Engpass beim Wechselgeld: Steuersenkung macht Händlern Probleme

15.7.2020, 05:56 Uhr
Katharina Heinl (fürs Foto ausnahmsweise ohne Maske) betreibt den Spielwaren- und Geschenkeladen "Anna und Maximilian" in Lauf. Die Senkung der Mehrwertsteuer sieht sie skeptisch, nicht nur wegen des erhöhten Aufwands für die Geschäfte.

© Foto: Nicole Netter Katharina Heinl (fürs Foto ausnahmsweise ohne Maske) betreibt den Spielwaren- und Geschenkeladen "Anna und Maximilian" in Lauf. Die Senkung der Mehrwertsteuer sieht sie skeptisch, nicht nur wegen des erhöhten Aufwands für die Geschäfte.

Eigentlich, sagt Katharina Heinl, ist sie ein Freund von Barzahlung. Auch, weil gerade die kleinen Kunden, die sich in ihrem schmucken Spielzeuggeschäft "Anna und Maximilian" in der Laufer Innenstadt von ihrem Ersparten mal eine Packung Zauberknete oder einen Insekten-Lupen-Becher leisten, so ein Verhältnis zum Geld bekämen.

Doch dann kam die Mehrwertsteuersenkung. Und mit ihr krumm-krude Preise für Puppe, Zauberstab und Co. Den organisatorischen Aufwand, jeden Artikel neu auszuzeichnen, hat Heinl sich und ihrem Team erspart ("Da wären wir ja verrückt geworden"), stattdessen zieht das Kassensystem am Ende des Bezahlvorgangs die Ersparnis automatisch ab. Jetzt kostet das Puzzle 22,41 Euro, die Gelstifte 11,69 und so weiter. Die Folge: Das Kleingeld wird knapp.

50 Cent Gebühr für eine Rolle Münzen

"Wir brauchen locker das Doppelte an Münzen", sagt Heinl. "Der Aufwand, den wir haben, steht in keinem Verhältnis. Zumal uns Einzelhändlern die Mehrwertsteuersenkung ja eigentlich helfen soll." Zum erhöhten Aufwand kommt hinzu, dass ihre Hausbank, die Sparkasse, punktgenau seit dem Inkrafttreten des Konjunkturförderprogramms der Bundesregierung Gebühren für die Ausgabe von Münzgeld erhebt.


Das sagen Experten zu den Mehrwertsteuersenkungen


Zuvor, sagt Heinl, sei das im Zuge ihrer Kontoführungskosten abgegolten gewesen. "Jetzt zahle ich für jede Rolle pauschal 50 Cent Gebühr. Sogar für eine Rolle, die aus 50 Ein-Cent-Münzen besteht. Da zahle ich glatte 100 Prozent drauf", sagt Heinl, und kann sich ein Lachen ob der Absurdität nicht verkneifen.

Ist das Zufall? Oder nutzen Banken den erhöhten Bedarf an Kleingeld aus, um bei jenen abzukassieren, die durch den zeitweiligen Lockdown ohnehin besonders gekniffen sind?

"Auf keinen Fall", sagt Marlies Gräbner von der Sparkasse Nürnberg. Bereits im Mai sei den Geschäftskunden angekündigt worden, dass die Ausgabe von Münzrollen ab dem 1. Juli pauschal mit 50 Cent bepreist wird. Zuvor sei das oft aus Kulanz kostenfrei gewesen. Durch die anhaltende Niedringzinsphase lasse sich der hohe Aufwand, den Bargeld für Banken bedeute, aber nicht mehr querfinanzieren.

Auch für die Einzahlung verlangt das Institut daher eine Gebühr. Für das klassische Safebag, das schwarze Täschchen also, mit dem viele Einzelhändler ihr Bargeld einzahlen, verlange man am Schalter pauschal fünf Euro. "Schließlich muss das Geld gezählt, gerollt, transportiert und gelagert werden", erklärt Gräbner.

Andere Banken handhaben das ähnlich. Die HypoVereinsbank etwa verlangt für die Einzahlung von "ungezähltem Geld" am Schalter zwölf Euro, am Einwurftresor hingegen 2,50 Euro, für Vielnutzer gebe es eine günstigere Pauschale. Die VR-Bank hingegen berechnet 1,5 Prozent des eingezahlten Betrags. Für die Ausgabe von Münzgeld erhebt die Genossenschaftsbank keine Gebühr. Eine solche, so Sprecherin Ellen Wölke, sei auch nicht im Gespräch.

"Gut gemeint, aber schnell verpufft"

Uwe Werner, Bezirksgeschäftsführer Mittelfranken vom Handelsverband Bayern, sieht solche Gebührenmodelle kritisch: Für administrative Bereiche zusätzlich Geld zu verlangen, sei gerade jetzt fatal. Und auch der eigentlich gut gemeinten Mehrwertsteuersenkung der Großen Koalition steht er skeptisch gegenüber. "Das ist gut gemeint, aber drei Prozent sind etwas zögerlich, ich fürchte, das verpufft bei dem Aufwand."


Experte erklärt: Kann Corona über Geld übertragen werden?


Auch Katharina Heinl hat bisher nicht den Eindruck, dass aufgrund der leicht gesenkten Preise mehr Kunden ins Geschäft kommen. Eher seien sie erstaunt, wenn sie ihnen an der Kasse mehr Geld herausgibt, als sie erwartet hatten. Trotz des erhöhten Aufwands freut sie sich aber weiter über jeden, der sich ermuntern lässt, in den Untiefen seines Geldbeutels nach Kleingeld zu forschen. Denn der Trend zum Plastikgeld, den Corona bei vielen durch eine diffuse Übertragungsangst befeuert hat, koste den Handel auch Bares. Und das ohne jeden pädagogischen Nutzen.

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