Droht Verfahrensflut durch Streit um stornierte Flugtickets?

22.5.2020, 15:35 Uhr
Wegen der Coronakrise wurden massenhaft Flüge gestrichen. Weil viele Fluggesellschaften Verbrauchern jetzt die Kosten dafür nur mit Verzögerung erstatten, rechnet die Justiz mit einer Klagewelle.

© Michael Kappeler/dpa/dpa-tmn Wegen der Coronakrise wurden massenhaft Flüge gestrichen. Weil viele Fluggesellschaften Verbrauchern jetzt die Kosten dafür nur mit Verzögerung erstatten, rechnet die Justiz mit einer Klagewelle.

"Wir erwarten, dass sich Luftverkehrsunternehmen rechtstreu verhalten und gesetzliche Verpflichtungen zur Rückerstattung von stornierten Tickets erfüllen", erklärte der Vize-Präsident des Amtsgerichts Frankfurt, Frank Richter. Mitte der KW 21 hatte das Verbraucherportal "Flightright" angekündigt, im Namen von rund 20.000 Passagieren bei den Gesellschaften Lufthansa und Ryanair ausstehende Gelder einzuklagen. Zusammengenommen gehe es um rund 20 Millionen Euro.


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Bislang seien nur vereinzelt Klagen eingegangen, sagte Vize-Präsident Richter. Die Fluggesellschaften verzögern derzeit Barerstattungen und versuchen stattdessen die Kunden mit Gutscheinen ruhigzustellen. Eine verbindliche Gutscheinlösung ist allerdings am Veto der Europäischen Kommission gescheitert, so dass nach gültiger Rechtslage mit wenigen Tagen Frist zurückgezahlt werden müsste. Die Lufthansa allein hat das Volumen der fraglichen Kundengelder auf 1,8 Milliarden Euro beziffert.

"Teils erhebliche Verzögerungen"

Man habe die rechtmäßigen Erstattungen zu keinem Zeitpunkt gestoppt, erklärte ein Lufthansa-Sprecher. Es komme aber wegen der schieren Masse der Stornierungen teils zu erheblichen Verzögerungen, weil jedes Ticket einzeln geprüft werden müsse. Man hoffe auf das Verständnis der Passagiere und habe auch entsprechend Personal aufgestockt. Genaue Angaben zu ausstehenden Erstattungen oder durchschnittlicher Bearbeitungsdauer machte Lufthansa aber nicht.

Das Amtsgericht sieht sich zu Inkassozwecken missbraucht. Massenhafte Verfahren, über die alle einzeln entschieden werden müsste, würden die Kammer über die Belastungsgrenze bringen, sagte Richter. Er appellierte an die Beteiligten: "Sofern eine klare gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung besteht, sollten Gerichtsverfahren zur Feststellung eines Schuldverhältnisses eigentlich nicht erforderlich sein."

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