Käthe Wohlfahrt: Das Weihnachtsgeschäft boomt

23.12.2018, 15:52 Uhr
Käthe Wohlfahrt: Das Weihnachtsgeschäft boomt

© Dominik Mayer

Die stille Zeit beginnt für Ulrike Jabs erst nach Weihnachten. Jetzt, um kurz nach acht Uhr abends sperrt sie ihren Laden ab. Nur noch knapp eine Woche ist es bis zum Heiligen Abend, da wird die Käthe-Wohlfahrt-Filiale in der Nürnberger Spitalgasse von Weihnachtshungrigen förmlich gestürmt. Kurz nach Ladenschluss wird es allmählich ruhig zwischen Räuchermännchen, Christbaumschmuck und Nussknackern.

Totaler Weihnachtswahnsinn

Zehn Stunden Arbeit liegen hinter der 58-jährigen Filialmanagerin. Zehn Stunden zwischen Touristen, Schnäppchenjägern und Sammlern. Zehn Stunden Weihnachtswahnsinn. "Über tausend Kunden haben wir momentan jeden Tag im Laden", berichtet sie. Sieben Mitarbeiter arbeiten aktuell in der Filiale nahe des Hauptmarktes – die meisten davon befristet über die Adventszeit. Die Geschäftsräume gibt es nur in der Vorweihnachtszeit, das restliche Jahr befindet sich an derselben Stelle eine Eisdiele. Wer sich im Sommer nach Weihnachtsdeko sehnt, für den hat unweit davon die Filiale in der Königstraße ganzjährig geöffnet.

Käthe Wohlfahrt: Das Weihnachtsgeschäft boomt

© Dominik Mayer

Seit 1964 handelt das Unternehmen Käthe Wohlfahrt mit Weihnachtsartikeln. Die ersten Verkaufsräume befanden sich noch unweit von Stuttgart im baden-württembergischen Herrenberg. Bereits 1977 siedelte das Unternehmen nach Rothenburg ob der Tauber um, wo es bis heute sitzt. Inzwischen erfreut es sich weltweiter Bekanntheit, betreibt Geschäfte in Belgien, England, Frankreich und den USA. Für manche ist der Schmuck von Käthe Wohlfahrt überflüssiger Kitsch, für andere gehört er zu Weihnachten wie die Nordmann-Tanne.

Ulrike Jabs gehört zu den anderen. Vor 13 Jahren zog die gelernte Einzelhandelskauffrau nach Nürnberg. "Damals stand ich hier vor der Käthe-Wohlfahrt-Filiale und habe gedacht: ,Wow, da würde ich gerne arbeiten.‘" Ein paar Wochen später fiel ihr Blick auf eine Stellenanzeige in der Zeitung. Käthe Wohlfahrt suchte Verstärkung. Sie bewarb sich – und hatte auf Anhieb Erfolg.

"Das ist schon mein Traumjob hier", sagt sie mit einem Lächeln. Weihnachten war ihr immer wichtig. Schließlich stammt sie eigentlich aus dem Erzgebirge. "Unsere Nussknacker, Weihnachtspyramiden und Räuchermännchen werden auch dort gefertigt."

Das ist wichtig, denn vor allem Touristen legen Wert auf Tradition. "Die Amerikaner zum Beispiel möchten keine Ware aus Fernost. Die fragen explizit, ob die Produkte aus Deutschland kommen. Manche fragen sogar speziell nach dem Erzgebirge", berichtet Jabs. Touristen sind für die Nürnberger Filialen die wichtigste Kundengruppe. "Ich würde sagen, aufs ganze Jahr gesehen, kommen schon mehr Touristen zu uns als Einheimische." Wie zum Beweis klopfen um kurz vor neun noch zwei Asiatinnen an die gläserne Ladentür. Ulrike Jabs winkt ab.

Baumschmuck für 2000 Euro

"Heute hatten wir einen Kunden aus den USA, der hat für über 2000 Euro Baumschmuck aus Holz gekauft. Gestern war ein Russe hier und hat über 1000 Euro für Baumbehang ausgegeben." Die meisten anderen Kunden seien da bescheidener. Im Durchschnitt wandern zwischen 20 und 50 Euro pro Kunde in die Ladenkasse. Ulrike Jabs’ Arbeitsplatz muss man mögen. Weihnachten, Weihnachten, Weihnachten, das ganze Jahr. Dazu die Dauerberieselung mit Weihnachtsmusik. "Das macht mir nichts, die höre ich gar nicht mehr", versichert sie.

Käthe Wohlfahrt: Das Weihnachtsgeschäft boomt

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Wahrscheinlich ist die Geschäftsfrau das, was man neudeutsch einen Hardcore-Weihnachtsfan nennen würde. Schließlich sieht es zumindest in der Vorweihnachtszeit bei ihr zu Hause fast so aus wie in ihrem Laden. "Ich habe schon viel Weihnachtsschmuck. Allein über 50 Räuchermännchen, sieben Nussknacker und drei Pyramiden. Jedes Jahr schaffe ich dafür Platz und stelle alles auf." Einen Kontrast zur Arbeit braucht sie nicht. "Außerdem habe ich ja auch ein paar besondere Räuchermännchen aus dem Erzgebirge mitgebracht, die man hier nicht kaufen kann."

Tausende Produkte gibt es in ihrem Laden, wie viele es genau sind, beantwortet sie mit einem Schulterzucken. Alles mögliche kann man sich an den Weihnachtsbaum hängen. Die Figuren aus der "Sendung mit der Maus" zum Beispiel, oder das Sandmännchen. Oder den aus dem DDR-Fernsehen bekannten Kobold Pittiplatsch. "Solche Figuren kaufen aber nur Deutsche, die anderen kennen das ja nicht." Weihnachten ist eben auch Kommerz, oder? "Zum Teil stimmt das schon", räumt Ulrike Jabs ein. Auf die gemeinsame Bescherung mit ihrer Familie freut sie sich trotzdem schon. Ein wenig Ruhe hat sie sich ganz sicher verdient.

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