Frontalangriff: Bafin knöpft sich Banken wegen Sparverträgen vor

3.2.2021, 06:02 Uhr

Die Bafin hat sich im Streit um die korrekte Verzinsung von Sparverträgen auf die Seite der Verbraucher gestellt.  © Boris Roessler, dpa

Der Streit zwischen den Banken, vornehmlich Sparkassen, und der Finanzaufsicht (Bafin) um die korrekte Zinsberechnung bei Prämiensparverträgen geht in die nächste Runde: Nun will die Bonner Behörde die Kreditinstitute dazu verpflichten, ihre Kunden über die Zinsanpassungsklauseln zu informieren, die deren Verträgen zugrunde liegen. Die Bafin legte dafür einen Entwurf für eine Allgemeinverfügung vor.

"Betroffene Bankkunden sollen nicht nur erfahren, welche Zinsanpassungsklausel in ihrem Fall verwendet wurde. Die Institute müssen ihnen auch erklären, ob sie dadurch zu geringe Zinsen erhalten haben", teilte die Bafin mit. Nach Ansicht der Aufsicht haben zahlreiche Geldinstitute unwirksame Zinsklauseln in Verträgen verwendet und den Kunden zu wenig Zinsen gezahlt. "Wir wollen erreichen, dass alle betroffenen Sparer informiert werden und ein Lösungsangebot erhalten“, so Bafin-Vizepräsidentin Elisabeth Roegele.

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Auch was sie als solches Lösungsangebot versteht, konkretisierte die Behörde: So könnten die Banken den betroffenen Kunden entweder "unwiderruflich eine Nachzahlung zusagen". Diese solle sich an der Vertragsauslegung orientieren, die von den Zivilgerichten noch zu erwarten ist. Oder alternativ einen individuellen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anbieten.



Konkret geht es in der Sache um Sparverträge einiger Volks- und Raiffeisenbanken, vor allem aber um die gut verzinsten Prämiensparverträge, die von vielen Sparkassen in den 1990er Jahren angeboten wurden. Diese Verträge enthalten zusätzlich zum Zins eine Prämie, die in der Regel mit der Vertragslaufzeit steigt. Wegen der Niedrigzinspolitik wurden solche Verträge für Banken aber zunehmend zur finanziellen Belastung. Viele Geldhäuser versuchten deswegen, die Verträge zu kündigen oder zu verändern. Einige ältere Verträge enthielten Klauseln, wonach die Banken die Zinsanpassungen einseitig ändern können. 2004 erklärte der BGH diese jedoch für unwirksam.

Banken üben deutliche Kritik

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) kritisierte die neuen Pläne der Bafin scharf: Demnach sei die Rechtsprechung in den betroffenen und späteren Prämiensparverträgen "angemessen" umgesetzt worden.

Zudem stehe eine Gerichtsentscheidung zu Prämiensparverträgen an. "Ein Rechtsstaat zeichnet sich durch Gewaltenteilung aus. Die Exekutivdirektion Wertpapieraufsicht der Bafin sollte sich deshalb nicht an die Stelle von Gerichten setzen und zivilrechtliche Streitfragen selbst entscheiden wollen. Wir halten dieses Vorgehen deshalb für rechtlich unangemessen und für überflüssig", heißt es in dem Statement des DSGV. Auch die Sparkasse Nürnberg hatte die Kritik der Bafin bereits zuvor zurückgewiesen und schließt sich auf Anfrage dem Statement des DSGV an.



Die Sparkasse Nürnberg ist eine der Banken, gegen die in der Sache bereits ein Verfahren läuft. So hatten im vergangenen Sommer die Verbraucherzentralen eine entsprechende Musterfeststellungsklage gegen das Kreditinstitut eingereicht. Vor wenigen Tagen folgte eine weitere gegen die Stadtsparkasse München, bundesweit sind es noch mehr. Beide Kreditinstitute hatten seit 2019 zehntausende Prämiensparverträge gekündigt. Ein Urteil im Nürnberger Fall wird in diesem Jahr erwartet.