidas, einer Janker-Firma, Simba-Dickie, Kaufland und Norma. Entdeckt worden sei Diego vor einigen Jahren auf der Sandkerwa in Bamberg von der Mitarbeiterin einer Agentur. "Wir, also meine Frau und ich, haben gesagt: Solange es Diego Spaß macht, soll er’s machen." Und natürlich, solange die Schule nicht leide. Für den Termin bei der Pressekonferenz hat der Siebenjährige das Okay seiner Schule bekommen – "sonst hätte es nicht geklappt", versichert der Vater.

Der interaktive Bär, mit dem sich Diego gerade für die Kamera beschäftigt, zählt nicht nur zu den "Top Ten" der angesagtesten Spielwaren des Jahres, die der Einzelhandelsverband BVS seit 2003 zusammen mit Branchenexperten erstellt. Das Plüschtier steht exemplarisch dafür, dass klassisch-analog und digital in der Spielwarenwelt längst eine erfolgreiche Verbindung sind. Der Bär "Cubby" (gut 100 Euro) etwa bietet mehr als 100 Geräusch- und Bewegungskombinationen, macht "Guck-guck" und legt bisweilen eine kesse Tatze aufs Parkett. Diego findet ihn gut.

"Plüsch können wir auch", mag sich Revell gedacht haben. Der Spezialist für Modellbau und funkferngesteuerte (RC) Funktionsmodelle ist mit "Revellino – My first RC-Car" ebenfalls in die Top Ten gedüst. Das Fahrzeug mit waschbarem Plüschbezug wendet sich an Kinder ab zwei Jahren. Merke: Man kann gar nicht früh genug anfangen, die Kunden von morgen zu gewinnen.

Exportschlager "German Games"

Sensoren, Chips, Hightech in Kombination mit Apps: Bei Spielwaren ist die Digitalisierung schon lange Alltag. Sind die Tage des klassischen Spielzeugs, das keinen Strom benötigt, gezählt? Ulrich Texter, Chefredakteur des Fachblatts planet toys, winkt ab: "Je mehr wir unsere Welt in binäre Codes zerlegen, desto stärker wird der Wunsch nach realen Erlebnissen." Nicht von ungefähr zählten Gesellschafts- und Familienspiele zu den Wachstumsmotoren der Branche und überzeugten nicht nur die Verbraucher hierzulande. "Unter dem Terminus ,German Games‘ sind analoge Spiele zum Exportschlager geworden", sagt Texter und spricht von einem "unglaublichen Phänomen".

Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des in Nürnberg ansässigen Deutschen Verbandes der Spielwarenindustrie (DVSI), bescheinigt dem Segment Gesellschafts-, Familien- und Kinderspiele einen seit fünf Jahren anhaltenden "regelrechten Höhenflug". Die klassischen Spielwaren sorgten mit dafür, dass die Umsätze der Branche nach oben zeigen.

Noch viel vor der Brust

Kurz vor der heißen Phase des Weihnachtsgeschäfts zeigt sich die Branche optimistisch, dass am Jahresende bei den Erlösen ein klares Plus steht. Die im DVSI organisierten Firmen rechnen laut Brobeil 2019 mit einem Zuwachs von durchschnittlich 5,6 Prozent – wobei "Profiteure der ungebrochenen Lust auf Spielzeug vor allen mittelgroße Firmen sowie Großunternehmen sind".

Sein Geschäftsführer-Kollege Steffen Kahnt vom BVS hält mit Blick auf den Einzelhandel ein Plus von drei Prozent für machbar – sofern es in den entscheidenden letzten Wochen des Jahres keine böse Überraschung gibt. Auch das haben die Händler schon erlebt, so etwa 2017: Damals blieben die Hoffnungen auf mehr Geld in der Kasse unerfüllt. 40 Prozent des Jahresumsatzes in der Spielwarenbranche werden in den Monaten November und Dezember eingefahren – weshalb Wieland Sulzer, BVS-Vorsitzender und erfahrener Spielwarenhändler, den Ball flach und sein Gesicht im Pokerface-Modus hält: "Wir haben noch 25 Prozent des Jahresumsatzes vor der Brust."

2018 haben die Verbraucher in Deutschland 3,3 Mrd. für Spielzeug ausgegeben. Was die Branche grundsätzlich zuversichtlich stimmt, ist der anhaltende Babyboom. Das Kalkül: Mehr Kinder wünschen sich mehr Spielzeug – das treibt den Umsatz auch in den nächsten Jahren an.

Allerdings wollen auch immer mehr Branchenfremde ein Stück vom Kuchen, so zum Beispiel die Discounter. Für den klassischen Fachhandel ist die Luft vielerorts längst zu dünn geworden – was sich in der gesunkenen Zahl der stationären Läden spiegelt. So schön die Welt der Spielwaren anmutet: Vergnügungssteuerpflichtig ist das Geschäft nicht.

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